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Die Schöne vom Nil

Die Schöne vom Nil

Titel: Die Schöne vom Nil
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gräberfeld von Sakkara gesucht und gegraben, auf einem Friedhof von sieben Kilometer Länge und fünfzehnhundert Meter Breite – einem riesigen Gelände, überragt von der fünftausend Jahre alten Stufenpyramide des Pharaonen Djoser. Ein Wunderwerk der Baukunst – eine der ältesten Monumentalarchitekturen der Menschheit.
    Gleich neben dieser Pyramide hatte Professor Mitchener sein Hauptquartier aufgeschlagen. Mit Genehmigung der ägyptischen Regierung waren vier Baracken errichtet worden. Vom Fenster des Kartenzimmers blickte man auf den Kobrafries des Djoser … eine Mauer aus riesigen Steinblöcken, in die Köpfe und geschuppte Halspartien der Giftschlangen gemeißelt waren. Kobra neben Kobra … gefährliche stumme Wächter seit fünftausend Jahren: »Rühret das Grab nicht an! Störet nicht den Schlaf des Königs! Ihr werdet es nicht überleben …«
    Es war ein heißer Morgen, gegen den selbst die transportablen Klimaanlagen versagten, als Professor Mitchener seine Mitarbeiter in sein Zimmer rief. Es waren Dr. Frank Herburg, Archäologe und Ägyptologe aus Berlin, der Engländer Dr. Harris Pernam, Dozent für ägyptische Geschichte am Gresham-College, und Dr. Abdullah ibn Hedscha, den Dr. Aschar von seinem Kairoer Institut zur Verfügung gestellt hatte; der Professor pflegte ihn das ›staatliche Auge‹ zu nennen.
    Abdullahs Tochter Leila, ein Mädchen von zweiundzwanzig Jahren, von jener faszinierenden mandeläugigen Schönheit, die man früher hinter Schleiern nur ahnen konnte, servierte heißen, mit Honig gesüßten Tee – das beste Mittel gegen die Hitze.
    Frank Herburg, vierzig Jahre alt, schlank, hochgewachsen, mit grauschimmernden Schläfen und sonnengebräunter Haut und jener Drahtigkeit, der man ansah, daß Abenteuer in fremden Ländern zu einem Beruf werden können, hatte am Abend zuvor den Ausschlag gegeben. Er hatte gesagt:
    »Die letzte Grabung ist abgebrochen worden. Wir haben zwar sauber gemauerte Gänge gefunden, die schräg in die Erde führen, eine Reihe von Blindtüren und drei leere Kammern, in denen nie ein Sarg gestanden hat – und damit aus! Es handelt sich dabei um Scheingräber, angelegt, um spätere Grabräuber zu verwirren und zur Aufgabe zu bewegen. Eine Menge mumifizierter Giftschlangen und an die Wände gezeichnete Flüche des Totengottes bestärken das noch. Von Menesptah keine Spur!«
    Das war das Ende. Wie Dr. Aschar in Kairo vorhergesagt hatte: Die Totenstadt von Sakkara gab keine Geheimnisse mehr preis.
    Noch einmal hatte Professor Mitchener die ganze Nacht hindurch mit seinen beiden Mitarbeitern Berechnungen angestellt. Da jede Pyramide nach streng mathematischen und sonnenkultischen Gesetzen gebaut worden war, wo Schattenlängen und Schattenflächen zu bestimmten Zeiten eine große Rolle spielten, und die Priesterärzte aus der täglichen Wanderung der Schatten den Lauf eines Jahres auf den 0,2419. Teil eines Tages genau ablesen konnten, vermutete der Professor irgendwo unter dieser Grundfläche des Diagramms der Sonnenreflexionen das Grab des jungen Kind-Königs Menesptah.
    Es war entmutigend. Alle auf den Karten eingezeichneten Punkte, die nach den bekannten altägyptischen Kultriten für eine Gruft in Frage kamen, hatte man bis zu 15 m tief aufgegraben. Nach den oberen Sand- und Geröllschichten war man auf Steinmassive gestoßen, die keinerlei Anzeichen dafür boten, daß hier je eine Menschenhand gearbeitet hatte.
    »Ja, liebe Freunde, wir brechen hier ab«, sagte Professor Mitchener jetzt und trank in kleinen Schlucken seinen dampfenden, süßen Tee. Für seine sechzig Jahre wirkte er noch recht jugendlich; ein mittelgroßer, eher etwas zart wirkender Mann mit einem gepflegten Oberlippenbart, wie ihn seit Jahrhunderten englische Kolonialoffiziere bevorzugten. Seinen Beruf sah man ihm nicht an, man hätte ihn wohl für einen britischen Parlamentarier halten können, der mit Würde durch die alten Räume an der Themse schreitet.
    »Aber ich kapituliere nicht!« fuhr Mitchener fort. »Ich lasse mich nicht davon abbringen, daß es diesen Menesptah gegeben hat! In der Königsfolge der dritten zur vierten Dynastie klafft eine winzige Lücke. Aber niemand glaubt mir das! Auch Sie nicht, meine Herren, seien Sie ehrlich!«
    Herburg, Pernam und Abdullah ibn Hedscha schwiegen. Leila schenkte neuen Tee ein und setzte sich dann neben Herburg auf die Lehne des Korbsessels. Sie legte den Arm um den Rücken des Deutschen und schmiegte ihren Kopf an seine Schulter. Abdullah, ihr
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