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Die Schöne vom Nil

Die Schöne vom Nil

Titel: Die Schöne vom Nil
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Vater, warf ihr einen mißbilligenden Blick zu.
    An Menesptah hatte er nie geglaubt – das war nicht sein Problem. Viel mehr beschäftigte ihn die Zukunft seiner Tochter. Als er bemerkt hatte, daß Leila sich in den deutschen Archäologen verliebt hatte, war es schon zu spät gewesen.
    »Ich bin entsetzt!« hatte Abdullah gesagt. »Wie benimmst du dich? Allah, habe ich eine läufige Katze als Tochter?«
    »Ich bin ein modernes Mädchen«, hatte Leila geantwortet. »Wenn ich einen Mann liebe, dann verstecke ich mich nicht.«
    »Er ist ein Christ!« rief Abdullah verzweifelt. »Ein Ungläubiger!«
    »Er hat auch einen Gott, der heißt nur anders. Und außerdem liebe ich nicht seinen Gott und seine Religion, sondern ihn, Frank Herburg!«
    Abdullah hatte daraufhin mit Herburg gesprochen – unter vier Augen. »Sie ist meine einzige Tochter«, sagte er eindringlich. »Mein Augenlicht, mein Lebensinhalt, mein Paradies. Sie staunen, daß ein Mohammedaner so spricht, nicht wahr? Im allgemeinen sind nur Söhne die Wonne eines Vaters. Heißt es nicht: Wen Allah straft, dem schenkt er eine Reihe Töchter? Es mag bei vielen Vätern so sein, bei mir nicht. Leila ist mein ein und alles, ein Stück meines Herzens. Wie soll das weitergehen, Dr. Herburg?«
    »Vielleicht werde ich in Ägypten bleiben, wenn es möglich ist, eine Stellung an der Universität von Kairo zu bekommen. Aber darüber nachzudenken ist noch zu früh.«
    »Leila ist zweiundzwanzig Jahre alt – und Sie sind vierzig! Sie werden verstehen, wenn ich als Vater mit Besorgnis daran denke, daß …«
    »Ich möchte Ihnen jetzt von Mann zu Mann etwas sagen, Dr. ibn Hedscha«, unterbrach ihn Frank Herburg. »Ich verspreche Ihnen, mich Ihrer Tochter gegenüber korrekt zu verhalten, bis ich sagen kann: Bitte, geben Sie mir Leila zur Frau, wir lieben uns bis ans Ende unserer Tage.«
    »Das können Sie versprechen?«
    »Ja.«
    »Und durchhalten? Leila ist wie eine Rose im Morgentau …«
    »Wenn ich Sie enttäusche, Dr. ibn Hedscha, können Sie mir den Schädel einschlagen.«
    Und Abdullah hatte mit tiefem Ernst geantwortet: »Das ist das mindeste, was Ihnen passiert, Dr. Herburg.«
    Was wird daraus werden? dachte Abdullah und schielte zu seiner schönen Tochter hinüber. Bestimmt, sie werden glücklich miteinander werden – aber plötzlich ist doch die Situation eine völlig andere. Mitchener gibt auf!
    Das heißt doch, Dr. Herburg fliegt zurück nach Deutschland. In Kairo gibt es bestimmt keine Stellung für ihn, wir haben genug Archäologen im eigenen Land. Wird Leila mit ihm fliegen in den kalten Norden?
    Professor Mitcheners Stimme riß Abdullah aus seinen Gedanken. »Ich möchte Ihnen allen heute danken. Wir waren ein vorbildliches Team, ja, wir sind Freunde geworden. Und wir haben gemeinsam das Geld von drei Universitäten durchgebracht!« Mitchener schmunzelte. Ab und zu konnte er sich an seinem unterkühlten britischen Humor delektieren. »Eigentlich wären wir es dem Steuerzahler schuldig gewesen, erfolgreich zu sein. Denn letztlich finanziert er alles. Wie gern hätte ich der Welt die Mumie des Menesptah präsentiert! Des geheimnisumwitterten Kind-Königs, an dessen Existenz niemand glauben wollte! Verdammt, meine Herren, ich spüre es trotz allem immer noch tief in mir, daß er irgendwo an der Peripherie von Sakkara begraben liegt. Wir sind Dilettanten, meine Herren! Unsere Berechnungen stimmen nicht. Irgendwo da draußen, im Bereich einer uns unbekannten Sonnenreflexion, liegt das Grab!«
    Mitchener hob die schmalen Schultern und strich über seinen weißen Oberlippenbart. »Was soll's? Man kann sich eben nicht alle Lebensträume erfüllen. Morgen bauen wir endgültig ab. Welche Genugtuung für Dr. Aschar! Er hat mich von Anfang an für einen Phantasten gehalten.«
    Eine Stunde nach dieser Lagebesprechung – Dr. Herburg reinigte gerade die versandete Zündung seines alten VW, denn er wollte mit Leila einen Ausflug an den Nil machen – brauste in einer gelben Staubwolke ein uralter Jeep in das Barackenlager.
    Am Steuer saß, über und über mit Sandstaub bedeckt, ein Mann mit einem breiten, geradezu ansteckenden Grinsen: Toc-Toc. Nach dem Bremsen fuchtelte er mit beiden Armen durch die Luft.
    Toc-Toc hieß eigentlich Mahdi ibn Kebir. Aber der klangvolle Name, der an einen Nachfolger des Propheten denken ließ, täuschte. Kebir war ein einfacher Fellache, geboren am Rand der Schwemmfelder des Nils, dort, wo das Land durch den ewigen Fluß noch fruchtbar war,
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