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Akasha 01 - Die Renegatin von Akasha

Akasha 01 - Die Renegatin von Akasha

Titel: Akasha 01 - Die Renegatin von Akasha
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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1. Kapitel
     
    Ohne Horizonte
     
     
    Als sie die erste größere Plattform erreichten, trat Djamenah Shara zusammen mit dem kleinen Äskulapnovizen von der Ergtreppe, blieb stehen und sah sich um. Einige Dutzend Meter unter ihnen erstreckten sich die langen Gebäude der Medizinischen Fakultäten, und die Dächer aus Kristall und Glas und quasimaterieller Energie glitzerten im Licht der im gravitationslosen Zentrum des Habitats schwebenden künstlichen Sonnen. Hier und dort wuchsen Spindeltürme weit in die Höhe, sie sahen aus wie die Stalagmiten einer gewaltigen Tropfsteinhöhle. Auf den Straßen herrschte nur wenig Verkehr. Hier und dort bewegte sich ein Turbogleiter an den Ergschienen entlang, und manchmal fiel der Blick Djamenahs auch auf einige Servomobile, von denen sich der Rekonvaleszenz überantwortete Patienten durch eine Welt ohne Horizonte tragen ließen. Wie große Fliegen aus Metall und Kunststoff schwebten elektronische Helfer umher, und ihre Sprachprozessoren sangen Entspannungslieder und erinnerten ihre Mündel an die Einnahme verschriebener Medikamente.
    Der kleine Äskulapnovize neben Djamenah winkte, drehte sich mehrmals um die eigene Achse und verkündete mit schriller Stimme: »Einzigartig ist dieses Habitat, jawohl, hochgeehrte Besucherin. Hach, meine Dame, ich darf wohl sagen, daß Sie eine sehr gute Wahl getroffen haben, sich hier behandeln zu lassen. Ob Sie nun an Innerer Auszehrung, fortgesetzter Kreislaufinstabilität, einer drohenden Lungenembolie, manisch-depressiven Heimsuchungen oder gar psychosomatischer Tollwut leiden – die Äskulapmeister der Fakultäten können alle Übel kurieren.« Der Humanoide zwinkerte einige Male und fügte dann leiser hinzu: »Faules gehört weggeschnitten, und Gesundes muß gepflegt werden – das ist unsere Devise.«
    Djamenah hatte dem Novizen zwar mit keinem Wort zu verstehen gegeben, daß sie sich in dieses Habitat begeben hatte, um sich behandeln zu lassen, aber sie widersprach ihm nicht und lächelte nur. Die Emanationen des kleinen Humanoiden – er trug ein farbenprächtig besticktes Gewand, das viel zu groß für ihn war, und immer wieder mußte er die Ärmel hochziehen – waren freundlich und unschuldig, geradezu naiv; er empfand offenbar großen Stolz darauf, einer potentiellen Patientin die Anlagen der Fakultäten zeigen zu können. Ihm war noch nicht die kalte Professionalität zu eigen, die seine Meister auszeichnete, nicht der emotionslose Geschäftssinn, der sie dazu veranlaßte, selbst Patienten mit trivialen Leiden einer exzessiven Behandlung zu unterziehen, um damit ausgesprochen hohe Konsumkreditabbuchungen zu rechtfertigen. Aber Djamenah war sicher, daß sich auch der junge und zwergenhafte Novize nicht dem Veränderungsprozeß entziehen konnte, der vor rund dreihundert Jahren im Kosmotop Akasha begonnen hatte und sich immer weiter beschleunigte: ein Wandel, der, wie hier bei den Fakultäten vielleicht besonders deutlich wurde, alles zu einer Ware machte, auch das Leid und die Pein intelligenter Geschöpfe, von Wesen, die dachten und – was für Djamenah besonders wichtig war – fühlten.
    Enthusiasmus leuchtete in den grünen Augen des Äskulapnovizen, als er auf der Plattform an der Ergtreppe hin und her eilte und wie aufgeregt in diese und jene Richtung deutete.
    »Dort drüben, hochverehrte junge Dame ...« – bei diesen Worten mußte Djamenah erneut lächeln; sie war das beste Beispiel dafür, wie sehr der äußere Schein trügen konnte, denn als jung war sie ganz gewiß nicht zu bezeichnen, ganz gleich, welche Maßstäbe man auch anlegte –, »... sehen Sie die Zentren der medizinischen Anthropologie und Humangenetik: Pathologie, Immunologie, Serologie, Virologie und Pharmakologie. Habe ich Ihnen eigentlich schon gesagt, daß wir hier alles selbst herstellen, sogar die Seren, mit denen wir Haarausfall behandeln? Und auf der anderen Seite, ja, ich meine die Pyramiden dort oben, sind die Psychiatrie, Dermatologie, Urologie, Radiologie, Nuklearmedizin und Neurochirurgie untergebracht.«
    Er deutete nach oben und zeigte an den in der schwerkraftlosen ›Nabe‹ des Habitats befindlichen Klimakontrollmoduln vorbei. Einige Kilometer über Djamenah spannte sich ein massiver Himmel ohne Sterne, und die Spitzen Dutzender pyramidenförmiger Bauwerke zeigten subjektiv gesehen nach unten.
    »Und das dort?« fragte Djamenah. Knapp hundert Meter über ihnen bewegten sich langsam einige Oktaeder aus gehärtetem Kunststoff. Lange und
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