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Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Titel: Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe
Autoren: Margit Sandemo
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lassen, häh? Nee, nee, besten Dank auch! Jedenfalls nicht von der da«, keifte sie und zeigte auf Gabriella. »Die ist ja sowas von häßlich und klapperdürr und langweilig, die nimmt sich doch gleich ›nen Strick, wenn die sieht, wie ein richtiges Frauenzimmer auszusehen hat! Ich will nicht schuld sein, wenn die sich umbringt, damit ihr's nur wißt!
    Und anfassen soll sie mich mit ihren Skelettfingern auch nicht! Igitt!«
    Das Weinen, das Gabriella so viele Wochen lang zurückgehalten hatte, würgte sie im Hals. Sie hörte Kalebs beißendes »War das jetzt nötig, du boshaftes kleines Biest?«, als sie aus der Waschküche stürzte und auf ihr Zimmer lief. Dort verbarg sie sich hinter der Tür, lehnte sich an die Wand und kämpfte gegen das Schluchzen. Alle sagen es, dachte sie. Häßlich und mager und langweilig. Kein Wunder, daß Simon mich verlassen hat! Aber gerade jetzt wollte ich das nicht hören. Nicht jetzt, wo ich einen kleinen Moment voller Glück erlebte. Sie spürte zwei freundlich Hände um ihre Schulter. »Markgräfin Gabriella… «
    Kalebs Stimme war so zärtlich, so weich. Da war es ja ganz unmöglich, die Tränen zurückzuhalten!
    »Ich glaube, es ist höchste Zeit, daß Ihr Euren Tränen freien Lauf laßt. Das habt Ihr bisher nicht getan, nicht wahr? Das ist auf die Dauer ungesund.« Sie schluckte und schluckte.
    »Begreift Ihr nicht, daß Oline nur eifersüchtig ist? Ihr wohnt hier unter einem Dach mit so vielen jungen Männern. Oline hat eine so verquere Vorstellung vom Leben, daß sie sicher dachte, wir alle wären Eure Liebhaber.« Gabriella mußte lachen. Ein kleines, merkwürdiges, erregendes Gefühl entzündete sich in ihr bei dem Gedanken an Kaleb… Nein, liebe Güte, woran dachte sie nur?
    Aber seine Worte hatten auch noch eine andere Wirkung. Sie gab den Kampf auf, lehnte sich an seine Schulter und ließ die bitteren Tränen strömen, die sie so lange verdrängt hatte.
    Kaleb war viel verständnisvoller, als sie geglaubt hatte. Während sie in der Ferne das erschütternde Gebrüll von Oline hörten, die nun offenbar im Badezuber gelandet war, flüsterte er ihr sachte ins Ohr:
    »Liebe kleine Markgräfin! Ihr kommt aus einer anderen Welt als ich, aber ich kann mir nicht helfen: Ich finde, Ihr seid das feinste und hübscheste Geschöpf auf Gottes Erde. Verzeiht mir, daß ich mich erdreiste, Euch das zu sagen!«
    Unter Weinen und Lachen sagte Gabriella: »Sagt mir mehr solche Sachen, Kaleb. Ich kann gar nicht genug davon hören. Gerade jetzt habe ich diese Worte so gebraucht.«
    Sie hörte auf zu weinen und versuchte, zu ihm aufzusehen, aber in der Dunkelheit konnte sie nichts erkennen. »Und dabei war ich so unglücklich, weil Ihr mich nicht mochtet!«
    »Dieselben unglücklichen Gedanken hatte ich, was Euch betraf, Markgräfin. Fühlt Ihr Euch jetzt besser?« »Ja, danke, viel besser. Es war gut, ein wenig weinen zu können. Und so freundliche Worte zu hören.« »Ihr habt wohl bisher nicht sehr viel Freundliches von mir zu hören bekommen, fürchte ich. Ich schäme mich aufrichtig darüber, daß ich so grob gewesen bin, und ich kann es nicht anders erklären, als daß ich mich gegen meine eigene unbescheidene Zuneigung zu Euch wehren wollte. Ich habe mit aller Kraft dagegen angekämpft und versucht, tausend Fehler bei Euch zu finden. Ich wollte einfach glauben, daß Ihr hochmütig und eingebildet wärt.
    Und das seid Ihr ja nun wirklich nicht! Verzeiht mir, wenn Ihr könnt!«
    Gabriella nickte heftig mit gesenktem Kopf.
    »Gut«, sagte er. »Sollen wir hinunter gehen und helfen? Da nun unflätige Beschimpfungen das Geschrei abgelöst haben, können wir wohl davon ausgehen, daß Oline inzwischen saubergeschrubbt ist?«
    »Ja«, lächelte sie und löste sich widerwillig aus seiner behaglichen Nähe. »Kaleb, wie sollen wir nur mit ihr fertigwerden?«
    »Sie ist ein schwieriger Fall. Aber Eure Großmutter war ganz optimistisch. Laßt uns die Probleme eins nach dem anderen angehen, so wie sie kommen.«
    Gabriella seufzte. »Ich fürchte, sie werden alle auf einmal über uns hereinbrechen.«
    Wie herrlich, wie unendlich herrlich es war, Probleme mit Kaleb besprechen zu können und zu wissen, daß er ihr Freund war, daß sie einander verstanden!
    Wenn sie bisher auch viel Arbeit mit den Kindern gehabt hatten, bekamen sie nun doppelt so viel Mühe mit Oline. Unaufhörlich schockierte das Mädchen sie mit ihren groben Ausdrücken, mit ihren schamlosen Angriffen auf die Männer und mit all
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