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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter
Autoren: Miriam Muentefering
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Jackie.
    »Ja«, hauchte die Süße, gerade noch für mich verständlich. Was ich dann hörte, klang nicht so, als würden die beiden noch einen Gedanken an das Telefonat verschwenden.
    »He!«, brüllte ich, so laut ich konnte, in den Hörer. »Wo ich es denn jetzt doch weiß, würde ich gern etwas sagen!«
    Jetzt war es Ellen, die den Hörer aufnahm. Sie war etwas außer Atem.
    »Was denn?«
    »Ich wünsche euch, dass ihr sehr glücklich miteinander werdet.«
    Ich konnte Ellen atmen hören. Mein Herz schlug gleichmäßig im Rhythmus ihres Atems. Es war der Atem, den ich vier Jahre lang gehört, den ich geküsst und liebkost hatte. Liebe, wahre Liebe, endet eben nie. Sie verändert nur vielleicht ihr Gesicht.
    »Dank dir«, sagte Ellen leise.
    Ich legte auf.
    Eine Stunde lang saß ich auf dem Boden vor dem Sofa und dachte nach. Die letzten Wochen hatten mein Leben so aufgewühlt und verändert, dass ich mich kaum noch zurechtfand. Wie einfach waren die Zeiten gewesen, als ich mich einfach auf meine sommerblühende Alm zurückziehen konnte und dort meinen Frieden fand. Denn dann suchte ich nicht, sehnte mich nicht, ich war ganz bei mir und wollte nichts von dem, was ich nicht haben konnte.
    Meine Welt war in Ordnung gewesen, so wie sie war. Und sogar als Ellen mich verließ, war ich nicht einsam gewesen auf meinem Platz oben in den Bergen, wo nichts war als Wald und Wiesen und scheue Rehe, die aus dem Dickicht traten.
    Irgendetwas hatte sich verändert.
    Ellen und Jackie. Und wenn ich über die beiden nachdachte, war es eigentlich fast schon ein kleines Wunder, dass sie nicht schon viel früher zueinander gefunden hatten.
    Jackie mit ihrer Schwärmerei für blonde Engelchen und Ellen mit ihrem eigenwilligen Kopf, der nur zufrieden war, wenn er auf eine noch härtere Nuss stieß. Wie hieß es noch immer in der Physik? Reibung erzeugt Wärme.
    Nein, niemals hätte ich gedacht, dass diese beiden Feindinnen aus Prinzip einmal ihre Liebe zueinander entdecken könnten. Aber das Leben hatte seine ganz eigenen Spielregeln. Es veränderte sich fortwährend. Und ich, ich konnte nicht als Einzige stehen bleiben und ihm dabei zusehen, wie es ohne mich davontobte.
    Als ich das gedacht hatte, stand ich auf und zog meine Schuhe an.
    Loulou war begeistert, dass es so spät noch einen Spaziergang geben sollte. Aber leider war es lediglich der Gang zum Auto, der sie erwartete.
    Ich zitterte, als ich den Zündschlüssel ins Schloss steckte und ihn umdrehte. Diese Handbewegung an genau der gleichen Stelle hatte Angela auch gemacht. Ich hatte sie dazu gezwungen. Sie hatte hinter dem Steuer meines Wagens gesessen, so wie ich jetzt. Ich fuhr zur Herzoginnenstraße und parkte. Oben war Licht.
    Die Treppe hinauf, wie im Traum.
    Die Tür ging auf … und da stand Lena. Traf ich hier immer diejenige an, die ich nicht erwartet hatte?
    »Hi, wie geht’s?«, sagte sie und machte eine einladende Geste in die Wohnung, wobei sie Loulou die Kopfhaare zerzauste.
    »Hm«, machte ich wenig aussagekräftig. »Und selbst?«
    »Ich packe gerade Umzugskisten. Ist ein komisches Gefühl, sag ich dir.« Wir gingen in ihr Zimmer, in dem es aussah, als habe ein Orkan gewütet. Überall standen Kleinigkeiten herum. Halb gepackte Kartons blockierten Bett und Schreibtisch. Der Kleiderschrank war bereits zerlegt. Sein Inhalt stapelte sich auf dem Boden. Lena seufzte theatralisch bei diesem Anblick. »Ich fürchte, ich hab es irgendwie falsch angefangen«, meinte sie.
    Wie um das zu bekräftigen, legte sich Loulou direkt vor die Zimmertür. Anscheinend hatte sie beschlossen, dass das Betreten dieses Raumes für sie nicht in Frage kam.
    »Ich kann dir helfen«, schlug ich vor und zog mir einen noch zusammengefalteten Karton heran.
    Lena stand mitten im Chaos und hatte die Arme in die Seite gestemmt. Sie betrachtete mich schweigend, bis ich verlegen wurde.
    »Was ist denn?«, fragte ich schließlich.
    »Sie hat schon wieder ’ne Verabredung«, sagte sie mit hochgezogenen Augenbrauen.
    ›Allerdings nicht mit mir!‹, dachte ich und tat erst gar nicht so, als wüsste ich nicht, wovon sie sprach.
    »Sie ist mit Nancys Tante unterwegs. Nancy findet das natürlich super. Aber ich … also, ich weiß nicht. Ich kann mich nicht an den Gedanken gewöhnen. Ich kenne sie ja nur mit Papa.« In diesem Zusammenhang entschlüpfte ihr die kindliche Bezeichnung. Es passte besser zu ihr als das pseudo-erwachsene ›Volker‹.
    Ich antwortete nicht.
    »Interessiert dich das nicht?«,
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