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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter
Autoren: Miriam Muentefering
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und lachten. Doch dann wurden wir wieder ernst und küssten uns mit Pfefferminzgeschmack. Angela wurde mutiger und erfinderischer und fordernder. Und der Schnee auf meiner Alm schmolz dahin.
    Es dauerte lange, bis wir wieder ruhig nebeneinander lagen.
    Die tiefe, schwere Bedeutung unseres heiteren Liebens hing über uns, und ich fand es so ganz genau richtig. Es waren diese Minuten, in denen mir niemals etwas Unwichtiges zum Reden einfallen würde.
    Angela blickte über meinen Körper hinweg hinaus aus dem Fenster. Wolken zogen langsam am blauen Himmel dahin. Ein Zweig der Linde vor dem Haus reckte sich in dieses Bild und ergänzte es mit dem satten Grün ihrer Blätter.
    »Weißt du, dass ich mich mit dir ganz anders fühle als jemals sonst in meinem Leben?«, flüsterte sie, als habe sie Angst vor ihrer eigenen Stimme. Manche Worte können einen erschrecken, wenn man sie ausspricht.
    »Wie fühlst du dich?«, flüsterte ich zurück, um sie nicht aus dieser verletzlichen Stimmung zu reißen.
    »Ruhig. Ich bin ganz ruhig hier drinnen«, sie legte ihre Hand auf ihren Bauch, kurz unterhalb der Brüste, auf das Sonnengeflecht, wo all unsere Gefühle wohnen. »Es ist, als wüchse von da eine Landschaft aus mir heraus. Ich bin so oft im Geiste verreist. In so vielen Ländern bin ich gewesen, ohne deren Boden je zu berühren. Aber das waren immer Orte, die es wirklich gab. Diese neue Landschaft in mir, die ist ganz anders. Sie ist mir nicht fremd, und sie ist nicht aufwühlend und erfüllt eigentlich nichts von dem, was ich sonst von meinen Reisen im Geiste verlange. Es ist eher so, als käme ich nach Hause. Und niemand kann dort eindringen, niemand stört diesen Frieden.«
    Sie hielt kurz inne und lauschte ihren eigenen Worten nach. »Du musst dir vorstellen: Um mich herum tobt der Mob. Zum Beispiel im Büro, da stehe ich unter Zeitdruck und bin konfrontiert mit aggressiven, störrischen Menschen. Aber ich ertappe mich dabei, wie ich sie anlächle. Sie erreichen mich nicht mit ihrer Hektik. Manchmal lächeln sie sogar zurück, überrascht. Ich bin irgendwo, wo mich nichts wirklich erschüttern kann, an einem wirklich friedlichen Ort. Wie auf einer grünen, blühenden, duftenden Wiese, hoch oben in den Bergen, auf einer …«
    Sie brach ab und sah mich ein wenig verlegen an. Wie rührend sie war in ihrer Art, sich selbst noch nicht immer ganz ernst zu nehmen. Wie berührend.
    Ich nahm ihre Hand.
    »Da triffst du aber mich«, sagte ich sehr, sehr leise. Sie konnte mich trotzdem verstehen. Sie gab sich Mühe, mich zu hören. Sie hatte, ohne dass wir beide davon ahnten, den Weg zu meinem stillen, friedlichen Ort gefunden.

Ü BER DIE A UTORIN
    Mirjam Müntefering, geboren 1969 im Sauerland, studierte Theater- und Filmwissenschaften sowie Germanistik und arbeitete als Fernsehredakteurin. Seit dem Jahr 2000 schreibt sie Jugendbücher und Romane für Erwachsene. Nachdem sie mehrere Jahre lang eine eigene Hundeschule betrieb, konzentriert sie sich inzwischen ganz aufs Schreiben. Sie lebt mit ihrer Partnerin und ihren zwei Hunden Maggie und Holly im Ruhrgebiet.
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