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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition)
Autoren: M. D. Lachlan
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Der weiße Wolf
    V arrin packte den Schaft seines Speers und spähte zum dunklen Horizont. Er hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten, während die Wellen das kleine Langschiff wiegten. Da vorne – er war sich seiner Sache ganz sicher – musste der Fluss sein, den sein Herr ihm beschrieben hatte. Eine breite Mündung zwischen zwei Landzungen, die eine geformt wie der Rücken eines Drachen, die andere wie ein hingestreckter Hund. Die Beschreibung war treffend, dachte er, solange man nur flüchtig hinsah.
    »Authun, mein Herr und König, ich glaube, wir sind da.«
    Der Mann, der in seinen Mantel gehüllt mit dem Rücken zum Bug saß, erwachte. Unter der hellen Laterne des Halbmonds schien sein langes weißes Haar von innen her zu strahlen. Zögernd stand er auf, nach der langen Untätigkeit und von der Kälte waren seine Glieder steif. Er blickte nach vorn.
    »Ja«, bestätigte er, »gerade so ward es verheißen.«
    Als die Prophezeiung erwähnt wurde, griff Varrin, ein Riese von einem Mann und einen Kopf größer als sein Herrscher, unwillkürlich nach dem Amulett, das an seinem Hals hing. »Warten wir auf die Dämmerung, ehe wir uns in den Fluss wagen, Herr?«
    Authun schüttelte den Kopf.
    »Jetzt gleich«, befahl er. »Odin ist mit uns.«
    Varrin nickte. Normalerweise hätte er es für sehr unklug gehalten, im Dunkeln in einen unbekannten Fluss hineinzufahren. Doch da der König an seiner Seite stand, schien es ihm, als könnten sie einfach alles vollbringen. Authun war einer vom Stamm der Wölsungen, ein direkter Nachfahre der Götter und damit ein Träger ihrer Kräfte.
    Die Gezeiten halfen dem Boot, und die Besatzung war nach dem günstigen Wind, der sie in den letzten zwei Tagen angetrieben hatte, gut ausgeruht und brannte darauf, wieder die Ruder in die Hand zu nehmen. Alles verlief bestens, was auch kein Wunder war, da sich ja wie gesagt der König an Bord befand. Varrin war sicher, dass die Magie des Herrschers ihre Reise gesegnet hatte.
    Die Männer machten die Buckel krumm und zogen die Riemen durchs Wasser, das Boot schoss in die Flussmündung hinein. Unter den Rudern lief das Schiff sicherer als unter dem Segel. Der Bug, der zielstrebig durch die Brandung schnitt, war ein Spiegelbild von Varrins Entschlossenheit. Sie fuhren dem Kampf entgegen, und Varrin war bereit.
    Zehn Krieger bildeten die Besatzung des Schiffs, nur zehn einschließlich des Königs, doch Varrin zauderte nicht und bangte nicht. Er fuhr mit seinem Herrn, König Authun, der sogar den mächtigen Gyrd und die anderen Riesen der Geat besiegt hatte. Wenn Authun glaubte, zehn Männer seien genug für ihre Aufgabe, dann waren zehn Männer genug. Es war ein böses Spiel der Götter, dass ein solcher Mann keinen Erben gezeugt hatte. Dem Vernehmen nach stammte Authun von Odin ab, dem Oberhaupt der Götter. Der schlachtenerprobte Poet fühlte sich von seinem grimmigen Nachkommen bedroht und hatte Authun verflucht, so dass dieser nur weibliche Kinder zeugen konnte. Der Gott wollte die Gefahr bannen, dass dem König ein noch mächtigerer Sohn nachfolgte.
    Varrin schauderte, als er darüber nachdachte, was geschehen mochte, wenn Authun keinen Knaben zeugte. Dann musste er einen Erben benennen, was nichts als Ärger und Blutvergießen nach sich ziehen würde. Nur Authuns Name hielt die zerstrittenen Parteien seines Königreichs zusammen. Ohne ihn würde ein Gemetzel entbrennen, und dann würden die Feinde über sie herfallen. Varrin blickte zum König und lächelte in sich hinein. Gut möglich, dass der Herrscher ewig lebte.
    Dann schweifte sein Blick über die schwarzen Hügel, und er fragte sich, warum sie überhaupt in dieses Land gesegelt waren. Es war gewiss kein gewöhnlicher Raubzug, denn ihr Schiff war eines Tages still und heimlich an einem verlassenen Strand, ein Stück entfernt von ihrer Halle, in See gestochen. Keine Verwandten hatten Lebewohl gesagt, vor dem Aufbruch hatte es keine Feier gegeben. Nur das Kriegsgerät, die schimmernden Axtschneiden und die Schilde, einer mit einem Wolfskopf und der zweite mit einem Raben geschmückt, zeugten von ihren Absichten. Die Bilder sandten den Feinden eine unmissverständliche Botschaft: »Wir werden diesen Tieren ein Festmahl bereiten.«
    Rasch fuhren sie in die Flussmündung hinein. Im flacheren Wasser wurden sie langsamer, hielten jedoch nicht an, um die Tiefe auszuloten. Authun ging nach vorne zum Bug, beugte sich vor und gab dem Steuermann Anweisungen. Varrin lächelte dem Mann am Ruder
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