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051 - Die Sklaven des Vampirs

051 - Die Sklaven des Vampirs

Titel: 051 - Die Sklaven des Vampirs
Autoren: Dämonenkiller
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Eine herrliche Nacht , dachte Pierre, eine herrliche, kalte Novembernacht.
    Über den Hügeln standen starr und riesig die Sterne. Die Sichel des zunehmenden Mondes schob sich über die Weinberge. Die wenigen Lichter in den verstreut liegenden Häusern und Weingütern leuchteten gelb und anheimelnd. Der Wind hatte sich gelegt. Als Pierre die Hand ausstreckte, um den schweren, rostigen Riegel zurückzuschieben, wehte ihm warme Luft entgegen; sie roch gut, leicht säuerlich und nach Wein.
    Pierre schob den ersten, dann den zweiten Riegel zur Seite. Das Eisen kreischte wie eine verdammte Seele. Jedem anderen wäre es nicht einmal im Vollrausch eingefallen, diesen Ort in der Nacht zu besuchen, aber Pierre fürchtete sich nicht vor den riesigen, bemoosten Quadern, den Ruinen der einstigen Mühle und den riesigen Kellerräumen, die als Spitzbogen-Labyrinth unter dem langgestreckten Hügel seines Weinberges lagen; sie waren älter als zwölfhundert Jahre.
    Pierre öffnete das Vorhängeschloss und ließ den Schlüsselbund stecken. Wer sollte hier in Poitou-Re schon in einen Weinkeller eindringen? Eine Lampe, mit Fliegendreck überkrustet, flackerte auf. Pierre zog die schwere Tür wieder zu, sicherte sie und drehte an einem zweiten Schalter. An zwanzig verschiedenen Stellen erhellten matte Birnen einen Teil der großen Halle mit ihrem gotischen Kreuzgewölbe. Spinnennetze und die ledernen Mumien von kleinen Fledermäusen hingen vor den Lampen.
    Pierre ging zwischen Fässern und Flaschenbatterien, Holztischen und Flaschengestellen in die Tiefen der dämmerigen Halle. Der Geruch wurde stärker. Er vermischte sich mit dem Modergeruch und dem Geruch faulenden Holzes. Unter der kleinen Pumpe hatte sich eine Weinlache gebildet, und auch aus dem Ende des Schlauches war Wein rausgelaufen.
    Er kicherte leise, grinste den Tank an. Was in diesem Tank war, ging nur ihn etwas an; und vielleicht noch Ingrid, seine Frau. Auf keinen Fall aber die Winzergenossenschaft oder gar die Steuer. Es war billigster italienischer Rotwein, allerdings Wein aus Trauben, nicht aus irgendwelchen chemischen Absonderlichkeiten.
    Er blieb stehen und überlegte, wie viel er von dem Wein mischen sollte. Er war kein großer Winzer. Aber seine Rotweine hatten viele Freunde, hauptsächlich in den Vereinigten Staaten. Es waren gute Weine, ohne berühmte, klingende Namen, aber nicht billig und wohlbekannt in Kreisen, die einen guten Preis zahlen konnten. In einer Woche muss ich nach Clermont-Ferrand, dachte er und fing an, seinen Rotwein mit dem billigen aus Italien zu verschneiden. Er probierte, mischte in verschiedenen Verhältnissen, fügte unbestimmbare Flüssigkeiten hinzu und bekam langsam einen aromatischen Wein. Die Flaschen und die Etiketten waren schon fertig. Morgen oder übermorgen würde er abfüllen können.
    Auf einmal wurde er unruhig. Er hob den Kopf, lauschte und ging schließlich, die große Lampe in der Hand, zum Tor zurück, stieß es auf und leuchtete die Umgebung des kleinen Platzes ab; aber er sah nur die zerborstenen Mühlräder zwischen den Brennnesseln, die alten Balken und die schwarzen, dürren Äste der alten Bäume, die sich wie Greisenfinger gen Himmel reckten. In der Ferne, wahrscheinlich bei Clarente, heulte schauerlich ein Hund und schwieg dann plötzlich.
    »Ich sehe schon Gespenster«, brummelte er und ging wieder zurück. Aber seine Unruhe nahm zu, je länger er in dem altbekannten Gewölbe war. Schließlich, eine Stunde später, hielt er es nicht mehr aus.
    »Hier ist etwas«, knurrte er, schaltete die Lampe wieder ein, ging tiefer in das Kreuzgewölbe hinein, leuchtete unter die Tische, hinter die Tische, stieß eine Eisenstange in den Scherbenhaufen, rüttelte an den Säcken mit den Korken. Nichts. Nur ein paar Mäuse rannten pfeifend davon.
    »Verdammt!«
    Natürlich kannte er seine Gewölbe. Und es gab auch keinen unbekannten zweiten Eingang. Er ging weiter, leuchtete sorgfältig die Wände ab und versprach sich selbst zum tausendsten Mal, irgendwann vor der nächsten Lese das Gemäuer weiß anstreichen oder kalken zu lassen; es war zu finster und zu schmutzig hier. Er kam an das Ende des ersten Nebengebäudes, das wie der Zinken einer Gabel vom großen Gewölbe abzweigte. Hier war aller Verputz abgefallen, Schwamm wucherte an den Steinfugen, und plötzlich wusste er, was ihn gestört hatte. Er erkannte die Blume und das Aroma eines Weins. Und hier roch es nach einem Jahrhundertwein.
    Blödsinn! Es gibt keinen solchen Wein
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