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TS 89: Phantom-City

TS 89: Phantom-City

Titel: TS 89: Phantom-City
Autoren: Alan E. Nourse
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Prolog
     
    AD ASTRA stand auf der Bronzetafel.
    Die schwere Metallplatte funkelte im Licht der Nachmittagssonne. Sie war mit kräftigen Messingbolzen an dem Sockel des Abschußgerüsts befestigt. Wie eine silberne Nadel stach das Sternenschiff in die Höhe, begierig, die Bande der Erde zu zerreißen und hinaus zu den Sternen zu fliegen.
    Zu den Sternen.
    Man hatte dem Schiff den Namen Argonaut gegeben, in Erinnerung jenes legendären Schiffs und seiner Mannschaft, das vor so vielen Jahrhunderten die Reise über unbekannte Meere angetreten hatte. Es hatte Jahre gedauert, die Argonaut für jene epochemachende Reise vorzubereiten, die ihr jetzt bevorstand. Die besten Ingenieure der Erde hatten sie konstruiert. Ihre massiven Motoren waren immer wieder überprüft worden, und noch nie zuvor war ein Motor nach so feinen Toleranzen gebaut worden.
    Und das mußte auch so sein, denn diese Motoren durften nicht versagen.
    Der Name des Schiffs war in die Bronzeplatte eingegraben und ebenso die Namen der Männer und Frauen ihrer Mannschaft. Darunter stand das Datum:
    Start: 3. März 2008.
    Rückkehr:
     
    *
     
    Niemand wußte, wann die Argonaut zurückkehren würde – falls sie überhaupt je zurückkam. Es hatte noch nie ein solches Schiff gegeben. Das war kein schwerfälliges Kreisbahnschiff, das Kolonisten und Bergleute zu den Außenstationen auf Mars und Venus brachte. Die Argonaut war ein Sternenschiff – und ihre Aufgabe war es, ihre Mannschaft über den schwarzen Abgrund des Weltalls zwischen den Sternen zu tragen.
    Ihr Ziel war Alpha Centauri; und es mochte Jahrhunderte dauern, bis ihre Reise beendet war.
    Kein Angehöriger der Mannschaft, die das Schiff starteten, würde bis zur Landung am Bestimmungsort leben – das wußten alle. Aber vielleicht ihre Kinder oder die Kinder ihrer Kinder würden einst das Schiff auf die lange Reise heimwärts senden.
     
    *
     
    Hoch oben am Rumpf schloß sich langsam eine Druckschleuse, und die silberne Haut des Schiffes wurde glatt, als hätte es dort nie eine Öffnung gegeben.
    Rings um das Schiff, in sicherer Entfernung, so daß die heißen Auspuffgase ihnen keinen Schaden zufügen konnte, drängten sich die Menschenmassen, begierig, einen letzten Blick auf jenes Pionierschiff zu werfen, das das Erbe der Menschheit zu den Sternen tragen wollte.
    Eine junge Frau von vielleicht zwanzig Jahren stand in der Menge und sah das Schiff mit traurigen Augen. Ihr Mann legte den Arm um die Schultern und zog sie an sich.
    „Wie geht’s dir denn?“ fragte er.
    Sie schauderte. „Ich habe Angst.“
    „Ich auch. Alle haben irgendwie Angst. Das – das ist so großartig und doch so beängstigend und gleichzeitig wunderbar – verstehst du mich?“
    Sie nickte und preßte sich an ihn. Ihr Vater war der Erste Offizier der Argonaut. Sie wußte, daß sie ihn nie mehr sehen würde, und sie wußte auch, daß er nie mehr den Fuß auf festes Land setzen würde. Dazu würde die Reise zu lange dauern. Sein Leben war jetzt das Schiff, und das Schiff war sein Leben und seine Verantwortung. Das Schiff und die Kinder, die darauf zur Welt kommen würden.
    „John, ich wünschte, wir könnten mitfliegen.“
    Er tätschelte ihre Schulter. „Ich weiß. Mir geht es genauso. Aber unsere Arbeit ist hier.“
    „Hundert Jahre, vielleicht zweihundert! Wie kann man nur hoffen, das zu schaffen?“
    Er sah zu, wie die Bodenmannschaft die Rampe herunter eilte und spürte, wie sich ein erwartungsvolles Schweigen über die Menge legte. „Ich weiß nicht, aber sie werden es schaffen“, sagte er entschlossen. „Ganz bestimmt.“
    Die Sekunden strichen dahin und dann begannen die Motoren ihr brüllendes Lied. Weiße Flammen leckten aus der Heckdüse des Schiffs, und das Echo dröhnte durch das Tal. Und dann hob die Argonaut sich. Zuerst langsam, dann immer schneller, schneller, höher und noch höher. Eine pilzartige Wolke stand hinter ihr, und dann brach eine Feuerzunge daraus hervor. Aus dem Dröhnen wurde ein schrilles Pfeifen, und dann jagte das Schiff in den Himmel. Die Augen der Erde folgten ihr in den Himmel. Alles hatte den Atem angehalten, wartete –
    – dann war das Schiff verschwunden. Ein Aufseufzen der Erleichterung ging durch die Menschenmenge, und sie wandten die Augen vom Himmel. Langsam löste die Menge sich auf, und zurück blieb nur der Granitsockel des Startgerüsts mit der Bronzeplatte und wartete darauf, das Schiff wieder aufzunehmen, wenn es zurückkehrte. Wann? Niemand wußte es. Niemand
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