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Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Titel: Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe
Autoren: Margit Sandemo
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mit dem Schlitten alle Häuslerhöfe rund um Grästensholm mit Weihnachtsgeschenken. Überall wurden sie auf ein Glas Branntwein oder Punsch hereingebeten, und obwohl Gabriella nur zaghaft daran nippte, wurde ihr langsam schwindelig im Kopf. Alle waren so freundlich, es war Weihnachten, und sie selbst war so glücklich wie nie zuvor in ihrem Leben. Frei! Frei und geliebt!
    Konnte die Welt etwas Schöneres bereithalten? Das sollte sie sehr bald erfahren!
    Auf dem Heimweg saß sie behaglich und sorglos an Kaleb gekuschelt unter der Felldecke. Beide sagten nichts, sie waren einfach nur strahlend glücklich.
    Kaleb hatte deutlich mehr von den starken Getränken genossen als sie. Und als sie nach dem letzten Häuslerhof durch den Wald fuhren, kroch seine Hand reichlich tief ihren Leib hinunter. Gabriella räkelte sich träge und schmiegte sich noch enger an ihn.
    Er ließ das Pferd anhalten. Die Dämmerung senkte sich herab, und außer ihnen war niemand an diesem Weihnachtsabend in der freien Natur unterwegs.
    Kaleb zog die hochwohlgeborene Markgräfin an sich und vergrub sein Gesicht an ihrem Hals. Sie gab einen kleinen Seufzer des Wohlbehagens von sich, endlich befreit von all den Hemmungen, die ihre jugendliche Selbstkritik ihr auferlegt hatte. Ihre Hände versenkten sich leidenschaftlich in seinem Haarschopf.
    Ganz von allein hatten ihre Lippen sich gefunden. Gabriella, die noch nie zuvor geküßt worden war, und gewiß nicht auf diese Weise, glaubte, auf wunderbar warmen Wellen zu segeln. Sie erwiderte seine Küsse mit der ganzen vorbehaltlosen Offenheit, die ein leichter Rausch verleiht, und protestierte auch nicht, als Kalebs Hände sich weiter vortasteten, ganz im Gegenteil. Er war es, der als erster aufhörte.
    »Wir müssen weiter«, keuchte er atemlos. »Bevor ich etwas Unverzeihliches tue.«
    Gabriella setzte sich auf und richtete ihre Kleidung. »Himmel, ja!«
    Sie wurde schlagartig nüchtern. Lieber Gott, war es so leicht, einer Versuchung zu erliegen? Und so schwer, ihr zu widerstehen? Wäre Kaleb nicht beizeiten zur Besinnung gekommen, hätte sie all ihre Prinzipien über Keuschheit und Tugend über Bord geworfen und die Ermahnungen ihrer lieben Frau Mutter wären vollkommen vergebens gewesen.
    Gabriella hatte keine Ahnung gehabt, daß sie im Besitz so starker natürlicher Triebe war.
    »Und ich habe mich nicht im mindesten gewehrt!« sagte sie leise und beklommen.
    Kaleb konnte ohne weiteres erraten, welche Gedanken sie zu diesem offenherzigen Bekenntnis verleitet hatten. Er legte eine Hand über die ihre.
    »Auch ich hätte beinahe alle Selbstkontrolle vergessen. Du bist ungeheuer anziehend, Gabriella, weißt du das?« Sie lachte schüchtern. »Du auch«, flüsterte sie und umklammerte seine Hand, als wollte sie sie nie mehr loslassen. Sie akzeptierte es als ganz selbstverständlich, daß Kaleb sie jetzt duzte. Alles andere wäre absurd gewesen - schließlich hatten seine Hände schon den größten Teil ihres Körpers erforscht.
    Der Schlitten glitt durch die herabsinkende Weihnachtsnacht.
    »Morgen hat Mattias Geburtstag«, sagte Gabriella. »Ja. Er ist ein feiner Kerl, der Mattias. Mein allerbester Freund. Seltsam, wie Not und Unglück Menschen zusammenschweißen können. Seit der schrecklichen Zeit in der Grube gibt es ein unsichtbares Band zwischen Mattias und mir, geknüpft aus den gemeinsamen Schwierigkeiten, die wir durchlebt haben.«
    »Das kann ich gut verstehen«, sagte Gabriella still. Kaleb schwieg eine Weile, dann sagte er: »Dieser Simon ist wirklich ein gutaussehender Mann. Warst du in ihn verliebt?«
    »Darauf kann ich aufrichtig antworten: nein«, sagte Gabriella. »Ich war damals ganz benommen von dem Gedanken, daß ein Mann wie Simon mich haben wollte. Ich war ängstlich und aufgeregt zugleich, ich konnte nicht glauben, daß ich fähig wäre, eine Ehe zu führen, und ich hatte nicht die mindeste Ahnung, was Liebe ist. Ich wußte nicht einmal, daß es solche Gefühle gibt.« »Was für Gefühle?«
    »Wie unse… wie meine, wollte ich sagen. Für dich.« »Warum nicht: Wie unsere?« Sie antwortete nicht.
    »Wagst du immer noch nicht, zu glauben, daß es jemanden gibt, der dich liebt?«
    »Es erscheint mir so anmaßend. So eingebildet.« Kaleb schwieg eine Weile. »Hättest du es gern, wenn ich an deinen Gefühlen zweifelte?«
    »Nein«, sagte sie leise. »Verzeih mir.«
    Und dann, noch leiser: »Ich liebe dich so über alle Maßen, Kaleb. Es ist so überwältigend!«
    »Sag es lauter!«
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