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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter
Autoren: Miriam Muentefering
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angebracht gewesen. Unter dem kühlen Blätterdach, am Ufer eines träge dahingurgelnden Baches, könnte auch Jackie gewiss leichter über das reden, was sie so sorgsam vor mir zu verbergen suchte. Ich konnte nur vermuten, dass es etwas mit einer Frau zu tun hatte.
    Nun, es wurde jetzt Zeit, dass ich endlich wieder zu meinem inneren Frieden zurückfand. Und das beinhaltete auch meine ständige Bereitschaft, mich der Sorgen und Probleme meiner FreundInnen anzunehmen und – vor allem – einen möglichen Konfliktpunkt auszuräumen statt totzuschweigen. Vielleicht wäre ein klärendes Gespräch mit Jackie ein guter Anfang, um zu meinem alten geruhsamen Leben zurückzufinden?
    Nach dem sechsten Tuten wurde abgenommen.
    »Hi, Jackie, ich bin’s. Na, was treibst du so an einem Samstagabend?«
    »Oh, hi, hi. Treiben? Ich? Wie kommst du darauf?« Schon wieder diese Spur Misstrauen in ihrer Stimme. Oder war es nicht eher so etwas wie ein schlechtes Gewissen?
    »Na ja, ich dachte, du gehst vielleicht zum Schwofen.«
    »Heute?«, fragte Jackie.
    »Ja, heute ist doch ›Victor und Victoria‹ im Bahnhof.« Jetzt wunderte ich mich wirklich. Jackie wusste nicht, dass sie heute eine Gelegenheit verpasste, zu der sie womöglich ihrer Traumfrau begegnen könnte? »He, Jackie, was ist eigentlich los mit dir?«
    »Mit mir? Was soll los sein?«
    »Komm schon, jetzt tu doch nicht so. Ich habe in letzter Zeit das Gefühl, du weichst mir aus. Es ist doch nicht normal für dich, dass du …« In diesem Augenblick hörte ich im Hintergrund eine Stimme rufen: »Süße, hast du da immer noch den Pizza-Service dran? Ich hab noch was vergessen: Kannst du extra Oliven auf den Salat bestellen?«
    Dann war es totenstill in der Leitung.
    Jackie und ich atmeten beide nicht.
    Ich konnte mir jedoch vorstellen, dass sie gerade verzweifelt versuchte, durch Zeichensprache quer durch den Raum Ellen am Weitersprechen zu hindern. Denn es war Ellens Stimme, die ich gehört hatte.
    Ich rutschte vom Sofa auf den Boden und blieb dort sitzen. ›Extra Oliven auf den Salat‹ hatte Ellen früher immer bestellt, wenn wir einen unserer wunderbaren Sexnachmittage hatten. Sie entwickelte nach gutem Sex einen Wahnsinnsappetit auf Oliven.
    »Michelin?«, erklang es dann zaghaft aus dem Hörer.
    Ich brachte keinen Ton heraus.
    »Michelin, bist du noch da?«
    Dann gab es ein Handgemenge am Telefon, ich hörte ein geflüstertes »Nein!« und »Lass mich mal!«, und dann ertönte Ellens engelsgleiche Stimme aus dem Apparat.
    »Michi, Schätzchen, lebst du noch?«
    »Ellen«, brachte ich heraus.
    »Denk jetzt nichts Falsches, Kleines. Ich meine, ich glaube, du denkst schon das Richtige. Aber wir wussten nicht, wie wir es dir … also, wie wir es überhaupt irgendjemandem …«
    »Ihr hättet es mir einfach sagen können!«, plärrte ich sie an. »Wie komme ich mir jetzt vor? Meine beiden besten Freundinnen fangen was miteinander an, und ich weiß nichts davon?!«
    »Wow, Michelin, ehrlich, vor ein paar Wochen wussten wir das auch noch nicht. Großes Indianerehrenwort. Ich meine, hättest du je geglaubt …? Hättest du gedacht, dass ich und diese kopflose, unterleibsorientierte, größenwahnsinnige …«
    Der Hörer wurde ihr aus der Hand gerissen. »Sie hat sich regelrecht auf mich gestürzt. Ich konnte mich nicht mal wehren!«, schrie Jackie. »Und was sollte ich dann machen? Ein One-Night-Stand mit der Ex meiner besten Freundin? Also wirklich, das geht doch nicht! Es muss zumindest so aussehen, als meine ich es ernst mit diesem Biest …«
    »Gib mir den Hörer!«, kreischte im Hintergrund meine elfenhafte Ex-Freundin. »Michelin, glaub ihr kein Wort! Sie hat angefangen, ganz bestimmt! Sie hat mir Blumen geschickt!«
    »Habe ich nicht!«, brüllte Jackie dagegen. »Ich hab’s dir schon zig Mal gesagt. Diese Blumen waren nicht von mir. Weiß der Kuckuck, welcher Perle du da wieder mal schöne Augen gemacht hast.«
    »Quatsch keinen Unsinn! Du warst es! Und du wolltest mich damit rumkriegen. Du wusstest, dass mich das weich kocht. Keine außer dir weiß doch, dass ich so auf Lilien stehe!«
    »Na ja, ich schon«, sagte ich ruhig.
    »Du?«, fragte Jackie verblüfft, die den Hörer immer noch umklammert hielt. »Ellen, das mit den Blumen war Michelin.«
    »Michelin?«, hörte ich Ellen stammeln. »Dann waren diese wunderschönen Blumen gar nicht von dir?«
    »Süße, ich werd dir jeden Tag so schöne Blumen schenken, wenn du möchtest. Möchtest du?«, schmeichelte
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