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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin
Autoren: Ellis Peters
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begleitet sein würde. Ieuan war um der ihm versprochenen Ehefrau willen gekommen und hatte nun, was er wollte. Es gab keinen Grund für ihn, sich noch einmal zu rühren. Aber wie hatte er so viele dazu überreden können, ihm zu folgen? Männer, für die es dabei nichts zu gewinnen gab und die auch nichts gewonnen hatten. Einige von ihnen hatten vielleicht ihr Leben verloren, um ihm zu einer Heirat zu verhelfen.
    Das wendige kleine Drachenboot stahl sich lautlos aufs Meer hinaus und nahm nicht weit von der Küste seine Position ein.
    Cadfael stieg ein Stück weiter hinunter, dem schmalen Kiesstreifen entgegen, und blickte über den jetzt halb trockenen, halb unter den heranschwappenden Wellen glitzernden Strand. Er war leer, bis ihn die lange Reihe von Wikingern erreichte und in südlicher Richtung über ihn hinzumarschieren begann, eine tiefschwarze Linie vor einem dunklen Horizont, der sich allmählich zu dem für die Zeit vor Morgengrauen typischen Taubengrau aufhellte. Die Angreifer hatten sich auf der Suche nach ein wenig Deckung eilig in die verlassenen Felder und das spärliche Waldgelände zwischen den Lagern zurückgezogen. Die Küste entlangzulaufen wäre bei steigender Flut an manchen Stellen zu gefährlich, aber Cadfael war ganz sicher, daß sie auf diesem Weg gekommen waren. Wollten sie ihr eigenes Lager nun wieder trockenen Fußes erreichen, kamen sie mit ihren Verwundeten und ihrer Beute über Land besser und schneller voran.
    Cadfael zog sich vor dem auffrischenden Wind hinter eine Reihe von salzverkrusteten Büschen zurück, schaufelte sich eine bequeme Vertiefung in den Sand und ließ sich nieder, um zu warten.
    Im sanften Licht des Morgens ließ Gwion gleich nach Sonnenaufgang seine hundert Mann und die wenigen bei ihm Gebliebenen aus Ieuans Aufgebot in einer von der Küste her nicht einsehbaren Mulde zwischen den Dünen Aufstellung nehmen, während oben auf dem Kamm eine Wache Ausschau hielt. Von See her stieg in einem durchscheinenden Wirbel von blassem Blau Nebel zu ihnen herauf. Die Küste lag noch im Schatten, während die Wasseroberfläche weiter westlich stellenweise bereits vom weißen Schimmer der im Windhauch aufgetriebenen Gischt hell aufleuchtete. Am Ufer lagen die Dänen in offener Formation und warteten ungerührt und geduldig auf das Eintreffen der Treiber mit Cadwaladrs Vieh.
    Hinter ihnen hatte man die Frachtschiffe mühelos ins Flachwasser verbracht. Und dort, mitten unter den Dänen war auch Cadwaladr selber, nicht länger in Fesseln, aber immer noch ein Gefangener, wehrlos zwischen seinen bewaffneten Feinden. Gwion war höchstpersönlich auf den Hügel gestiegen, um zu ihm herunterzusehen, und der Anblick allein hatte ihm die Eingeweide durchschnitten wie die Klinge eines Messers.
    Er hatte in allem kläglich versagt. Nichts war damit gewonnen. Dort unten stand sein Herr, schmachvoll den Dänen und dem Spott seines Bruders ausgeliefert, es war nicht einmal sicher, ob er nach all diesen bitteren Geschehnissen auch nur einen Fuß Landes aus der Hand dieses Bruders zurückerhalten würde. Gwion kaute schwer an seiner eigenen Niederlage, der Geschmack der Enttäuschung stieß ihm bitter auf. Er hätte Ieuan ab Ifor nicht trauen dürfen. Der Mann war nur an seinem Weib interessiert gewesen, und als er diesen Kampfeslohn erst in den Armen hielt, hatte er, anders als Gwion, nicht mehr bleiben wollen, um einen zweiten Versuch zu wagen. Nein, er hatte sich mit ihr davongemacht, wobei er ihre Schreie unter seiner Hand erstickte, bis er ihr außer Reichweite der Wikinger hinter ihrer zerstörten Befestigung ins Ohr flüstern konnte, sie möge keine Angst haben, weil er es nur gut mit ihr meine, denn er sei ihr Mann, ihr Ehemann, der unter Einsatz des eigenen Lebens gekommen sei, um sie aus der Gefahr zu befreien, und mit ihm sei sie nun sicher und das würde sie nun auf immer sein... Gwion hatte ihn gehört, wie er so ganz mit seinem eigenen Gewinn beschäftigt war und sich nicht im geringsten mehr um die Verluste anderer scherte. Das Mädchen also war in Freiheit, und Cadwaladr mußte sich krank vor Erniedrigung und Wut von Wachen vorführen lassen, um für Geld dem Bruder überantwortet zu werden, der ihn im Stich gelassen hatte und ihn mißachtete.
    Es war unerträglich. Noch blieb genug Zeit, um ihn den feindlichen Truppen zu entreißen, bevor Owain eintreffen würde, um sich am Anblick des Gefangenen zu weiden. Selbst ohne Ieuan, der sich mit seiner aufgelösten und verschreckten
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