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Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Titel: Die Rückkehr der Karavellen - Roman
Autoren: Luchterhand
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ohne sie zu kennen, und die nach dem süßen Fleisch von Wildschweinen roch, die die Jäger im Sommer über die Plätze und durch die Gassen von Linda-a-Velha oder von Bucelas hetzten, während holländische Geschäftsleute und Kapitäne der Meere von Malakka in den Flughafentaxis in Richtung Stadtzentrum und zum Ebbegestank ihrer Gassen entschwanden, und wir drei warteten dort draußen auf dem Bürgersteig in der Sonnenglut auf die Tische, die aus Angola kommen sollten, als würden die Karavellen durch die Avenidas segeln, um vor uns eine Kiste abzusetzen, die schimmlig vom Seetang der Untiefen, zerstört von den Kiefern der Wellen, den Gegenströmungen und Messerschneiden der Riffe, mit Bärten aus Miesmuscheln und ozeanischen Austern versehen war und in der sich nur noch der Rest einer Matratze und ein Türgriff befanden.

E s war einmal ein Mann namens Luís, dem das linke Auge fehlte und der mindestens drei oder vier Wochen auf dem Kai von Alcântara auf dem Sarg seines Vaters sitzend darauf wartete, daß das nächste Schiff sein Gepäck brachte. Er hatte den Schauerleuten, einem betrunkenen portugiesischen Feldwebel und den Angestellten der Zollbehörde die Eigentumsurkunde für sein Haus und alles Geld gegeben, was er besaß, hatte gesehen, wie sie den Kühlschrank, den Herd und den alten Chevrolet an Bord einer Karavelle hievten, die zum Auslaufen bereit war, doch er lehnte es strikt ab, trotz der Befehle eines korpulenten Majors (Glauben Sie bloß nicht, daß sie dieses Dings da mitnehmen werden), sich von einem Sarg zu trennen, einer Totenlade mit ziselierten Griffen und einem Kruzifix auf dem Deckel, die vor dem verblüfften Kapitän über das Oberdeck geschleift wurde, der den Nonius vergessen hatte und gerade den von Berechnungen schwindligen Kopf hob, um sie in dem Augenblick anzusehen, als der Mann namens Luís unter Deck verschwand und den Toten unter der Koje verstaute wie die anderen Passagiere ihre Körbe und Koffer. Nachdem er sich auf der Überdecke ausgestreckt hatte, legte er den Nacken in die Handflächen und vergnügte sich damit, von den nächtlichen
Armen mannstoller schwarzer Frauen träumend, die Häkelarbeit der Spinnen und die Brunft der Ratten auf den mit Krebsen und Elefantenbeinmuscheln bedeckten Deckenbalken zu studieren. Beim zweiten Mittagessen lernte er einen Rentner kennen, dessen Liebe dem Bisca- und Suecaspiel galt, und einen einarmigen Spanier, der Losverkäufer in Moçambique gewesen war und Don Miguel de Cervantes Saavedra hieß, einen ehemaligen Soldat, der auf losen Notizbuchblättern und verschmähtem Papier ununterbrochen an einem Roman schrieb, der, was nicht zu verstehen war, den Titel Quichotte trug, wo doch jedes Kind weiß, daß Quichotte ein Name für Springpferde ist, und am späten Nachmittag zogen sie den Sarg hervor und knallten abgeleckte Trümpfe auf den gelackten Deckel, wobei sie allerdings vermieden, das Kruzifix zu berühren, weil das Unglück beim Stich bringt und die Spielkarten verändert, und immer die Schnallenschuhe anhoben, wenn das Schaukeln des Schiffes das Erbrochene ihrer Nachbarn in ihre Richtung schwappen ließ, das eine Handbreit Höhe erreichte und sie zwang, sich, die Strümpfe durchweicht, an den Griffen festzuklammern, damit der Leichnam ihnen nicht entwischte und Buben und Asse der entscheidenden Partie abtrieben und in einer Suppe hinweggetragen wurden, in der Hummer schwammen.
    Der Mann namens Luís hatte mit seinem Vater in Cazenga gewohnt, als eine Patrouille auf den Alten schoß, weshalb er, sobald ihn dessen Dominofreunde in Bettlakenfetzen gewickelt, aus denen eine Strähne rotblondes Haar hervorschaute, zu ihm gebracht, auf dem Abendbrottischtuch neben das Besteck und die Teller gelegt hatten und,
über eine Doppelsechs streitend, wieder davongingen, die Gasse zum Beerdigungsunternehmen hinunterstieg, das eine Granate zerfetzt hatte, durch die zersplitterten Schaufensterscheiben eintrat, sich einen Sarg unter den vielen aussuchte, die im Laden übrig waren, da die Leichen auf den Plätzen und auf den Straßen verwesten, ohne daß sich jemand um sie scherte, bis auf die streunenden Hunde und die Lumpendiebe. Er kippte den Verstorbenen dort hinein, vergaß, ihn vom Bettuch zu befreien, ihn zu küssen, ihm den Hochzeitsanzug anzuziehen oder ihm die Nägel zu schneiden, zog die Schrauben des Sarges an und packte ihn gleich am nächsten Morgen zusammen mit einmal Wäsche zum Wechseln und einem Topf Kartoffeln auf die Handkarre und
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