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Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Titel: Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)
Autoren: Sam Millar
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Design und vollkommen verdreckt.
    Karl wollte sich die Kleidungsstücke genauer ansehen, doch ihm graute davor, etwas Bestimmtes zu finden.
    Brendan schien eine Frage auf der Zunge zu liegen, doch er schwieg, als er Karls besorgte Miene sah.
    Brendan setzte seine Suche fort, hob einen Milchkarton hoch, schnupperte daran und überflog dann den Text auf der Plastikverpackung. »Gut«, sagte er und riss Karl damit aus seinen Gedankengängen.
    »Gut? Was zum Teufel meinen Sie damit, gut?«
    »Das ganze Zeug. Es war jemand hier … könnte
noch
hier sein. Das Verfallsdatum dieser Milch ist noch nicht abgelaufen.«
    Karl spürte, wie sein Herz einen Takt schneller schlug. Was Brendan sagte, konnte durchaus der Wahrheit entsprechen.
    »Wir müssen uns trennen, um Zeit zu sparen«, fuhr Brendan fort und zeigte auf zwei Räume an der hinteren Wand der Empfangshalle. »Sie durchsuchen den Raum da hinten. Ich übernehme den anderen. Wenn Sie etwas finden – wie unbedeutend es auch scheinen mag –, rufen Sie. Verstanden?«
    Karl nickte, dann betrat er den zugewiesenen Raum und versuchte verzweifelt, das Grauen aus seinen Gedanken zu verdrängen. Auch der Boden dieses Raumes war aufgerissen und zeigte verschiedene Sedimentschichten. Der Gestank nach Exkrementen war so stark, dass er Karl regelrecht in den Augen brannte.
    Eine Schaufel, die wie ein betrunkener Wachmann an einer Wand lehnte, ließ ihn erschauern. Sofort schoss ihm eine Frage in den Kopf, doch er verdrängte sie hastig, da er die Antwort gar nicht wissen wollte.
    Er nahm die Schaufel und trug damit zaghaft die oberste Erdschicht ab, bis er auf Beton und alte Backsteine stieß.
    »Dreckskerl«, murmelte er jedes Mal, wenn er auf den harten Untergrund stieß, wie in Trance und schaufelte immer verzweifelter. Winzige Funken tanzten, wo er auf Beton stieß. Er stellte sich vor, der Boden wäre Hannahs grinsendes Gesicht. »Dreckskerl! Dreckskerl! Dreckskerl!«
    »Karl!«, rief Brendan und riss ihn aus seiner Trance.
»Karl!«
    »J… ja?«
    »Hierher … Beeilung!«
    Karl sputete sich und sah, dass Brendan etwas betrachtete, das er mit einem Stock emporgehoben hatte.
    »Was ist das?«, fragte Karl außer Atem.
    »Ich … es besteht die Möglichkeit …«
    Nur das obere Drittel des Gesichts war über einer Maske von Steinen und Staub zu erkennen. In Dunkelheit gehüllte Augen blickten bestürzt und verängstigt zwischen Strähnen fettigen, schmutzigen Haars hindurch ins Leere. Die dürren Arme ausgestreckt, als wollten sie nach etwas greifen. Die abgemagerte Brust wie ein Krater in das Gitter der Rippen gedrückt. Die welke Haut war rot und mit Flecken getrockneten Blutes übersät. Doch am beunruhigendsten sah das Geschlechtsteil aus, geschwollen und aufgeplatzt wie eine überreife Frucht.
    »Nein … o Gott, nein …« Karl spürte, wie der Wahnsinn unaufhörlich an den Rändern seiner Vernunft nagte. Es war das Schrecklichste, das er je in seinem Leben gesehen hatte. Die Wände rückten näher. Er bekam keine Luft mehr. Erbrochenes schwappte ihm aus dem Mund.
    »Ruhig … ruhig, Karl. Atmen Sie tief durch … ruhig«, beschwichtigte Brendan ihn, hielt ihn fest und verhinderte so, dass er zusammenklappte.
    »Ich … will nicht hinsehen. Ich habe genug gesehen«, sagte Karl, kämpfte gegen die Tränen und wischte sich saures Erbrochenes vom Mund.
    »Es geht nicht anders. Wir müssen wissen, ob es …«
    »Ich sagte
nein
! Nicht … lassen … lassen Sie mir einfach ein wenig Zeit …«
    »Okay, okay. Kein Problem. Gehen wir raus und …«
    »Was war das für ein Geräusch?«, fragte Karl mit weit aufgerissenen Augen und irrem Blick. »Haben Sie das auch gehört?«
    »Ich nehme Ihnen die Schaufel ab, Karl«, sagte Brendan und blickte Karl in die Augen. »Gehen Sie einfach raus und …«
    »Hören Sie!«
    Es hörte sich an, als würde eine Katze in einem Pappkarton miauen. Ein krächzendes Miau. Hohl. Weit entfernt. Irgendwie absichtlich unheimlich.
    »Vermutlich sind das Tunnelgeräusche, Karl … sonst nichts.«
    »Es kommt von da hinten, vom anderen Ende des Raums«, beharrte Karl, zwängte sich hastig an Brendan vorbei und stieß ihn um ein Haar zur Seite. »Hallo? Wer ist da? Hören Sie mich?«
    Nichts. Deine Nerven spielen dir einen Streich.
    Er versuchte es erneut.
    »Hallo? Hören Sie …?«
    »Hilfe …«
    »Scheiße. Sie haben recht, Karl. Die alten Toiletten! Es kommt von dort.«
    Karl trat die Tür so fest ein, dass sie beinahe aus den
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