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Jerry Cotton - 0566 - Sie hetzten mich als Moerder

Jerry Cotton - 0566 - Sie hetzten mich als Moerder

Titel: Jerry Cotton - 0566 - Sie hetzten mich als Moerder
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»Cotton…« sagte leise der Mann, der nach unserer Überzeugung ein Kind entführt hatte. In seiner Stimme schwangen Hilflosigkeit und Verzweiflung mit.
    Mein Freund und Kollege Phil Decker warf mir einen schnellen Blick zu. Wir haben ihn, sollte das heißen. Der Mann schickte sich an, ein Geständnis abzulegen.
    Genau in diesem Moment schlug das Telefon an. »Ja, Caldman, sprechen Sie«, ermunterte ich den Mann vor uns. Das Telefon beachtete ich nicht.
    Aber es rasselte unerbittlich.
    Caldman schaute verwirrt hin.
    Für eine Sekunde hatte ich Lust, den Apparat gegen die Wand zu werfen.
    Phil machte ein Gesicht, als denke er genau das gleiche. Ich gab ihm einen Wink mit den Augen.
    Mit einem Sprung war er dort und nahm den Hörer ab.
    »Also, Caldman?« forderte ich den Mann vor mir auf.
    »Ich gebe es zu, Cotton«, sagte Caldman leise. »Ich bin dafür bezahlt worden, das Kind nach Alabama zu bringen.«
    Das Tonbandgerät lief. Ich sah die Nadel des Aussteuerungsanzeigers ausschlagen. Die Magnetspur hielt die leise Stimme Caldmans fest.
    Phil wußte so gut wie ich, daß jetzt mit Caldman nichts mehr schiefgehen konnte. Er würde auch weitersprechen, wenn ich das Verhör einen Moment unterbrechen mußte.
    »Zum Chef, Jerry«, sagte Phil deshalb. »Schnell!«
    Mr. High, Chef des New Yorker FBI-Distrikts, wußte, daß Phil und ich mit Caldman zusammensaßen. Da Kindesentführung eine Sache ist, deren Verfolgung Vorrang vor allem anderen hat, mußte mindestens der Himmel vorm Einstürzen sein, wenn der Chef mich jetzt rufen ließ.
    Mindestens.
    Zwei Minuten später war ich bei Mr. High. Er säß hinter seinem Schreibtisch und machte ein Gesicht wie ein Mann, der gerade in der New York Times gelesen hat, daß das Vorhandensein der Erde eine optische Täuschung sei.
    Auf dem Schreibtisch lagen ein großes Foto, eine riesige Lupe und ein rotumrandetes Fahndungsschreiben.
    »Hier, Jerry«, sagte Mr. High und reichte mir das große Foto über den Tisch. Auch die Lupe schob er mir hin.
    Ich brauchte die Lupe nicht. Das Foto zeigte eine Szene in einer Parklandschaft. Offenbar im Central Park. Mittelpunkt des Bildes war eine Frau, die offensichtlich gerade zusammenbrach. Mit einem entsetzten Gesichtsausdruck schaute sie genau in das Kameraobjektiv.
    Rechts von ihr war ein Mann zu sehen. Er machte den Eindruck eines Flüchtenden. In seiner rechten Hand hielt er ein langes Messer. Auch er blickte gerade in die Kamera.
    Diesen Mann und dieses Gesicht kannte ich verdammt genau. Besonders das Gesicht. Schließlich sehe ich mein eigenes Gesicht täglich mindestens einmal beim Rasieren. Der flüchtende Mann mit dem Messer in der rechten Hand war ich.
    »Was soll das?« fragte ich verblüfft. Ich wußte genau, daß ich an einer solchen Szene niemals beteiligt war.
    »Jerry«, sagte Mr. High ruhig, als habe er meine aufgeregte Frage gar nicht gehört, »die Stadtpolizei kennt jetzt den Mann, der in den letzten vier Wochen in New York sechs Mädchen ermordet hat. Bei seiner vorerst letzten Tat, gestern nachmittag um 4.36 Uhr im Central Park, wurde er von einem Tatzeugen fotografiert.«
    Ich starrte eine Sekunde auf das Foto. »Ich saß…« wollte ich aufbrausen.
    Mr. High unterbrach mich mit einer Handbewegung und einem väterlichen Lächeln. »Sie saßen von 4.20 bis 5.40 Uhr mit einigen anderen Kollegen anläßlich einer Dienstbesprechung hier in meinem Zimmer.«
    »Na also«, knurrte ich.
    »Na also«, wiederholte er. »Und jetzt marschieren Sie los, Jerry!«
    »Auftrag?«
    »Suchen Sie sich selbst«, sagte er, als bäte er mich, eine Packung Zigaretten für ihn zu holen. »Beziehungsweise, suchen Sie den Mann, der auf diesem Bild aussieht wie Jerry Cotton. Den Mann, der gestern um 4.36 Uhr im Central Park als Mörder fotografiert wurde.«
    Noch einmal schaute ich auf das Bild. Diesmal nahm ich sogar die Lupe zu Hilfe.
    »Auftrag erledigt, Chef«, sagte ich sarkastisch.
    Er hob die Augenbrauen. »Wieso?«
    Ich klopfte mir an die Brust. »Hier ist der Mann, den Sie suchen! Es kann niemand anders sein, Chef. Ich kenne mich doch. Jeden Tag rasiere ich mich und…«
    Mr. High schüttelte den Kopf.
    »Es muß eine Fotomontage sein!« sagte ich erregt.
    Wieder schüttelte er den Kopf. »Das war auch mein erster Eindruck, aber das Foto sieht verdammt echt aus. Sie wissen, daß einem geschulten Auge eine Montage sofort auffällt. Aber das nachzuprüfen, gehört bereits zu Ihrem Auftrag, Jerry. Es hilft nichts — suchen Sie sich
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