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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin
Autoren: Ellis Peters
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Angreifer krochen mühsam aus dem Wasser, um dann reglos im Sand liegenzubleiben. Dann herrschte Stille.
    Owain parierte sein Pferd, das sich unter der Berührung seiner Hand beruhigt hatte, aber immer noch zitterte, und sah einen Moment lang zu Otir herunter, dem fremden Anführer direkt in die Augen. Otir hielt seinem Blick stand. So starrten sie sich gegenseitig an. Zwischen ihnen brauchte es keine Erklärungen oder Beteuerungen. Owain hatte mit seinen eigenen Augen gesehen.
    »Dies«, sagte er nach einer Weile, »ist nicht von mir ausgeheckt worden. Aber jetzt wünsche ich zu erfahren, und ich will es aus seinem eigenen Munde hören, wer sich meinem Befehl widersetzt und Zweifel an meinem guten Willen gesät hat. Tritt hervor und zeige dich!«
    Es stand außer Frage, daß er es längst wußte, denn auch er hatte die Männer aus ihrem Versteck zum Angriff stürmen sehen. In gewisser Weise war es großherzig, einen Mann für seine Tat einstehen zu lassen und sich freiwillig und keck zu stellen, was immer auch daraus folgen mochte. Gwion ließ den noch erhobenen Arm sinken und watete, das Schwert noch in der Hand, zwischen seinen Kameraden hindurch nach vorn. Er bewegte sich sehr langsam, aber nicht, weil er zögerte, denn sein Kopf war stolz erhoben und seine Augen blickten Owain unverwandt an. Wankend kam er ans Ufer. Als er den Kiesstreifen erreichte, schoß plötzlich ein schmaler Strom von Blut zwischen seinen aufeinandergepreßten Lippen hervor und ergoß sich über seine Brust, ein kleiner roter Fleck erschien auf dem unterfütterten Leinen seines Waffenrocks und weitete sich zu einem großen, feuchten Stern. Einen Augenblick lang stand er aufrecht vor Owain und öffnete die Lippen, um zu sprechen, aber aus seinem Mund kam nur ein Schwall von dunklem, tiefrotem Blut. Direkt vor den Füßen von Owains Pferd fiel er vornüber aufs Gesicht, und das erschreckte Tier scheute vor ihm zurück und blies ein heftiges und wimmerndes Schnauben über seinen Körper hin.

14. Kapitel
    »Kümmert euch um ihn!« sagte Owain mit einem ungerührten Blick auf den vor ihm Liegenden. Gwions Hände zuckten und krochen schwach über die glattgescheuerten Kieselsteine, deren Form und Struktur sie nur noch andeutungsweise wahrnahmen. »Er lebt noch. Bringt ihn fort und verarztet ihn. Ich wünsche keine Toten, nicht mehr als die, die niemand mehr retten kann.«
    Sie beeilten sich, seinem Befehl zu folgen. Drei Männer aus der ersten Reihe, unter ihnen Cuhelyn, kamen herangelaufen, um Gwion vorsichtig auf den Rücken zu wenden und seinen Mund und die Nase vom aufgewirbelten Sand zu befreien. Aus Lanzen und Schilden fertigten sie eine Trage und wickelten ihn in Umhänge, um ihn zur Seite zu tragen. Und Bruder Cadfael wandte sich unbemerkt vom Ufer ab und folgte der Trage in die schützenden Dünen. Was er an Leintuch und Salben bei sich trug, war wenig genug, aber, bis sie ihren Verwundeten in ein Bett und einer weniger improvisierten Pflege übergeben konnten, besser als gar nichts.
    Owain sah auf die sich langsam schwarz färbende Blutlache im Kies zu seinen Füßen herunter und dann wieder hoch in Otirs entschlossenes Gesicht.
    »Er ist ein Gefolgsmann von Cadwaladr, der treu zu seinem Eid steht. Dennoch hat er Unrecht getan. Wenn er dich Männer gekostet hat, hast du es ihm zurückgezahlt.« Zwei von denen, die Gwion gefolgt waren, lagen, von den heranrollenden Wellen sanft hin- und hergeschaukelt, in der auslaufenden Brandung.
    Ein dritter kniete und wurde von anderen in seiner Nähe wieder auf die Füße gestellt. Blut troff aus einer klaffenden Wunde an Schulter und Arm, aber er befand sich nicht in Lebensgefahr.
    Otir machte sich auch nicht die Mühe, Tribut für die drei Opfer zu fordern, die er bereits an Bord gebracht hatte, um sie in der Heimat zu beerdigen. Wozu sollte man seinen Atem an eine Klage diesem Fürsten gegenüber verschwenden, den man nicht für eine Wahnsinnstat zur Rechenschaft ziehen durfte, an der er völlig unschuldig war?
    »Ich nehme dich bei deinem Wort«, sagte er, »so, wie es zwischen uns ausgemacht war. Nicht mehr und nicht weniger.
    Du hast dies ebensowenig zu verantworten, wie ich es mir ausgesucht habe. Sie wählten diesen Weg, und was dabei herauskam, ist eine Sache zwischen ihnen und mir.«
    »So sei es!« sagte Owain. »Und nun streiche die Waffen und verlade dein Vieh, und dann gehe freier, als du gekommen bist, denn du kamst ohne mein Wissen und meine Erlaubnis. Und hiermit sage ich dir ins
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