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Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Titel: Die fabelhafte Miss Braitwhistle
Autoren: Sabine Ludwig
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1. KAPITEL
    Frau Taube bekommt einen Nervenzusammenbruch
    Ich mag unsere Schule, obwohl sie schon ganz alt ist. Es gibt zwei Eingänge, über dem einen steht Jungen , über dem anderen Mädchen , aber es ist immer nur der für die Mädchen geöffnet, und natürlich gehen auch wir Jungs da durch, obwohl mein Freund Aki sich mal eines Morgens auf die Treppe gesetzt und gesagt hat: »Ich weigere mich, durch eine Tür zu gehen, über der ›Mädchen‹ steht.« Das war abernur, weil wir an diesem Tag eine Grammatikarbeit schreiben sollten, und wenn Aki ein Fach nicht leiden kann, dann ist es Grammatik. Er hatte aber nicht mit Herrn Pommerenke gerechnet, das ist unser Hausmeister. Der ist gekommen, hat sich Aki einfach unter den Arm geklemmt und ist mit ihm die Treppe hoch und durch die Tür. In die Klasse hat sich Aki aber nicht von ihm tragen lassen, das wäre ihm dann doch zu peinlich gewesen.
    Außer Herrn Pommerenke gibt es nur noch einen Mann an unserer Schule, nämlich Herrn Fischli, das ist der Direktor. Herr Fischli ist Schweizer, daher hat er seinen lustigen Namen, er selbst ist aber überhaupt nicht lustig. Meine Mutter wundert sich immer, wie einer freiwillig aus der Schweiz nach Deutschland kommen kann, wo in der Schweiz doch alles viel größer, schöner und leckerer ist als bei uns: die Berge, die Häuser und die Schokolade. Vor allem die Schokolade. Aber Annalisa meint, die Frau von Herrn Fischli sei von der Schweizer Schokolade so dick geworden, dass sie nicht mehr laufen konnte, und die einzige Rettung für sie sei gewesen, in ein Land zu ziehen, wo es keine so gute Schokolade gibt. Also richtig schlecht ist unsere Schokolade ja nun auch wieder nicht.
    Hugo sagt, das sei sowieso alles Quatsch, Herr Fischli ist zu uns gekommen, weil er eine Allergie gegen Berge hat.Und Hugo muss es wissen, der hat nämlich auch eine Allergie, und zwar gegen fast alles. Wenn Herr Fischli allergisch gegen Berge sein sollte, ist er bei uns genau richtig, denn Berge gibt’s hier keine. Aber irgendwie scheint Herr Fischli der Schweiz doch nachzutrauern, denn keiner von uns hat unseren Direktor je lachen sehen. Und lächeln tut er nur, wenn er bei der Einschulungsfeier die Eltern von den neuen Kindern begrüßt, aber es sieht immer so aus, als täte es ihm weh.
    Außer Herrn Fischli, der nicht nur der Direktor, sondern auch Sport- und Mathelehrer ist, gibt es nur Lehrerinnen an der Schule. Vielleicht hat Herr Fischli deshalb nichts zu lachen.
    Die älteste ist Frau Klawitter, unsere Musiklehrerin. Als wir die erste Stunde bei ihr hatten, hat sie gesagt: »Ich bin Frau Klawitter. Meinen Namen könnt ihr euch ganz leicht merken: Klavier, auf dem spiele ich, und Gewitter gibt’s, wenn ihr euch nicht anständig benehmt.«
    Ich glaube nicht, dass wir uns jemals in einer Musikstunde anständig benommen haben, trotzdem warten wir vergeblich auf das Gewitter.
    Frau Klawitter sitzt immer mit dem Rücken zu uns am Klavier, spielt etwas vor und wir sollen die Noten aufschreiben. Das kann keiner von uns, nicht mal Clemens, dabei kannder sonst alles, sogar Klavierspielen. Anstatt also Noten aufzuschreiben, machen wir alles Mögliche, aber sie merkt es nie, sondern fragt andauernd: »Seid ihr so weit? Habt ihr’s?« Aber bevor einer antworten kann, spielt sie schon weiter.
    Eine ganze Zeit lang haben wir uns gewundert, warum sie nicht mitkriegt, was wir hinter ihrem Rücken treiben, bis Pauline gesehen hat, dass sie am Anfang der Stunde immer an ihrem Ohr rumfummelt. Das macht ihr Opa auch oft, und jetzt wissen wir, dass Frau Klawitter ein Hörgerät hat, das sie jedes Mal abstellt, wenn sie bei uns Unterricht hat.
    Unsere Klassenlehrerin heißt Frau Taube, und ihre Ohren sind ganz in Ordnung, obwohl sie immer meint, dass sie von unserem Geschrei noch taub wird. Wir haben dann eine Zeit lang »Frau Taub« zu ihr gesagt statt »Frau Taube«. Das fand sie aber gar nicht lustig.
    »Wenn ich einen Nervenzusammenbruch bekomme, dann seid ihr schuld!«, sagt sie oft. Oder: »So eine schreckliche Klasse hatte ich noch nie. Der reinste Albtraum!«
    Wir nehmen das nicht ernst, denn Hennis großer Bruder hatte sie auch schon und da hat sie genau dasselbe gesagt. Man muss aber zugeben, dass Frau Taube wirklich schwache Nerven hat, denn als Aki neulich in der Deutschstundeeinen Chinaböller angezündet und ihr unter den Stuhl geworfen hat, ist sie schreiend aufgesprungen und aus der Klasse gerannt.
    Wir haben dann allein weitergemacht. Pauline hat so
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