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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter
Autoren: Miriam Muentefering
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die Haustür aufgestoßen. Loulou spitzte die Ohren, als sich die Schritte im Flur näherten.
    Ich tätschelte ihren Kopf und flüsterte: »Kannst doch noch zu Hause in dein Körbchen kriechen, meine Kleene.« Sie wedelte skeptisch und schnüffelte an der Tür.
    Die öffnete ich erst, als ich vage die Gestalt auf dem Treppenabsatz sah.
    »War wohl doch nicht so der Bringer?«, fragte ich in den Hausflur hinaus und erstarrte.
    Angela sah mich mit riesigen Augen an wie eine Nachteule. Unter ihren Augen lagen tiefe Schatten, ihre Haare waren zerzaust, auf ihren Lippen hing ein Rest von Lippenstift.
    »Du glaubst gar nicht, wie recht du hast«, sagte sie dann und zeigte in die Wohnung. »Hast du etwas dagegen, wenn ich kurz reinkomme?«
    »Ja«, antwortete ich, und sie hielt in der Bewegung erschrocken inne. »Ich meine, ich habe etwas dagegen, wenn du nur kurz hereinkommst.«
    Meine Wohnung lag im Dunkeln. Das hell erleuchtete Treppenhaus beschien diese Situation geradezu grotesk.
    Angela trat ein und schloss rasch die Tür hinter sich. In diesem Moment erlosch das Licht, und wir standen komplett im Dusteren. Ich griff zum Lichtschalter, doch ihre Hand hielt meinen Arm zurück.
    »Nein, bitte«, sagte sie. »Vielleicht kann ich das, was ich sagen will, besser im Dunkeln rausbringen.«
    Mein Herz raste.
    Sie war nicht glücklich. Ihre Körperhaltung, ihr wirres Äußeres, ihre brüchige Stimme. Es ging ihr nicht gut. Und sie würde mir sagen, dass alles vorbei war. Ich hatte es gewusst. Nicht umsonst hatte es auf meiner Alm geschneit.
    »Jana«, sagte sie. Ich nickte.
    »Dachte ich mir«, versuchte ich möglichst ruhig zu antworten. »Du warst wohl ziemlich häufig mit ihr zusammen?«
    »Häufig?«, machte Angela. Es klang wie ein Kiekser. »Täglich.«
    Ich war jetzt auch froh, dass es dunkel um uns war.
    »Sie hat mich von der Arbeit abgeholt, und wir saßen bis abends zusammen. Es war ein bisschen wie früher und doch ganz anders. Wir wussten ja jetzt Dinge voneinander, die wir früher nicht wussten. Entscheidende Dinge …«
    Loulou hatte aufgehört, mit dem Schwanz zu klopfen, und sah fragend zwischen Angela und mir hin und her. Es musste ihr als ein sehr merkwürdiger Besuch erscheinen, mitten in der Nacht, im Dunkeln, ohne die Fröhlichkeit, die Besuche sonst so mit sich bringen.
    »Um es kurz zu machen: Diese alten Gefühle … sie waren nicht komplett versiegt, bei keiner von uns. Wir leben in ähnlichen Situationen, getrennt von unseren Ehemännern, mit ungewisser Zukunft und dem Gefühl, uns selbst im Grund hinterherzuhinken. Ich meine, es ist im Grund doch lächerlich, mit über vierzig zu entdecken, dass … dass …«
    »Wenn du deine Unsicherheit ändern willst, gehört als Allererstes dazu, dass du lernst, es auszusprechen: lesbisch!«, sagte ich und hörte die Grausamkeit in meiner Stimme ganz deutlich heraus. Angela zuckte kaum merklich zusammen.
    Als ich sie auf der Treppe gesehen hatte, hatte die Hoffnung mich überflutet und hatte meinen Verstand für einige wenige Augenblicke mit sich gerissen. Doch jetzt kehrte er zurück. Ich wartete darauf, dass sie mir endgültig den K.O.-Schlag verpassen würde.
    »Du hast recht«, erwiderte sie und musste sich gegen die Wand lehnen. »Lesbisch.«
    »Prima. Das klappte doch schon ganz gut.«
    »Du bist zu recht sauer.«
    Wir sahen uns forschend an. Die Dämmerung um uns herum schützte uns vor allzu scharfen Verletzungen durch unsere Blicke. Dennoch tat es weh.
    »Warum bist du also hergekommen?«, wollte ich wissen.
    »Ich dachte, wenn doch alles so ähnlich ist bei Jana und mir, dann müsste es mit ihr viel einfacher klappen. Lena bemüht sich zwar, aber sie konnte wohl nicht wirklich begreifen, was ich mit dir … also, sie war sehr verwirrt. Ich dachte, ich müsste sie davor beschützen, sich vollkommen verloren zu fühlen. Aber du hast zu mir gesagt, ich muss mein eigenes Leben leben. Und du hattest recht. Also dachte ich, es sei eine gute Lösung so. Mit Jana.«
    Ich hätte den Krimi vorhin vielleicht doch zu Ende gucken sollen. Vielleicht war die Rivalinnen-Mörderin ungeschoren davongekommen?
    »Und was sagt Jana so dazu?«, erkundigte ich mich. Schließlich gehören zu einer Liebesbeziehung immer zwei.
    Angela seufzte. »Jana. Sie steht ja selbst noch am Anfang und ist doch schon so viel weiter als ich. Heute Abend hat sie gesagt, dass es nicht egal ist, welche Frau es ist.«
    »Bitte?« Ich glaubte, mich verhört zu haben.
    »Die Einsicht, dass ich
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