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Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Titel: Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)
Autoren: Sam Millar
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Vorwürfe.«
    »Ich denke … ich wünschte nur, ich hätte es früher gewusst.«
    »Cornelius wird dem Personal gegenüber zunehmend aggressiver. Das ist verständlich und allein auf Frustration zurückzuführen. Aber es gab noch andere Vorfälle, die sich nicht wiederholen dürfen.«
    »Vorfälle? Was für Vorfälle?«
    »Er … er masturbiert unverhohlen am Fenster, wo Gäste und Personal ihn sehen können.«
    »Herrgott noch mal.« Aus den nagenden Mäusen wurden Ratten.
    »Eine Krankenschwester musste auf eine andere Station versetzt werden, weil Cornelius sie immer wieder als seine Frau bezeichnete und unter anderem darauf bestand, Geschlechtsverkehr mit ihr auszuüben.«
    Karl gab einen langen Seufzer von sich. »Wenn das nicht so ernst wäre, wäre es komisch. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Wenn ich jetzt losheule, würden Sie vermutlich bestätigen, dass Kontrollverlust bei uns in der Familie liegt.«
    Moore lächelte höflich. »Ich wünschte, ich hätte bessere Neuigkeiten für Sie, Karl. Sie sind in den letzten Wochen durch die Hölle gegangen. Ich wollte Sie nicht auch noch damit belasten.«
    Irgendwie entschärften Moores Worte die Situation doch ein wenig.
    »Wie sind die Aussichten?«, fragte Karl. »Ich muss es wissen, damit ich mich darauf vorbereiten kann.«
    »Alzheimer verläuft in drei Stadien. Das frühe, mittlere und späte Stadium. Die Dauer jedes Stadiums ist von Patient zu Patient verschieden, ebenso, in welchem Stadium sich welche Symptome bemerkbar machen. Da sich die Stadien überlappen, ist es manchmal schwierig zu bestimmen, in welchem Stadium sich eine bestimmte Person definitiv befindet. Aber am Ende verschlimmern sich alle Symptome stets unweigerlich. Ich muss Ihnen leider sagen, dass Cornelius inzwischen die klassischen Symptome des Endstadiums zeigt.«
    »Gibt es irgendein Heilmittel, so eine Art Wunderdroge?«
    »Derzeit ist Alzheimer noch eine fortschreitende tödliche Krankheit. Das soll nicht heißen, dass die Medizin nicht schon längst fieberhaft nach einem Heilmittel sucht.«
    »Wollen Sie … wollen Sie damit sagen, dass er bald stirbt?«
    »Hm … ich wollte Sie nur informieren, damit Sie vorbereitet sind, sollte plötzlich etwas Unerwartetes geschehen. Ich wünschte, ich hätte bessere Neuigkeiten für Sie, Karl.«
    Benommen stand Karl auf und reichte Moore die Hand.
    »Danke. Ich weiß, Dad wäre mehr als zufrieden mit dem, was Sie und Ihr Personal für ihn getan haben. Er hat Sie stets gelobt … ich meine, er
lobt
Sie stets«, sagte Karl, der die Vergangenheitsform, in der er sprach, hastig verbesserte.
    »Wenn ich etwas für Sie tun kann, egal was, zögern Sie nicht, sich zu melden«, antwortete Moore und schüttelte Karl die Hand.
    »Nur eines. Dad hatte in den letzten Tagen doch keinen Zugang zu einem Fernseher oder den Nachrichten, oder?«
    »Nein. Ich habe strikte Anweisungen gegeben, nicht über Katies Entführung mit ihm zu reden. Aber ehrlich gesagt, Karl, hätte Ihr Vater es vermutlich gar nicht mitbekommen, selbst wenn er Nachrichten gesehen oder gehört hätte.«
     
    Cornelius saß am Fenster und starrte hinaus, als Karl, ohne anzuklopfen, das Zimmer betrat. Sein Vater war eine große, ausgemergelte Hülle von einem Mann, der nur noch in den Hautlappen am Hals ein wenig Fleisch zu haben schien.
    »Ist es Zeit für die Medizin, Sir?«, fragte Cornelius, wandte sich vom Fenster ab und sah Karl direkt an.
    Karl kam es so vor, als wären die Augen seines Vaters glasig, wie in einer Trance. Seit Karl ihn vor mehr als zwei Wochen zum letzten Mal gesehen hatte, schien er sichtlich geschrumpft zu sein.
    O Gott, Dad
 … »Ich … ich bin es, Dad. Karl. Dein Sohn«, sagte Karl, bückte sich und gab Cornelius einen Kuss auf das noch dichte Haar.
    »Sohn …?«
    »Ich habe ein paar Tafeln Bournville-Schokolade mitgebracht, und ein paar Flaschen Lucozade.«
    »Sohn …?«
    »Ja, Dad. Karl. Erinnerst du dich?«
    »Karl … ich erinnere mich an einen Karl … es fällt mir schwer, mich zu erinnern …«
    »Ich … ich weiß, Dad. Es ist nicht leicht. »Mach dir … mach dir deswegen keine Gedanken.«
    »Er war … er war ein guter Junge.«
    Karl spürte einen Kloß in der Kehle. Er brauchte einen Schluck Wasser.
    Aus einem Plastikkrug auf dem Tisch schenkte er sich etwas Wasser in einen Becher ein, dann schraubte er den Verschluss einer Lucozade-Flasche auf und goss etwas davon in die Tasse seines Vaters.
    »Hier, Dad. Ich wünschte, ich
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