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Die Risikoluege

Die Risikoluege

Titel: Die Risikoluege
Autoren: Klaus Heilmann
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lassen sollten, welche wissenschaftlich-technischen Entwicklungen uns am ehesten nützen oder Probleme hinterlassen werden, so müssen die Antworten auch mit dem Vorbehalt gemacht werden, dass die nachkommenden Generationen die Bedeutungsakzente vermutlich anders setzen.
    Dies soll nicht heißen, dass uns die heute erkannten und nicht änderbaren Probleme gleichgültig und ein Alibi für Willkür und Verantwortungslosigkeit gegenüber kommenden Generationen sein können. Aber es bezeichnet die Grenzen, innerhalb derer überhaupt vernünftig gedacht und gehandelt werden kann.
    Brauchen die Industrieunternehmen eine neue Moral?
    Allein die Frage schon mag manchem wie Hohn erscheinen. Ja, die brauchen sie, ganz sicher brauchen sie die, und zwar rasch, denn anders als mit dem Gespür für neue Trends und Märkte verhält es sich bei den meisten Unternehmen mit dem Gespür für gesellschaftliche Entwicklungen und politische Strömungen. Hier zeigen sich die Industrien bislang ausgesprochen unsensibel. Die Konjunktur, sagen sie sich, läuft auf Hochtouren, die Geschäfte blühen, die Bilanzen sprechen für sich, und die Kassen quellen über, warum also etwas ändern? Jedenfalls spricht angesichts der wirtschaftlichen Erfolge alles dafür, dass wirkliche Verhaltensänderungen gegenüber dem gesellschaftlichen Umfeld von den Unternehmen in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sind.
    Im Jahr 2002 wurde vom damaligen Kanzler Gerhard Schröder der Deutsche Corporate Governance Kodex ins Leben gerufen. Mit ihm sollten die in Deutschland geltenden Regeln für Unternehmensleitung und -überwachung transparent gemacht werden, um so das Vertrauen in die Unternehmensführung deutscher Gesellschaften zu stärken. »Leider steht es um diese Prinzipien nicht gut, das Ergebnis ist ernüchternd«, sagt Hans-Joachim Böcking, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Frankfurt. »Man muss sich fragen, ob wir den Kodex in dieser Form noch brauchen.«
    Es sollte sich also etwas ändern in den Unternehmen. Verantwortung gegenüber der Gesellschaft zu haben, ist moralisch gut, und sie zu zeigen, klug. Denn von ihr wird unternehmerische Handlungsfreiheit in Zukunft wesentlich abhängen.

    Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass unternehmerischer Erfolg, industrielle Glaubwürdigkeit und gesellschaftliche Akzeptanz in zunehmendem Maße von Aufrichtigkeit, praktizierter Solidarität und vor allem von der Bereitschaft zum Dialog abhängen. Die Gesellschaft darf der Wirtschaft, insbesondere den Konzernen der Großtechnik, in Zukunft ihre Freiheiten nur zugestehen, wenn sie glaubwürdig sind und zeigen können, dass sie die Gemeinschaft auch an ihren Erfolgen teilhaben lassen. Ein Industrieunternehmen darf heute nicht mehr unter rein ökonomischen Gesichtspunkten geführt werden, vielmehr muss es in die Kalkulation auch die Erwartungen mit einbeziehen, die seine Mitarbeiter und die Bürger an das Leben stellen, selbst wenn dies den eigenen Gewinn schmälert.
    Die Industrien sollten dem eingetretenen Autoritäts-und Glaubwürdigkeitsverlust weniger mit Taktik, als mit ihrer intellektuellen Kraft, ihren technologischen Fähigkeiten und technischen Möglichkeiten begegnen. Die Industrien haben es nicht nötig, Fehler zu leugnen und Probleme mit Scheinlösungen zu beantworten. In ihnen ist genug Wissen vorhanden, um Fehlentwicklungen auch in Fortschritt umzuwandeln.
    Der technische Fortschritt ist eine elementare Eigenschaft der Industrien, weswegen sie auch einen ganz wesentlichen Teil an Verantwortung für ihn zu tragen haben, und sich nicht auf eine rein defensive Beantwortung technischer Fragestellungen beschränken dürfen. Intensiver und früher als andere müssen sie sich mit den möglichen Auswirkungen der von ihnen ausgelösten Prozesse auf die Gesellschaft befassen. Diese Verantwortung können die Industrien nur selbst tragen, sie lässt sich nicht delegieren.
    Wenn die Industrien die Schlussfolgerungen aus Industriekatastrophen allein ihren technischen Experten überlassen wollen, dann wird es nur technische Verbesserungen geben, die Grundfragen nach Ziel und Richtung weiteren technischen Fortschritts werden dann nicht gestellt werden. Deshalb sollten die verantwortlich Handelnden in den Unternehmen endlich begreifen, dass die wichtigsten Gegenwarts- und Zukunftsprobleme gleichermaßen technischer wie gesellschaftlicher Natur sind.
    In Technik und Industrie muss es in Zukunft mehr Menschen geben, die nicht nur etwas von
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