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Die Saat der Finsternis (German Edition)

Die Saat der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Saat der Finsternis (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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das metallisches Hämmern aus einer nah gelegenen Schmiede, der Wind, der durch Bäume strich, gackernde Hühner … Alles nahm er wahr, um die Hand ausblenden zu können, die nach wie vor um sein Geschlecht geschlossen war, ihn hart durch den Stoff der Hose rieb.
    Pocil verstärkte den Druck, bis Lys vor Schmerz leise stöhnte; dann gab er ihn lachend frei.
    „Na, mir soll’s egal sein. Du kommst in die Mine, bist kräftig und gesund genug. Hoy, Alsa! Zeig dem Jungen hier die richtige Hütte, der gehört jetzt zu Arkins Leuten. Und Mattin, komm her, für dich ist auch ein Brief gekommen. Wusste gar nicht, dass du lesen kannst!“ Pocil winkte ein kleines Mädchen in einem zerrissenen, schmutzigen Kleid heran, das vor einer der Hütten saß und einen Korb flocht. Sie ließ die Arbeit sofort fallen und eilte mit gesenktem Kopf heran. Lys folgte ihr stumm.
    Das hätte er mir selbst zeigen können. Der Korb ist verdorben, sie muss neu anfangen ..., dachte er. Aber was nutzte es schon, sich über jene zu erregen, die man zu Herren ernannt hatte? Er sollte also wirklich in der Erzmine arbeiten. Dort würde er vermutlich nicht lange überleben, und das war gut so. Lys wusste, er hatte nicht mehr die Kraft, noch länger zu kämpfen. Fluchtwege zu suchen, weiter nach Kirian zu forschen in diesem Land, in dem er durch das Brandzeichen immer als Sklave erkannt werden würde. Kumiens Land …
    Alsa lief vor zu einer Hütte, die sich durch nichts von den anderen unterschied und bedeutete ihm scheu mit einer Geste, vor der Tür zu warten, während sie selbst im Inneren verschwand. Nur einen Moment später kam sie wieder heraus gerannt und drückte sich an Lys vorbei, sicherlich, um zurück zu ihrem Flechtwerk zu gelangen. Eine Frau erschien aus dem Dämmerlicht der Baracke. Sie musterte ihn kaum weniger abschätzend als der Sklavenaufseher zuvor. Sie war klein und hager, in ihren zu einem Zopf geflochtenen dunklen Haaren bezeugten zahlreiche graue Strähnen ihre Jahre. Auch ihr faltiges, von Kummer und Entbehrung gezeichnetes Gesicht sprach davon, wie alt sie schon sein musste. Ihre dunklen Augen hingegen schienen einer jungen Frau zu gehören, die lediglich von zu viel Leid und Arbeit vor ihrer Zeit verblühte. Sie musterte ihn intensiv und schien nicht zufrieden mit dem, was sie sah, nickte ihm aber zu.
    „Mein Name ist Irla. Tritt ein, such dir eine Ecke, in der du niemanden störst. Ich werde mich später um dich kümmern.“
    Wie betäubt folgte Lys ihr in die Hütte hinein, wo ihn eine Geruchsmischung aus Rauch und Kohleintopf empfing. Er erblickte eine Reihe von Frauen und Kindern, die auf festgestampftem Lehmboden hockten und mit verschiedenen Arbeiten beschäftigt waren. Eine weitere Tür befand sich ihm gegenüber, sie führte wohl zu der Latrine, die Lys von außen gesehen hatte. In der Mitte, nahe beim Kochfeuer, lag ein Mann mit schmerzverzerrtem Gesicht. Irla kniete neben ihm und sprach auf ihn ein, während sie einen Verband um seinen Ellenbogen anlegte.
    Mit gerunzelter Stirn blieb Lys stehen und zögerte. Irla hatte ihm befohlen, sie nicht zu stören. Er wusste allerdings, dass der Mann dort keinen Verband brauchte, erkannte es an der Art, wie er den Arm hielt – das Ellenbogengelenk war ausgekugelt. Sehr schmerzhaft, doch leicht zu heilen, wenn man wusste, wie. Ließ man den Arm allerdings so, wie er war, würde es nur schlimmer werden, vielleicht konnte der Mann ihn am Ende gar nicht mehr bewegen. Ob man wohl verkrüppelte Sklaven tötete?
    Eigentlich wollte er sich nicht darum kümmern, was ging es ihn an? Er war erschöpft, hatte Schmerzen, und man hatte ihm verboten, sich einzumischen. Dieser Drang, sich ständig einmischen zu müssen, hatte ihn genau in diese Lage hier gebracht … Trotzdem hockte er sich neben Irla nieder.
    „Ich kann ihm helfen“, sagte er leise.
    Sie betrachtete ihn missbilligend, protestierte aber nicht, als Lys den Verband einfach abnahm, vorsichtig den verletzten Arm des Mannes ergriff und aufstand.
    „Nicht dagegenhalten!“, befahl Lys. Eine der älteren Frauen erkannte, was er vorhatte, packte den Mann beim Oberarm und nickte Lys zu. Ein energischer Ruck – der Verletzte schrie kurz auf – dann war der Arm bereits gerichtet. Verblüfft starrte der Mann ihn an.
    „Das … das war alles?“, murmelte er und bewegte zögerlich die Hand.
    „Der Arm muss noch geschont werden!“, bestimmte Irla und legte ihm mit schnellen Bewegungen eine Schlinge an. Lys verzog sich derweil
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