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Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Titel: Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)
Autoren: Sam Millar
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Scharnieren gerissen wurde, und stürmte in den Toilettenraum.
    »Wo sind …?« Er verstummte. Direkt an der Wand gegenüber lag ein nackter Leib in Dreck und Exkrementen, in Embryonalhaltung, fest an die Mauer gepresst. Der Körper sah wie ein alter Kohlesack aus; nur das Weiß der angstgeweiteten Augen verriet, dass es sich um einen Menschen handelte.
    »Bitte … bitte tun Sie mir nicht weh«, ertönte eine krächzende, flüsternde Stimme.
    »Katie …?
Katie!
«, heulte Karl, ein Laut zwischen Fassungslosigkeit und Freude, während er Katie in die Arme nahm.
    »Dad …?«
    »Meine Katie. Meine wunderschöne Prinzessin«, flüsterte er, küsste sanft ihr Gesicht, küsste Dreck und Exkremente weg und strich ihr das Haar mit den Fingern zurück.
    »Oh, Dad! Bist … bist du es wirklich?« Tränen brannten Karl in den Augen, während er hastig den Mantel auszog und behutsam über Katies Schultern legte.
    »Du hast mich, seit ich sieben war, nicht mehr Prinzessin genannt.«
    »Fünf, aber streiten wir uns nicht wegen zwei Jahren«, sagte Karl, der gleichzeitig lachte und weinte. »Kannst du aufstehen? Wir müssen hier raus, Süße.«
    »Ich fühle mich … so schwach. Ich habe unglaublich oft gebrochen …«
    »Schon gut, schon gut … Bleib einfach stehen. Ich rufe einen Krankenwagen und die Polizei«, sagte Karl, kramte das Handy aus der Tasche und drückte blitzschnell 999 . »Hallo?
Hallo!
Was ist denn mit dem Scheißding los?«
    »Sie haben hier unten kein Netz, Karl«, sagte Brendan und legte sich Katies linken Arm über die Schulter. »Kommen Sie. Schaffen wir sie hier raus, so schnell wir …«
    Unvermittelt gingen die Lichter aus; schlagartig herrschte völlige Finsternis.
    Katie fing an zu zittern.
    »Das ist
er
! Er kommt meinetwegen!«, schrie Katie. »Er kommt immer im Dunkeln. Lass nicht zu, dass er mich wieder anfasst, Dad! Lass nicht zu, dass er …«
    »Pst. Ganz ruhig, Liebes. Ich schwöre dir, dass er dich nie wieder anfasst.«
    »Versprochen?«
    Karls Knöchel traten kalkweiß hervor. »Versprochen.«
    »Hierbleiben, alle beide«, befahl Brendan und holte eine Waffe aus dem Rucksack.
    »Was haben Sie vor?«, fragte Karl.
    »Das weiß ich, wenn es so weit ist. Bleiben Sie hier, bis ich das Okay gebe.«
    Karl hörte, wie Brendan vorsichtig aus dem Raum schlich. Sekunden später herrschte wieder die grässliche Stille.
    »Was macht der Mann, wenn er das Monster gefunden hat, Dad?«
    »Brendan? Ich weiß es nicht, Liebes«, antwortete Karl und zog Katie fester an sich.
    »Hoffentlich tötet er ihn. Lässt ihn leiden …«, antwortete Katie mit einer Stimme, bei der es Karl kalt über den Rücken lief.

Kapitel Fünfundvierzig
    »Wenn du noch keinen Namen hast, an dem man dich kennt, so heiße Teufel!«
    William Shakespeare, Othello
    Brendan schlich langsam, aber zielstrebig an der Wand entlang und stellte sich im Geiste die Route vor, die er durch die Empfangshalle genommen hatte. Die Waffe hielt er auf Hüfthöhe, leicht angewinkelt, und wünschte sich, er hätte die abgesägte Schrotflinte dabei, die einen Kopf in Asche verwandeln konnte. Die abgesägte Flinte mochte unhandlich sein, aber sie war zweckdienlich und absolut zuverlässig.
    Genau wie du selbst
, dachte Brendan und schlich weiter voran in die Dunkelheit.
    Als er links von sich ein Geräusch hörte, blieb er stehen. Er ging augenblicklich in die Hocke, damit sein Körper kein so großes Ziel bot, und horchte. Ein grimmiges Lächeln beherrschte sein Gesicht.
Groß mag besser sein, aber in dieser Situation ist klein klüger.
    Er atmete flach und spannte lautlos den Hahn des Revolvers. Ein mechanischer Puls ging durch den schweren Stahlrahmen der Waffe: ein Puls, der sich durch Brendans Körper fortpflanzte und in seinem Gehirn einnistete wie eine Kugel. Es war lange her, dass er diesen Puls zum letzten Mal gespürt hatte. Das Gefühl kam genau rechtzeitig und war herrlich.
    Er kroch auf Ellbogen und Knien vorwärts, bewegte sich quälend langsam voran, wobei der Betonboden seine Kleidung zerschliss und ihm die Haut aufscheuerte. Er spürte die Nässe frischen Blutes an Armen und Beinen und biss instinktiv die Zähne zusammen, um eine Schmerzbarriere zu erzeugen.
    Das ist gar nichts. Du hast schon Schlimmeres überstanden. Achte nur darauf, dass du diesen Dreckskerl findest, bevor er dich findet.
    Etwas zischte dicht an seinem rechten Ohr vorbei und ließ ihn erstarren. Es hatte sich angehört wie hundert wütende, in einer
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