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Die Risikoluege

Die Risikoluege

Titel: Die Risikoluege
Autoren: Klaus Heilmann
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persönlich« – , hat ihr die Bevölkerung jedenfalls nicht geglaubt.
    Der Physiker und Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber sagt in einem Der Spiegel -Interview zur politischen Richtungsänderung: »Man hat im vergangenen Jahr (2010) entschieden, dass deutsche Kraftwerke sicher sind. Dies lässt nur zwei Schlussfolgerungen zu: Entweder man hat damals nicht die ganze Wahrheit erkannt. Dann war das schlechte Politik. Oder man reagiert jetzt rein opportunistisch wider bessere Einsicht. Dann ist das noch schlechtere Politik.«
    Die Entscheidung in so wichtigen Fragen wie denen des
Ausstiegs aus der Kernenergie und des Umstiegs auf eine alternative Energieversorgung sollte sich primär auf Fakten und nicht auf politisches Kalkül stützen. Das wissen wir. Wir haben mittlerweile ein Gefühl für falsches Pathos und Unaufrichtigkeit, das ist das eigentlich Erfreuliche an der Geschichte.

    Nun ist der Ausstieg aus der Kernenergie also beschlossen und eine Energiewende in Deutschland eingeleitet worden, die dem eigenen Volk zum Nutzen und der Welt zum Vorbild dienen soll. Dies geschah zwar ohne uns zu fragen, dafür aber ethisch abgesegnet.
    Apropos vorbildhaftes Verhalten: EU-Kommissar Günther Oettinger ist zumindest im ersten Anlauf mit seinem Vorschlag gescheitert, Atommüll aus Europa nur in solche Länder exportieren zu lassen, die für die Entsorgung einen hohen Sicherheitsstandard bieten. Auch die Bundesrepublik hat ihn hierbei nicht unterstützt. Und eigentlich ist es schwer zu verstehen, dass man im eigenen Land die Kernenergie verlässt, weil man sie für zu gefährlich hält, für Atommüllexporte aber andere Sicherheitsmaßstäbe anlegt.

    Wie dem auch sei, mit dem Ausstieg ist etwas geschehen, »für die Menschen in unserem Land«, wie die Kanzlerin immer so fürsorglich sagt. Aber wird uns dies auch zum Vorteil gereichen?
    Nachdem es nun nicht mehr darum geht, ob Kernkraftwerke abgeschaltet werden oder nicht, geht es jetzt um die Frage, woher der Strom kommen soll, an dem wir alle hängen. Werden die alternativen Stromquellen verlässlich arbeiten, werden sie ohne Risiken sein und wie werden
sie aussehen? Auch Windparks, Fotovoltaikanlagen und Biogasfabriken beeinträchtigen die Umwelt, das weiß man längst.
    Die Zeitschrift Politische Ökologie weist auch auf Probleme alternativer Energien hin, das tut kaum jemand. »Im Bereich der Regenerativen glänzt nicht alles grün: Die benötigten Metalle sind selten und stammen häufig aus Kriegsgebieten, die Windräder auf hoher See gefährden die marine Biodiversität, und ein Pumpspeicherkraftwerk in der direkten Nachbarschaft tolerieren die wenigsten.«
    Bisher wird in Deutschland dort Strom produziert, wo er verbraucht wird oder wo Rohstoffe günstig zur Verfügung stehen. Deshalb gibt es im Süden viel Atomstrom, im Norden mehr Stein- und Braunkohlekraftwerke. Wenn Strom in Zukunft vor allem an den Küsten im Norden in On- und Offshoreparks erzeugt werden soll, dann muss er in den Süden transportiert werden. Dazu müssen bis 2020 bis zu 4450 Kilometer neue Stromleitungen sowie Stromspeicher gebaut werden.
    Und wieder einmal erhalten wir von allen Seiten die verschiedensten, sogar konträre Auskünfte, je nachdem, welches Ziel von den Informanten verfolgt wird. Und es wird mit Zahlen operiert, die alle unterschiedlich sind und die keiner nachprüfen kann. Während die Bundesnetzagentur davon spricht, dass es zu Engpässen kommen kann, sagt Anike Peters, Energieexpertin von Greenpeace: »Es wird keine Stromlücke geben. Die Stromlücke ist eine Stromlüge.«
    Energieunternehmen planen bis 2019 den Bau und die Modernisierung von 51 großen Stromproduktionsanlagen, darunter auch ein Dutzend großer Windparks auf See. Die größten Anlagen sind jedoch Kohlekraftwerke.
So baut RWE im nordrhein-westfälischen Neurath zwei neue Braunkohlekraftwerksblöcke mit je 1100 Megawatt (MW), in Hamm, Westfalen, ein Steinkohlekraftwerk mit 1600 MW, und Vattenfall baut das Steinkohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg mit 1640 MW.
    Im Augenblick wird immer nur vom Aufbau neuer Kraftwerkanlagen gesprochen. Wenig hört man über den Rückbau der Kernreaktoren und ihren notwendigen Nachbetrieb, da die Brennelemente vor einem Abriss der Meiler noch über Jahre abkühlen müssen. Wird es hierfür genügend geschulte Ingenieure und Arbeiter geben? Wer bezahlt den Abbau? Die Reaktorbetreiber haben ihn zwar mit einkalkuliert, aber werden diese Gelder reichen, wo schon jetzt über einen
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