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Die Risikoluege

Die Risikoluege

Titel: Die Risikoluege
Autoren: Klaus Heilmann
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finanziellen Einbruch geklagt wird und Firmenverlegungen und Personalentlassungen angekündigt werden.
    Die Unternehmensberatung Arthur D. Little kommt in einer Studie je nach Größe des Atomkraftwerks auf Rückbaukosten von 670 Millionen bis 1,2 Milliarden Euro je Anlage. Für alle deutschen Kernkraftwerke bedeutet das mindestens 18 Milliarden Euro. Und die Kosten für den Nachbetrieb werden auf 150 bis 250 Millionen Euro pro Reaktor geschätzt.
    »Die Deutschen werden ihr Land kaum wiedererkennen«, sagt Stefan Dietrich in der Frankfurter Allgemeine, »wenn das mittlerweile von allen Parteien verfolgte Ziel, in 40 Jahren ohne fossile und nukleare Energie auszukommen, verwirklicht wird: Windfarmen, Solardächer, Bioreaktoren, Stromtrassen, Speicherkraftwerke und Energiepflanzen werden weite Land- und Seegebiete in Energiefabriken verwandeln.... Natur- und Denkmalschutz müssen zurücktreten, Einspruchs- und Mitwirkungsrechte
werden mit finanziellen Entschädigungen abgegolten. Freie Bahn für alternative Energien! Sieht so das Sehnsuchtsziel der großen Mehrheit aus, die für diesen Umbau ist?« So, zumindest ist uns das Ziel nie beschrieben worden. Und es hat uns auch niemand gefragt, ob wir es so haben wollen.
    Der Ausstieg aus der Kernenergie ist aber nicht nur ein deutsches Problem. Unser Land ist keine fernab gelegene Insel, sondern befindet sich im Herzen des europäischen Kontinents. Als großer Energieproduzent wirkt Deutschland wie ein Puffer für ganz Europa. Wenn in Zukunft die Stromnetze große Schwankungen aushalten müssen, weil Kernkraftwerke abgeschaltet sind und der Ökostrom den Bedarf nicht deckt, dann wirkt sich das auch auf die Nachbarländer aus.
    »Wie ein Land seinen Strom herstellt«, sagt Jeanne Rubner in einem Kommentar in der Süddeutsche Zeitung, »ist zwar seine Sache, der heimische Energiemix bleibt auch weiterhin nationale Angelegenheit. Bei der Energiesicherheit aber hat Brüssel durchaus mitzureden, übrigens auch bei den Klimazielen, die Europa sich gemeinsam gesetzt hat. Falls Deutschland jetzt die abgeklemmten Kernkraftwerke durch neue Kohlemeiler ersetzen wird, dann dürfte der Ausstoß an Kohlendioxid kräftig steigen und die europäische Bilanz an Treibhausgasen gehörig belasten.« Die deutsche Energiepolitik geht also ganz Europa etwas an.
    Wenn die Majorität im Land den Ausstieg aus der Kernenergie befürwortet, so deshalb, weil ihre Nutzung für zu riskant erachtet wird. Gut. Dann muss man der Bevölkerung aber eigentlich auch sagen, dass man damit einen Weg bekannter Gefahren verlässt, und sich auf einen Weg vieler unbekannter Risiken begibt. Das aber geschieht nicht.

    Auskünfte über all das, was in der Zukunft möglicherweise auf uns zukommen wird, sollten wir deshalb von unserer Regierung und ihren wissenschaftlichen Beratern sowie den Energieunternehmen hartnäckig verlangen. Dabei sollten wir darauf achten, ob es sich bei dem, was uns vorausgesagt wird, um Prognosen oder Visionen handelt. Mit Prognosen liegen die Experten meist daneben, Visionen aber werden manchmal wahr — zu unserem Glück nicht alle.

15
Nachdenken hat noch nie geschadet
    Fragen an uns alle
    Brauchen Wissenschaft und Technik eine neue Ethik?
    Naturwissenschaftler und Techniker betonen gern, Wissenschaft und Technik seien neutral, was stimmt. Sie vergessen dabei nur, dass es ihre Wirkungen auf die Gesellschaft nicht sind.
    Früher konnte sich der Wissenschaftler noch als reiner Forscher sehen, ohne sich um die Anwendungen seiner Forschungsergebnisse groß kümmern zu müssen. Diese Zeiten sind längst vorbei, heute ist seine Arbeit eng mit dem sozialen und politischen Leben verknüpft. Spätestens seit der Entdeckung der Kernspaltung muss der Wissenschaftler damit rechnen, dass sich seine Erkenntnisse in der technischen Anwendung nicht bloß zum Nutzen, sondern auch zum Schaden wandeln. Was nichts anderes bedeuten kann, als dass der Wissenschaftler Verantwortung für die Nutzung seiner Ergebnisse mitzutragen hat.
    Einer der ersten, der sich zu dieser Verantwortung bekannte, war der Physiker und langjährige Leiter der amerikanischen Atomforschung J. Robert Oppenheimer, der sich 1954 in Washington einem Prozess wegen Illoyalität
zum Staat unterziehen musste. Die Vereinigung amerikanischer Wissenschaftler verteidigte Oppenheimer seinerzeit mit dem Statement, dass er zu einem weltweiten Symbol für Wissenschaftler geworden sei, die zum Opfer einer Hexenjagd würden, obwohl sie nur versuchten,
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