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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit
Autoren: Andrej Djakow
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aggressiven Angreifer zurück. Über ihren Köpfen tauchte plötzlich ein Rohrstück auf, wenig später schwangen auch Eisenstangen und Ketten durch die Luft.
    Die Sache drohte ein tragisches Ende zu nehmen. Der Kapitän gab seinem Patrouillenkommandeur ein Zeichen. Der groß gewachsene, bärtige Mann mit der abgenutzten, schwarzen Marinejacke reagierte sofort. Mit einigen bewaffneten Männern kämpfte er sich durch die Menge und trennte die Kampfhähne.
    Erst jetzt konnte der Kapitän sehen, um wen sich der Zwist entsponnen hatte. Die Männer der Patrouille führten einen ausgemergelten, mit einer ölverschmierten Arbeitsjacke bekleideten Kerl zum Podest. Dem Kapitän fiel sofort der verängstigte Blick des dürren jungen Mannes auf. Hinter ihm folgte Großvater Afanassi mit seiner Brigade, die der Patrouille den Rücken frei hielt.
    »Wie heißt du?«, fragte der Kapitän mit prüfendem Blick.
    »Foma.«
    »Du bist aus Piter, nicht wahr?«
    Der Flüchtling nickte und wischte sich das Blut von der Wange.
    Sofort hagelte es Beschimpfungen aus der Menge: »Aas! Dreckskerl! Hängt ihn auf, den Verräter!«
    »Seid ihr noch bei Trost?!«, entrüstete sich Afanassi. »Was hat denn der Neue damit zu tun? Wollt ihr jetzt alle Zugereisten umbringen, oder wie?«
    Der Kapitän hob die Hand. Diese knappe Geste genügte, um für Ruhe zu sorgen.
    »Hast du irgendeine Vorstellung, wer das getan haben könnte?«, fragte er den jungen Mann.
    Foma schüttelte den Kopf.
    »Denk gut nach, Junge. In dieser Situation wäre es besser für dich, zu kooperieren. Schau dir die Leute hier an. Sie verlangen Gerechtigkeit. Und sie werden sie bekommen.«
    »Vielleicht stecken die Veganer dahinter«, plapperte der Flüchtling los. »Oder dieMoskowiter . A ndererseits, für die wäre das eine Nummer zu groß … Mit einer so komplizierten Technologie können höchstens dieMasuten umgehen. Immerhin eine Bombe . A ber wieso hätten sie das tun sollen? Und die Primorski-Allianz würde so was auch nicht anzetteln … Ich weiß es nicht. Ehrenwort, ich habe keine Ahnung!«
    Der Kapitän schüttelte unzufrieden den Kopf. Kurz darauf zog er ein zusammengefaltetes Blatt Papier hervor, breitete es aus und reichte es dem Zugereisten. Es war ein Plan der Petersburger Metro.
    »Wir brauchen eine Station. Eine, die leer steht. Und möglichst nahe am Meer sollte sie sein.«
    Foma brütete eine Weile über dem Plan, dann tippte er mit dem Finger auf einen der Kreise.
    »Die Tschkalowskaja . Die liegt zwar ein ganzes Stück vom Meer entfernt, aber eine andere Möglichkeit sehe ich nicht. Die Prima ist überflutet. Die Waska gehört schon zur Allianz . A n der Kirsa sitzen Banditen und das ganze Zentrum ist dicht besiedelt. Bleibt also nur die Tschkalowskaja …«
    »Na gut. Dann nehmen wir eben die.« Der Kapitän schwankte plötzlich, griff sich an die Brust und winkte einen Adjutanten herbei. »Mach du für mich weiter. Beruhige die Leute. Uns stehen Berge von Arbeit bevor. Wir müssen die Siedler von der Maly runterholen. Und wir müssen die ›Babylon‹ wieder zusammenflicken, damit wir überhaupt bis Piter kommen. Verflucht sei sie, diese Stadt unterder freien Newa …«
    Gleb schnürte den Rucksack auf und drehte ihn um . A uf den Betonboden fielen staubige Schallplatten. An einigen hingen noch Überreste ausgebleichter Plattencover. Sorgfältig entfernte der Junge das Papier und warf die schwarzen Scheiben achtlos auf den großen Haufen.
    Taran saß am Küchentisch und sah seinem Stiefsohn interessiert zu. Seit jener denkwürdigen »Exodus«-Geschichte war erst ein Monat vergangen, doch der Junge hatte sich schon wieder prächtig erholt und legte einen überbordenden Tatendrang an den Tag . A müsiert beobachtete der Stalker, wie Gleb die Vinylplatten auf einen Draht fädelte und sich dabei vor Eifer auf die Lippe biss.
    »Was willst du mit dem ganzen Plunder?«, erkundigte sich Taran.
    »Morgen kommt eine Handelskarawane der Stummel. Da steht die ganze Moskowskaja Kopf. Die Stummel machen alle möglichen Glücksbringer aus dem schwarzen Zeug. Ziemlich schöne sogar. Und im Keller liegt ein ganzer Haufen von den runden Dingern! Dafür tausche ich bei den Stummeln ein paar Amulette ein.«
    »Runde Dinger …«, murmelte Taran und erhob sich von seinem Hocker. »Ich zeig dir mal was.«
    Kurz darauf schepperte in der Kammer herunterfallendes Geschirr. Der Stalker fluchte. Eine verbeulte Emailleschüssel knallte gegen den Türstock und rollte in die Küche.
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