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Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Titel: Die Rückkehr der Karavellen - Roman
Autoren: Luchterhand
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mit kleinen roten Kernen, was würde der Infant darüber denken, wenn er noch dort in der Schule von Sagres lebte, wo er Landkarten entfaltete und von den zum Meer gehenden Fenstern aus die Sterne befragte, während seine Kapitäne am Strand von Albufeira Däninnen verfolgten, und Gil Eanes sich in
Lagos tropfend wie ein erschöpfter Bräutigam mit einem Strauß welker Blumen präsentierte. Er sagte, Überhaupt keine, und dachte, Natürlich nicht, denn in achtzehn Jahren Afrika habe ich keinen einzigen Brief, keine einzige Postkarte, keinen einzigen Schinken, kein einziges Foto erhalten. Ich möchte fast wetten, daß sie alle seit Jahrhunderten tot sind, unter den Fliesen der Kirchen begraben mit einem von den Schuhsohlen der Novizinnen gelöschten Namen auf Latein, in den perlfarbenen Stoff der Särge gebettet, mit karierten Joppen bekleidet, mit lila Umschlagtüchern, gefalteten Händen und spitzen Kinnladen wie die in den Krypten der Kapellen liegenden Statuen. Meine Verwandten mit festgezurrtem Kinn und Silbermünzen auf den Augenhöhlen, die mich strafend ansehen, Das ist der, der nach Loanda gegangen ist, um mitten unter den Negern zu leben, anstatt einen Tabakladen in Venezuela oder ein Transportunternehmen in Deutschland zu betreiben, das ist der, der einen Fleischerladen in einem der Armenviertel aufgemacht hatte, den Kaffern Koteletts verkaufte, einer Mulattin ein Kind gemacht hat, eine Fertigbauhütte im Cucaviertel bewohnte und weder eine Kutsche noch eine Prahm besaß, sonntags hing er im Wohnzimmer herum, hörte sich, mit einer kurzen Hose bekleidet, Fußballspiele an und aß diesen Mist aus den Eingeborenendörfern, der Siegelbewahrer machte eifrig krakelige Anmerkungen vor meinem Namen und schüttelte dabei seine kundigen Ohren, als teilte er die Verachtung oder die Enttäuschung meiner Verwandten, und der ihm ministrierende Diakon mit einem Haarkranz und den Wangen eines Heiligen Antonius auf einem Fliesenbild ließ nicht locker, Keine Verwandten, kein Schwager, kein
entfernter Verwandter?, während er beim Ausfüllen von Formularen Zahlen auf einem Taschenrechner multiplizierte, mir ein Papier hinhielt, das ich unterschreiben sollte, Hier, einen Tropfen Siegellack unten auf die Seite goß und sie dem anderen gab, damit dieser seinen Wappenring in den rauchenden Blutfleck drückte. Die Mulattin, die, bevor sie mit mir zusammenzog, in einem Restaurant auf der Insel gearbeitet hatte, trug Plastiksandalen und ein um die Stirn gewickeltes Kopftuch und war in ein Plakat für fernöstliche Urlaube versunken, das ein sich bei einem Humpen Bier vor einem Meeressonnenuntergang räkelndes Paar mit Girlanden um den Hals zeigte. Es gibt niemanden, sagte ich, nur das Mobiliar des Zimmers, das mit der nächsten Galeone kommen müßte, sofern sie angesichts dieser Geschichte von Räuberei, Demokratie und Sozialismus im Hafen nicht umgeleitet wurde, und ich war stolz auf die beiden Nachttische mit Porzellangriffen, die dreitürige Kredenz für Flaschen, Kristall- und Wasser- und Weingläser, ganz zu schweigen von der Wäschekommode mit der prächtigen Marmorplatte, auf der zarte, wie auf den Augenlidern der Kinder sich verzweigende Adern eingraviert waren, während mir der Siegelbewahrer, als handelte es sich um ein Diplom mit der Erwähnung besonderer Verdienste, eine unleserliche Mitteilung überreichte, Sie haben acht Tage, um in dieser Abteilung wieder zu erscheinen, nun sehen Sie mal zu. Hinter mir protestierte ein Plebejer mit Krücken gegen die Langsamkeit der Bürokratie, Sobald ich hier raus bin, werde ich mich bei den Zeitungen beschweren, und ich hörte ihn nicht weiter, weil ich mich wieder an Coruche und an die Patentante meines Vaters erinnerte, wie sie, den Korb
mit den Wäscheklammern in der Hand, durch die Weinranken der Pergola nur unscharf zu erkennen, zum Haus humpelte. Was Essen und Trinken betrifft, erklärte der Siegelbewahrer, der die Krücken nicht wahrnahm und der die Mulattin oder den Jungen, der sich mir mit offenem Mund in einer Spirale der Angst um meine Beine wickelte, weder ansah, noch sich um sie kümmerte, Wir haben für Sie einen Platz in der Pension Apóstolo das Índias, Largo de Santa Bárbara gefunden, fragen Sie dort nach Senhor Francisco Xavier, der Nächste, bitte. Ein dicker, schüchterner Rotblonder versetzte mir, Empfehlungen stotternd, einen Stoß mit dem Ellenbogen, um sich dem Schreibtisch zu nähern, und wir waren allein und in einer Stadt ausgesetzt, die ich kannte,
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