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Hexe auf leisen Sohlen

Hexe auf leisen Sohlen

Titel: Hexe auf leisen Sohlen
Autoren: Carter Brown
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1
     
    Sie schlug sorgfältig die Beine
übereinander, als ob sie in sie verliebt wäre, und vielleicht war sie das. Ihr
Name war Mrs. Adele Blair, und sie sprach ihn aus, als ob er etwas bedeutete.
Sie war dunkelhaarig und meine erste Klientin.
    Sie trug ein enganliegendes
saphirblaues Kleid mit einer hübschen Schleife unter dem Busen, die ihr die
gerade moderne hohe Taille verlieh. Auf die Form ihres vollen Busens brauchte
unter der dünnen Seide eigentlich nicht ausdrücklich hingewiesen zu werden,
trotzdem erwies sich die Schleife als erfolgreicher Blickfang. Ich hielt Mr.
Blair für einen glücklichen Mann oder auch für einen sorgenbeladenen Mann, aber
vielleicht war er beides.
    Ihre Augen waren dunkel und
leuchtend und hatten die berechnende Festigkeit der Schalttafel eines
Elektronengerätes. Ein automatischer Reflex veranlaßte mich, den Kopf zu
bewegen, so daß ich ihr mein rechtes Profil zeigte, das um eine Idee besser als
das linke ist. Nicht daß ich besonderen Eindruck auf sie machen wollte, ich
wollte ihr nur zeigen, über was ich so verfügte.
    »Mr. Boyd«, begann sie in einem
gedämpften Kontra=Alt, »die Kruger=Detektiv=Agentur hat mir empfohlen, Sie
aufzusuchen.«
    »Bis vor ein paar Wochen habe
ich für sie gearbeitet«, informierte ich sie.
    Dann erinnerte ich mich an die
funkelnagelneue Aufschrift an der Tür »Boyd=Unternehmungen«. Es war also Zeit,
etwas unternehmend zu werden.
    »Sie hätten Ihnen niemand
Besseren empfehlen können«, sagte ich.
    »Man sagte mir bei Kruger, Sie seien
ihr bester Agent gewesen.« Mrs. Blair lächelte vertraulich. »Und daß ich keinen
besseren finden könnte als Sie.«
    »Das kann nur heißen, Ihr
Auftrag, was immer das auch sein mag, ist Paul Kruger zu heiß, und er will sich
nicht die Finger daran verbrennen.« Ich erwiderte ihr Lächeln. »Das ist der
einzige Grund, weshalb er jemals Klienten woanders hinschickt.«
    »Sie irren sich«, erwiderte
sie, aber das meinte sie nicht ernst.
    »Wäre es nicht besser, wenn wir
aufrichtig zueinander sind?« schlug ich vor. »Vielleicht müssen Sie mich später
wirklich anlügen.«
    Ihre Augen waren zwei
Glühwürmchen, die sich in der Dunkelheit verloren. »Sprechen Sie immer so mit
Ihren Klienten, Mr. Boyd?«
    »Das weiß ich nicht«, räumte
ich ein, »Sie sind der erste Klient, den ich je hatte.«
    Sie zuckte graziös ihre
Schultern, und ich beobachtete ein Zittern, das sich nach unten verlief und
schließlich in der Schleife verebbte. »Ganz wie Sie wollen«, sagte sie knapp.
»Es handelt sich um meinen Mann.«
    »Eine Scheidung etwa?«
    »Bearbeiten Sie keine
Scheidungsfälle, Mr. Boyd?«
    »Ich bearbeite alles, solange
ich hoch genug dafür bezahlt werde.«
    Ihre Lippen zuckten einen
Augenblick. »Das hat mir Mr. Kruger auch gesagt. Aber ich will gar keine
Scheidung.«
    Ich sah wieder ihre Beine an.
Sie waren ein Magnet, und ich kam mir vor wie Eisenspäne, die in ihr
Anziehungsfeld geraten waren. Ihre Knie hatten Grübchen, und die feste Kurve
ihrer Oberschenkel hob sich unter der knappsitzenden Seide scharf ab. Sie
gehörte zu den Damen, die mit allen Männern in ihrem Leben Schwierigkeiten
haben mußte, und einer davon konnte vielleicht auch Danny Boyd sein, ehe er
ihre Wünsche erledigt hatte.
    »Mein Mann ist Nicholas Blair.
Sie haben selbstverständlich von ihm gehört.« Ihr Ton war sehr selbstbewußt.
    »Gehört das zur
Allgemeinbildung?«
    Ihre Lippen preßten sich etwas
zusammen. »Der größte Shakespeare=Darsteller unserer Zeit! Machen Sie sich etwa
nichts aus dem Theater, Mr. Boyd?«
    »Seit es keine Possen mehr
gibt, nicht mehr«, antwortete ich, »aber das mit Nicholas Blair will ich Ihnen
aufs Wort glauben.«
    »Vielen Dank.« Ihre Stimme
klang eisig. »Er ist erheblich älter als ich und seit Jahren nicht mehr
aufgetreten, aber er bereitet sein Comeback vor.«
    »Und ich soll ihm jetzt ein
beifallfreudiges Publikum verschaffen?«
    Sie beugte sich in ihrem Sessel
vor. »Haben Sie eine Zigarette, Mr. Boyd?«
    »Gewiß.« Ich schob die Packung
über die Schreibtischplatte vor sie hin. »Bedienen Sie sich.«
    »Danke.« Sie zündete sie mit
dem Schreibtischfeuerzeug an und nahm einen tiefen Zug. »Es hört sich
entsetzlich an« — ihre Stimme schwankte einen Augenblick —, »aber Nicholas ist
dabei, seinen Verstand zu verlieren.«
    »Und ich soll jetzt danach
suchen?« fragte ich sie. »Wo verliert er ihn denn? Im Astor?«
    Sie erhob sich halb aus dem Sessel,
entschloß sich dann anders und
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