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Die Schöne vom Nil

Die Schöne vom Nil

Titel: Die Schöne vom Nil
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Andeutungen von Schriftzeichen.
    Toc-Toc beobachtete Dr. Herburg gespannt. »Ist es etwas?« fragte er.
    »Wo hast du es gefunden?«
    »Zweihundert Meter von der letzten Grabung entfernt.« Toc-Toc wischte sich mit beiden Händen übers Gesicht. »Ich bin spazierengegangen, aber ich wollte gar nicht Spazierengehen. Ich mußte einfach … Verstehen Sie das, Sir? Und dann stand ich plötzlich vor einer niedrigen Steinmauer und stieß mit dem Fuß gegen diese Steinplatte.«
    Dr. Herburg nahm den Fund vorsichtig in beide Hände und lief hinüber zur Arbeitsbaracke. Dort lagen auf langen Holztischen die wertvollen Ausgrabungen, die man gereinigt und katalogisiert hatte: mumifizierte Ibisse, Teilstücke von Köpfen und Schriftplatten, Tonkrüge, Teile von Skeletten und Fragmente von Wandmalereien, vor allem aus den Gräbern hoher Beamter der Pharaonen.
    Der Professor, Dr. Pernam und Dr. ibn Hedscha standen an einem der Tische und versuchten, aus Scherben einen Vogelkopf zusammenzusetzen, als Dr. Herburg und Toc-Toc hereinstürmten.
    »Ein Wunder!« meinte Pernam sarkastisch. »Er reinigt eine Benzinleitung und findet dabei Menesptah! Frank, sagen Sie bloß nicht, wir fangen von vorne an! Ich spiele nicht mehr mit. Ich sehne mich nach dem echten Londoner Nebel, so verrückt das klingen mag. Und Regen! Regen! Ich werde mich stundenlang in den Regen stellen!«
    Dr. Herburg legte Toc-Tocs Fund sehr vorsichtig auf den Tisch und wedelte mit einem weichen Pinsel, den Archäologen zur Reinigung wertvoller Ausgrabungen benutzen, den Staub von der Platte. »Die Quarzlampe! « rief er, schon heiser vor Erregung. »Wenn es uns gelingt, diese Schrift sichtbar zu machen …«
    Professor Mitchener beugte sich über die kaum erkennbaren Zeichen. Er hatte ein Vergrößerungsglas ergriffen, und plötzlich begann seine rechte Hand zu zittern.
    »Der … meinen … Namen … trägt …«, las er mit leiser Stimme.
    Es war ganz still in dem großen Raum. Die Männer hielten den Atem an, als könnten Mitcheners Worte ebenso verblassen wie die Zeichen auf der Steinplatte.
    »Ich … Ptah … Sonne und Nacht … in meiner Hand …«
    Mitchener hob den Kopf und atmete rasselnd. Er schien kaum noch Luft zu bekommen. »Mein Gott, Frank! Harris! Abdullah! Hören Sie das? ›Der meinen Namen trägt … Ich, Ptah …!‹ Die Quarzlampe her! Röntgengerät! Der meinen Namen trägt … Das ist Menesptah! Frank, wo haben Sie das her?«
    »Toc-Toc hat es gefunden. Etwa zweihundert Meter von unserer Endstation, dem Nil zugewandt. Da, wo ein König nie hätte begraben werden können! Außerhalb aller Diagramme!«
    »Mein Gott!« sagte Mitchener und mußte sich auf den Tisch stützen. »Wenn das stimmt … Wenn das eine Spur ist … Harris, vergessen Sie Ihren Nebel und Regen!«
    Dr. Abdullah hatte den fahrbaren Röntgenapparat herangerollt und legte nun die Spezialplatte auf das Steinstück. Durch ein besonderes Verfahren war es möglich, Negativbilder von Dingen zu erstellen, die ein menschliches Auge nur noch andeutungsweise oder überhaupt nicht mehr erkennen konnte. Selbst feinste Einkerbungen, auch wenn sie später wieder glattgeschliffen worden waren, konnte man in einem raffinierten Umkehrverfahren von neuem sichtbar machen. Auch die Infrarotfotografie gehörte dazu … Technische Zaubertricks, mit denen man Jahrtausende überlistete.
    Nach einer halben Stunde wußten alle, daß Toc-Tocs Steinplattenfragment der sensationellste Fund seit der Entdeckung des Tut-ench-Amun war.
    Das Eingangsschild zum Grab des Menesptah!
    »Es gibt ihn!« sagte Professor Mitchener mit erstickter Stimme, als habe ihm die Wahrheit alle Kraft genommen. »Ich hatte recht! Der Kind-König, die Lücke in der dritten Dynastie …«
    »Gratulation!« Abdullah streckte dem Professor die Hand hin. »Ich gestehe es jetzt ganz offen, ich habe nie daran geglaubt.«
    Dr. Herburg und Dr. Pernam hatten gemeinsam den Text der Inschrift entziffert und durch logische Folgerungen ergänzt, was auf der Tafel fehlte oder zu verwittert war. Die Inschrift lautete demnach:
    »Der meinen Namen trägt, wird die Sonne sehen. Ich, Ptah, der Sonne und Nacht in seiner Hand hält, werde bestrafen den Bösen, der die Ruhe stört, über die meine Hand waltet …«
    »Die erste Warnung!« sagte Mitchener. »Der Erfahrung nach muß die Platte über einer Scheintür gehangen haben, hinter der ein Gang in die Irre führte. Und wo eine Scheintür ist, gibt es auch eine richtige Tür zum Grab! – Sofort den
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