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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit
Autoren: Andrej Djakow
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Erst in jüngster Zeit war ein gefährlicher Gegner aufgetaucht.
    Der Mutant peitschte das Wasser mit seiner mächtigen Schwanzflosse und stieß ein infernalisches Brüllen aus. Wie ein Donner rollte es über das Meer und verhallte dann irgendwo im Nebelschleier am Horizont . A ls der Meeresräuber sich abermals anschickte, seine Revieransprüche kundzutun, ertönte von Norden her ein vibrierendes Signal. Für einige Augenblicke trieb das Monster reglos im Wasser, als würde es lauschen . A ls das penetrante Geräusch sich wiederholte, setzte es seinen massigen Körper hastig in Bewegung, ließ seine Schwanzflosse noch einmal aufs Wasser klatschen und tauchte ab.
    Obwohl der Leviathan nur über ein winziges Gehirn verfügte, hatte sich seine erste Begegnung mit dem Urheber des seltsamen Rufs nachhaltig darin eingeprägt. Mit diesem Gegner war nicht zu spaßen.
    Es handelte sich um ein nicht minder kolossales Ungetüm, das ausschließlich an der Oberfläche schwamm, eine undurchdringliche Panzerhaut besaß und obendrein mit glühenden Spießen um sich warf, die peinigende Schmerzen verursachen konnten.
    Beim ersten Aufeinandertreffen hatte der Leviathan eine erkleckliche Anzahl von Zähnen eingebüßt und zum ersten Mal überhaupt so etwas wie Angst empfunden, als er den heißen Atem des fremden Räubers spürte. Nun folgte er seinen natürlichen Instinkten und ergriff eiligst die Flucht.
    Die Wasseroberfläche an der Tauchstelle des Mutanten hatte sich kaum wieder geglättet, als die gepanzerten Bordwände einer gigantischen Stahlkonstruktion sie teilten wie ein überdimensionaler Pflug. Die Schiffshupe kündete vom Beginn der Tagschicht. Takelagen knarzten, und über zahlreiche Decks hallten die Flüche von Matrosen.
    Ein Wust von Aufbauten, Fangkörben und Tauen verbarg die Umrisse der schwimmenden Bohrplattform. Im Laufe der Zeit war der alte Stahlkoloss mit Bretterhütten und einer ganzen Armada zerbrechlicher Beiboote ausstaffiert worden und sah nunmehr aus wie ein Fischerdorf auf einem Felsufer.
    Die »Babylon« fuhr volle Kraft voraus gen Süden. Bereits weit hinter ihr lag die InselMoschtschny – jener Flecken Erde, der zur neuen Heimat für viele geworden war, die den Jüngsten Tag überstanden hatten und noch die innere Kraft besaßen, um weiterzuleben.
    Großvater Afanassi beobachtete den Neuling, den man kurz vor dem Ablegen seiner Reparaturbrigade zugeordnet hatte, und run zelte ärgerlich die Stirn. Der etwa fünfzehnjährige Junge hatte schon die ganze Zeit nur sinnlos herumgestanden und keinerlei Anstalten gemacht, sich an der Arbeit zu beteiligen . A uch jetzt dachte Petro überhaupt nicht daran, sich an den ölverschmierten Innereien des defekten Dieselmotors die Finger schmutzig zu machen. Stattdessen zog er schon wieder eine Selbstgedrehte hinter dem Ohr hervor und stieg die Treppe zum Ausgang aus dem Maschinenraum hinauf.
    »Findest du nicht, dass du ein bisschen zu viel rauchst, Grünschnabel?«, raunzte Afanassi ihm hinterher.
    »Aber es ist doch … äh … meine erste Fahrt … Ich werfe nur noch mal einen Blick auf unsere Insel und komme dann gleich zurück«, stammelte der Junge verlegen.
    »Hol dir keine Dosis da oben!«, lästerte der fette schwedische Mechaniker Bergin und grinste in seinen buschigen Schnauzer.
    »Es hat doch keine Strahlenwarnung gegeben . A lles sauber draußen. Ich beeil mich.«
    Petro stieg die Gitterstufen hinauf, entriegelte die Tür und schlüpfte ins Freie hinaus. Großvater Afanassi seufzte und warf seinen Arbeitern vielsagende Blicke zu. Es war nicht schwer zu erraten, was er dachte: Diese Jugend heutzutage. Nichts als Flausen im Kopf …
    »Macht nix! Er gewöhnt sich schon«, sagte der Schwede. »Der Junge hat was in Kopf. Wie sagt man … Er wird es zu was bringen. Soll er ruhig ein bisschen Luft holen.«
    »Luft schnappen.«
    »Ja, genau! Das wollte ich sagen.«
    Missmutig inspizierte der ergraute Brigadier das ausgeweidete Aggregat und winkte ab.
    »Was soll’s, Männer. Machen wir eine Rauchpause.«
    Auf der Suche nach einem gemütlichen Plätzchen verteilten sich die Arbeiter im Raum. Schon bald erglommen die ersten Selbstgedrehten und verströmten ihr herbes Aroma . A fanassi setzte sich auf eine Nagelkiste, wischte sich die verschmierten Hände an einem Lumpen ab und warf einen Seitenblick auf den anderen Novizen. Insgesamt hatten sie zwei Neue in der Brigade. Der Erste, Petro, war ein Einheimischer und Sohn einer beleibten Köchin aus dem dritten
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