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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter
Autoren: Miriam Muentefering
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vielleicht Frauen liebe, führt nicht unweigerlich zu dem Schluss, dass es egal ist, um welche Frau es geht.«
    »Nicht egal?«, wiederholte ich. Wie Sisyphos schob sich bereits wieder die Hoffnung am Horizont den Berg herauf und ging als Sonne vorsichtig auf.
    »Ganz und gar nicht egal!«, bestätigte Angela. »Alle Theorien über gleiches Alter, ähnliche Lebenssituationen und konfliktloses Zusammentreffen mit meiner Tochter sind doch im Grunde wertlos, wenn nicht …«
    »Wenn nicht?«
    »Wenn ich nicht wirklich liebe.«
    Die Hoffnungssonnenstrahlen tasteten sich über den Bergkamm. Wie Finger ertasteten sie den Boden und erhellten ihn Stück für Stück.
    Loulou spürte deutlich die Spannung, die in der Luft hing, und winselte leise. Ich war für einen Augenblick davon überzeugt, dass ich selbst diesen weinerlichen Ton hervorgebracht hatte.
    »Könntest du dir nach all diesem Chaos noch vorstellen …?«, begann Angela und streckte ihre Hand nach mir aus. Ich nahm sie und hielt sie fest, als könnten ihre Gedanken durch diese Verbindung zu mir herüberfließen.
    »Könnte ich.«
    »Aber ich brauche Sicherheit!«
    »Kein Problem. Kannst du haben.«
    »Und Geduld.«
    »Ich bin wahnsinnig geduldig.«
    »Auch neugierig?«
    »Wie ein Waschbär.«
    »Und …«
    »Angela!«, unterbrach ich sie.
    »Ja?«
    »Bist du jetzt hierhergekommen, um mir zu sagen, dass du mich magst und dass vielleicht eine wunderschöne Liebesbeziehung auf uns wartet?« Ich wollte ganz sichergehen, sie nicht misszuverstehen.
    »Ja«, sagte sie, als ständen wir am Altar.
    »Warum hast du das nicht sofort gesagt?«
    »Wie?«
    »Ich dachte, du willst mir mitteilen, dass alles aus ist, dass du demnächst mit Jana nach Kanada auswandern wirst und mich nie wiedersehen willst. Wie kannst du nur so umständlich sein?«
    »Umständlich?«, echote Angela. »Also, bitte schön, ich bin alles, aber nicht umständlich! Ich wollte dir nur in Ruhe erklären, wie es dazu gekommen ist, dass ich jetzt bestimmt nicht mehr den Kopf in den Sand stecke.«
    »Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen!«, übertrieb ich – aber nicht wesentlich – und rang die Hände. »Stell dir vor, ich wäre in Ohnmacht gefallen vor lauter Schreck, bevor du dazu gekommen wärest, mir mitzuteilen, wieso du wirklich gekommen bist. Ich hätte …«
    Angela legte einen Finger an ihre Lippen, und ich verstummte. Der Finger schwebte durch die Luft zu meinen Lippen. Ihr ganzer Körper schwebte ihm hinterher und landete zart an meinem.
    »Es ist nicht so, dass damit alle Probleme einfach so verpuffen«, gab ich leise zu bedenken, für den Fall, dass eine von uns noch würde denken können.
    »Ist okay«, hauchte Angela. »Wir können ja einfach noch mal von vorne anfangen. Wie war das mit den wilden Blümchen?«
    Hätte nicht gedacht, dass sie sich derart gut erinnern konnte …

    Um elf am nächsten Morgen bewegte sich ein Schlüssel im Wohnungsschloss, und Loulou raste hin.
    Angela neben mir blinzelte verschlafen. Ihre nackten Schultern verursachten in meinem Bauch ein Gefühl von Entzücken.
    »Michelin?«, flüsterte Fraukes Stimme den Flur entlang.
    Ich antwortete nicht und legte, zu Angela gewandt, den Zeigefinger an die Lippen.
    Kurz darauf hörten wir das Geräusch der Hundeleine, die von der Garderobe genommen wurde. Die Wohnungstür wurde leise ins Schloss gezogen.
    »Muss ja nicht sein, dass ich ihr die freudige Nachricht erzähle, während wir beide nackt unter der Decke liegen«, sagte ich fröhlich grinsend.
    Angela rekelte sich und sah unglaublich glücklich dabei aus.
    »Ich habe noch nie so viel blaugemacht wie in dieser Zeit«, sagte sie versonnen.
    Ich musste amüsiert grinsen. »Du machst doch aber gar nicht blau. Es ist Sonntag.«
    Sie zuckte die Schultern. »Aber wenn heute nicht Sonntag wäre, würde ich blaumachen!«
    Ich war davon überzeugt, dass das die Wahrheit war.
    Und weil ich sie in ihrer Konsequenz so wundervoll fand, küsste ich sie auf den Hals und auf die Schultern und knabberte an ihrem Ohrläppchen.
    »Warte!«, sagte sie und sprang, nackt wie sie war, aus dem Bett und lief ins Bad. Nach ein paar Sekunden erschien sie wieder in der Tür.
    »Michelin?«, fragte sie ein wenig verlegen. »Hast du vielleicht eine zweite Zahnbürste?«
    Ich hatte eine. Und fand sie süß, wie sie mit Schaum vor dem Mund am Waschbecken stand, neben mir. Wir schütteten uns beide Wasser ins Gesicht und rieben es am Hals der anderen trocken. Das war kalt, und wir quiekten
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