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Die Schöne vom Nil

Die Schöne vom Nil

Titel: Die Schöne vom Nil
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aus und warf die einzelnen Kleidungsstücke hinter sich. Dabei hüpfte er wie ein kleiner Junge und sprang in die Luft, als er nur noch seine Badehose anhatte.
    »Bleib stehen!« schrie Leila hinter ihm her. Sie hetzte ihm nach, die Arme weit ausgestreckt, als seien sie ein Magnet, mit dem sie ihn zurückziehen konnte. »Frank! Ich flehe dich an, bleib stehen! Nicht in den Nil! Hör auf mich! Ich habe Angst … Angst …«
    Herburg blieb am Ufer stehen, die Füße schon im seichten Wasser, und wartete, bis Leila bei ihm war.
    Am ganzen Körper zitternd, warf sie sich in seine Arme mit einer Verzweiflung, die er noch nie an ihr erlebt hatte. Sie klammerte sich an ihm fest und versuchte, ihn aus dem Wasser zu ziehen. Es war als fürchte sie, der Nil könne seine Füße abbrennen.
    »Leila … was ist los? Wie kann man nur so abergläubisch sein!« Er küßte sie.
    Folgsam kam er wieder ans Ufer zurück und zog seine Kleider an. Dabei fiel der zusammengeknüllte Zettel aus seiner Hosentasche. Er hob ihn auf, strich ihn glatt und las die Warnung noch einmal durch.
    »Das ist doch alles Unsinn, Leila. So etwas sollte man nicht ernst nehmen.«
    »Und wer hat den Zettel geschrieben?« rief sie. In ihrem wunderschönen Gesicht zuckte die Angst, ihre schwarzen mandelförmigen Augen waren geweitet.
    »Irgendein Fanatiker, der nicht will, daß wir Christen uns um eure Pharaonen kümmern. Es gibt doch solche Eiferer überall …«
    »Und weil sie Fanatiker sind, können sie auch töten!«
    Frank Herburg schüttelte den Kopf und küßte Leila wieder auf die zitternden Lippen. Seine Unbekümmertheit war gespielt. Im Innern dachte er wie Leila: Diese Warnung muß ernst genommen werden. Aber er ließ sich nicht in Panik versetzen, denn genau das sollte diese Nachricht bewirken.
    Ganz zu Anfang der Mitchener-Ausgrabungen in Sakkara hatte es einen ähnlichen Vorfall gegeben: Eines Morgens, als sie in die Arbeitsbaracken kamen, lag auf dem Tisch bei den ersten Funden ein Stück Papier. Nur ein einziger Satz stand darauf: »Geht, oder es trifft Euch der Fluch!« Eine Warnung, aus den ausgeschnittenen Buchstaben einer Zeitung zusammengesetzt.
    Damals hatte Professor Mitchener nicht lange überlegt. Er hatte Kairo informiert, daraufhin wurden drei Monate lang vier Polizisten in Sakkara stationiert, die bei allen Ausgrabungen zugegen waren – die schußbereiten Maschinenpistolen vor der Brust.
    Es geschah nichts, und nach drei Monaten zog man die Polizisten zurück, überließ aber dem Forscherteam die Waffen. Vorher hatten sie alle damit geübt. Dr. Herburg und Abdullah ibn Hedscha erwiesen sich dabei als Kunstschützen, die aus fünfzig Meter Entfernung einen kleinen Stein von einem Mauerrest schießen konnten.
    Der Briefschreiber verhielt sich still und blieb im Dunkel der Anonymität. Er hatte auch keinen Grund mehr, in das Geschehen einzugreifen, denn Mitchener und seine Archäologen gruben an Orten, die für ihn völlig uninteressant waren.
    Von all dem wußte Leila nichts.
    Die neue Warnung aber bewies, so dachte Herburg, daß der Steintafelrest mit dem Hinweis auf Menesptah nicht zufällig mit anderem Geröll im Lauf der Jahrhunderte an diese Stelle geraten war, sondern daß man tatsächlich in der Nähe des unbekannten Kind-Königsgrabes war. Und diesmal würde es der Ungenannte nicht nur bei einer Warnung belassen …
    Herburg und Leila brachen ihren Ausflug ab und fuhren in dem alten VW zurück zu der Gräberstadt Sakkara.
    Dort hatte Mitchener bereits mit Dr. Pernam das Quadrat abgesteckt, in dem man graben wollte. Toc-Toc war dabei, die bereits entlohnten Arbeiter mit heftigen Gesten und lautem Gebrüll dazu zu bewegen, sich noch einmal in den Dienst der Weißen zu stellen und mit ihren halbierten LKW-Reifen wieder Meter um Meter Sand und Steine wegzutragen. Jede Traglast wurde unter einem weit aufgespannten Segeltuch von Dr. Abdullah und zwei Helfern untersucht, ob die Bruchstücke von Steintafeln und Tongefäßen, von Skulpturen oder Werkzeugen Aufschluß über das Leben der Pharaonenzeit gaben.
    Eine harte staubige Arbeit unter glühender Sonne. Der mehlfeine Staub verklebte die Nase, kratzte im Hals, behinderte das Atmen, schien in der Lunge förmliche Klumpen zu bilden. In kürzester Zeit war jeder Mensch graugelb gefärbt – in der flimmernden heißen Luft sah es aus, als seien Steine lebendig geworden …
    Der Professor las Herburgs Zettel langsam und mit gerunzelter Stirn aufmerksam durch. Dann gab er ihn an Dr.
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