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Anansi Boys

Anansi Boys

Titel: Anansi Boys
Autoren: Neil Gaiman
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KAPIT E L
EINS
    —————
    IN DEM ES  
    HAUPTSÄCHLICH  
    UM NAMEN
    U N D
    FAMILIENVERHÄLTNISSE
    GEHT
    —————
     
     
    ES BEG I NNT, wie es ja me i stens der Fall ist, mit einem Lied. Im Anfang waren schli e ßlich die Worte, und dazu gab es a u ch gleich eine M e lodie. So wurde die Welt geschaffen, so wurde das Nichts geteilt, so kamen sie alle in die Welt: die Landschaften und die Sterne und die Träume und die kleinen Götter und die Tiere.
    Sie wurden gesungen.
    Die großen Tiere wurden ins Dasein gesungen, nachdem der Sänger mit den Planeten und den Hügeln, den Bäumen, den Meeren und den kleineren Tieren fertig war. Die das Dasein begrenzenden Klippen wurden ersungen, die Jagdgründe und die Dunkelheit.
    Lieder sind dauerhaft. Sie währen ewig. Das richtige Lied kann einen großen Herrscher zum Gespött machen, kann ganze Dynastien stürzen. Ein Lied kann noch bestehen, nachdem die Ereignisse und Menschen, von denen es handelt, längst zu S t aub zerf a llen, nur noch ferne Träume sind. Das ist die Macht der Lieder.
    Es gibt noch me hr, was man m it Liedern anfangen kann. Sie bauen nicht nur Welten od e r erschaffen neues Leben.
    Fat Charlie Na n c ys Vater z u m Beispiel benutzte sie einfach nur, um gepflegt einen dra u fzu m achen und einen, wie er hoffte, b e ziehungsweise mit einiger Sicherheil erwartete, angenehmen und geselligen Abend zu verleben.
    Bevor Fat Charlies Vater die Bar betre t en hatte, war in dem Barkeeper die Überzeugung gereift, dass der ganze Karaoke-Abend sich zu einer d e ftigen Pleite e n twickeln würde. Aber dann war der k l eine alte Mann in den Baum stolziert und an dem Ecktisch gleich neben der i m provisierten Bühne vorbeigekommen, an dem mehrere blonde Frauen m it frischen Sonnenbränd e n und dem typischen Touristinnenlächeln saßen. Er sah sie an und tippte sich an den Hut, denn, fürwahr, er trug einen Hut, einen makellosen grünen Fi lz hut, und dazu zitronengelbe Handschuhe, und dann trat er an ihren Tisch. Sie kicherten.
    »Amüs i e r e n S i e s i c h a u c h g u t , mei n e Dame n ? « , f r agt e er.
    Sie fuhren fort zu ki c h ern und teilten ihm m it, ja, sie hätten viel Spaß, danke sehr, und sie seien hier im Urlaub. Er versicherte ihnen, es würde noch viel besser werden, sie sollten nur abwarten.
    Er war älter als sie, viel, viel älter, aber er war charmant, der Cha r me in Person, wie ein Überbleibsel aus lä n g st vergangenen Zeiten, als Höfli c hkeit und gu t e Manieren noch etwas gegolten hatten. Der Barkeeper entspannte sich. Wenn man so je m a nd in der Bar hatte, dann würde es ein guter Abend werden.
    Es gab Karaoke. Es gab Tan z . Der alte Mann stieg auf die i m provisierte Bühne, um zu singen, nicht nur ein m al, sondern zweimal an diesem A b end. Er hatte eine schöne Stimme und ein prachtvolles Lächeln, und seine Füße funkelten, wenn er tanzte. Das ers t e M a l, als er hinters Mikrofon trat, sang er »What’s New Pussycat?«. Als er sich anschickte, zum zweiten Mal zu s i ngen, ruinierte er F a t Charlies Le b e n.
     
    —————
     
    DICK WAR FAT C h arlie eigentlich nur einige wenige Jahre lang, von kurz bevor er zehn wurde – was die Zeit war, als seine Mutter der Welt ve r kündete, dass, wenn es eins gebe, m it dem sie endgül t ig fertig sei (und falls der betreffende Herr dagegen irgendwelche Einwände habe, könne er sich diese sonst wohin stecken), dann sei es ihre Ehe m it diesem alternden Bock, den sie fatalerweise einst geheiratet habe und den sie am nächsten Morgen v e rlassen werde, um irgendwohin weit weg zu gehen, und er solle ja nicht versuchen, ihr zu folg e n – bis zum Alter von vierzehn, als Fat Charlie ein wenig in die Höhe schoss und me hr Sport trieb. Er war nicht fett. Um der Wah r heit die Ehre zu geben, war er nicht mal pummelig, sondern einfach nur an den Rändern ein b i sschen weich gefor m t . Aber der Name Fat Charlie blieb an ihm kleben, wie ein Kaugummi an der Sohle eines Te n n isschuhs. Vorstellen t a t er sich als Charles oder, m it Anfa n g zwanzi g , als Chaz oder schriftlich als C. Nancy, doch es hatte alles keinen Zweck: d e r Name schlich sich ein, infiltrierte jeden ne u e n Absc h n itt seines Lebens wie Kake r laken, die sich, a u ch wenn die Küche noch so neu ist, i n den Rissen und der Welt hinter dem Kühlschrank ausbreiten, und ob es ih m gefiel oder nicht – Letzteres war der Fall –, schon hieß er wie d er Fat Charlie.
    Es lag daran, das wusste er wider
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