Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Titel: Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe
Autoren: Margit Sandemo
Vom Netzwerk:
Leben einzuhauchen. Aber das hatten sie nicht getan. Und sie hatten niemand anderen als Gott, mit dem sie darüber sprechen konnten. Denn niemand wußte, was sie an jenem Abend entschieden hatten…
    Auf dem Heimweg gingen sie langsam die Lindenallee hinauf. Der Wind sang ein Requiem in den herbstlichen, nackten Bäumen.
    Are seufzte. »Jedenfalls kann die nächste Generation nun in Frieden leben.«
    »Ja«, sagte Liv und straffte getröstet die Schultern. »Ich glaube, wir sollten dankbar sein, daß es zu diesem Zeitpunkt passierte. Daß wir da waren - und niemand etwas davon wußte.«
    »Ja. Ich muß immer daran denken, daß es Mattias hätte widerfahren können. Dann hätte es wieder einmal Taralds Familie getroffen. Und Tarald hat wahrhaftig genug leiden müssen! Statt dessen schlug der Fluch in Cecilies Familienzweig zu, und der ist bisher verschont geblieben.«
    »Das ist wahr. Es hätte auch Andreas treffen können, und das wäre ungerecht, denn niemand hat wohl die Geißel des Fluchs so zu spüren bekommen wie du und deine Familie, Are.«
    Er nickte. »Tancred hätte auch so ein verfluchtes Kind bekommen können. Aber am schlimmsten wäre gewesen, wenn es Mikael widerfahren wäre, wo er doch von nichts weiß. Ach, Mikael, mein Enkelkind, Sohn meines geliebten Tarjei, wo magst du jetzt sein? Es gibt so vieles, was du wissen solltest. Über das Eisvolk.«
    Liv schauderte. »Hör nur, wie der Wind klagt, Are! Es wird Winter.«
    Er blieb stehen und blickte hinauf zu den beiden ältesten Bäumen. »Ja, wohl wahr. Aber unsere Bäume sind immer noch stark, Schwester.«
    »Ich sehe sie niemals mehr an«, sagte sie. »Nein, ich denke eher an den anderen, den großen Fluch. Wann wird unsere arme Sippe davon erlöst sein?«
    Are lachte. »Der Sage zufolge soll ja der Fluch nur dadurch aufgehoben werden können, daß man den Ort findet, an dem Tengel der Böse irgendwann im 13. Jahrhundert den unheimlichen Kessel vergraben hat. Und indem man ihn wieder ausgräbt. Wenn man denn an all das glauben will.«
    »Bei all dem Merkwürdigen, was in unserer Familie geschieht, sollte man wohl daran glauben, so grotesk es sich auch anhört«, erwiderte Liv. Aber wie sollte man einen solchen Ort finden können? Er kann überall in Norwegen sein.«
    Sie gingen weiter. Es kam Liv nicht in den Sinn, daß sie ja einmal, vor mehr als einem Vierteljahrhundert, die Antwort in den Händen gehalten - und sie in eine eiserne Kiste auf dem Dachboden gelegt hatte.
    Kolgrim hatte die Kiste gefunden und alles begriffen. Tarjei hatte es auch begriffen. Aber sie waren beide tot. Und Liv hatte vergessen, daß sie das Tagebuch ihrer Mutter in die Kiste gelegt hatte, das schöne, hübsch bemalte Tagebuch, das der Maler Benedikt Silje geschenkt hatte. In dem sie ausführlich über das Leben im Tal des Eisvolks berichtete. In das sie eine Karte des Tals gezeichnet hatte - und eine Karte des Weges dorthin. Und Silje hatte ebenso präzise wie nichtsahnend die Stelle beschrieben, wo Sol einen »gefährlichen Mann« gesehen hatte. Aber Tarjei hatte die Karte mit dem Weg zum Tal nicht gesehen, denn die Reste des Kuchens, den Kolgrim bei seiner Lektüre aß, hatten die Seite verklebt… Und inzwischen war die Kiste durch einen Tritt unter einen mächtigen Schrank gerutscht.
    »Der Krieg ist endlich vorbei«, sagte Are. »Dreißig Jahre hat er gedauert. Und zu welchem Zweck? Tausende von Menschen sind tot - zehntausende Behausungen zerstört. Irgendein kleiner Herrscher hat sich vielleicht noch ein weiteres kleines Stück Land einverleibt. Aber auch er wird bald gestorben sein. Also zu welchem Zweck?« »Ja, das Christentum hat mit diesem Krieg nichts gewonnen. Im Gegenteil, die Spaltung ist größer als je zuvor, und viele haben ihren Glauben verloren«, sagte Liv nachdenklich. »Dieses Jahr, 1648, wird einmal ein Jahr sein, an das man sich erinnert, glaub mir! Der Friede mischt Grenzen und Reiche neu. Seine Majestät König Christian ist gestorben, und er hat wohl das Beste für seine beiden Reiche gewollt. Wir haben schlechtere Könige gehabt, vermutlich auch bessere. Will Andreas nicht bald heiraten?« fügte sie im selben Atemzug hinzu.
    Sie blieben stehen und sahen zu dem jungen Mann hinüber, der auf einem Acker in einiger Entfernung arbeitete. »Er muß wohl erst einmal eine Frau finden«, lächelte Are. »Und dein Mattias ist ja bedeutend älter. Ob er wohl ewig ein Junggeselle bleiben wird?« »Das wäre schade«, sagte Liv.
    Aber es sollte noch viel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher