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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes
Autoren: Berndorf Jacques
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und deprimiert wirkten. Mann ging voraus bis in die Damentoilette. »Die Tür da ist es.« Der Junge vom THW keuchte: »Wieso soll ich die Tür einschlagen? Was ist, wenn dahinter jemand liegt? Verletzt, meine ich.« »Das ist möglich«, nickte Mann. »Aber wir müssen da rein.« Der junge Mann stemmte sich mit aller Gewalt gegen die Tür. »Stellen Sie Ihre Füße gegen meine Füße, dann kann ich nicht wegrutschen. Ja, so ist es gut.« Es knackte, etwas brach, dann folgte ein scharf schleifendes Geräusch, die Tür öffnete sich, erst zwanzig Zentimeter, dann dreißig. »Noch ein kleines Stückchen«, sagte Mann ruhig. Er fragte sich, woher er die Gelassenheit nahm. »So, jetzt reicht es. Dann lassen Sie mich mal.« Er steckte nur den Kopf durch den Türspalt. Das Erste, was er sah, war ein Gesicht, ein Frauengesicht, gläsern, umrahmt von kastanienrot gefärbtem Haar. Die Frau mochte etwa dreißig Jahre alt sein und sie hielt die Augen weit und starr geöffnet. Sie trug ein beigefarbenes Leinenkleid, es war voller Blut. Mann erkannte keine Wunde, aber auf dem Bauch der Frau schien das Blut dick geronnen. Ihre Lippen bewegten sich zitternd. »Hallo«, sagte Mann leise. Sie wollte etwas antworten, aber kein Ton kam über ihre Lippen. Mann zog den Kopf zurück und wurde hektisch: 
    »Die Frau lebt. Holen Sie Sanitäter mit einer Trage. Ein Notarzt muss auch her. Dalli, Junge, dalli.« Dann steckte er den Kopf wieder durch den Türspalt. »Wenn Sie sich bewegen können, dann nehmen Sie Ihre Beine da weg, bitte. Ich komme nicht an Sie heran.« Hinter ihm hörte er plötzlich eine Männerstimme: »Gresko, vom Stab des Innenministers. Wir übernehmen. Sie können sich zurückziehen.« Die Augenlider der Frau flatterten. Sie schnappte nach Luft, es gab ein quälendes Geräusch. Mann drückte die Tür ein paar Zentimeter weiter auf und schob dadurch den Körper der Frau auf das Klobecken zu. »Ich wiederhole mich nicht gerne«, sagte Gresko. »Sind Sie verletzt?«, fragte Mann in das Frauengesicht. Sie sagte nichts und rührte sich nicht mehr. Es gab ein Gerangel hinter Mann, dann meinte jemand gelassen: »Ich bin Arzt, darf ich mal?« Mann nickte: »Klar doch«, und machte Platz. Nun steckte der Arzt den Kopf durch den Türspalt und fragte überlaut und deutlich: »Können Sie mich verstehen? Wissen Sie, wie Sie heißen?« Er zog den Kopf zurück. »Geht so nicht. Wahrscheinlich Schockzustand.« Der Mann vom Stab des Innenministers bellte: »Das ist mein Tatort, ich habe hier das Sagen!« Mann blaffte zurück: »Sie haben zunächst mal die Schnauze zu halten. Hier liegt eine Frau, die stirbt, Sie Arschloch!« Im gleichen Atemzug dachte er: Das ist mein Ende, das ist mein unvermeidliches berufliches Ende. Aber er fühlte sich großartig. Der junge Mann vom Technischen Hilfswerk war aufgeregt. »Ich kann die Tür an den Angeln rausbrechen. Mit dem Eisen hier. Nur muss einer die Tür festhalten, dass sie nicht auf die Frau fällt.« »Gute Idee«, nickte der Arzt. »Los! Ich halte die Tür.« Der Junge setzte die Brechstange in den schmalen Spalt und die Tür trennte sich ohne Widerstand von ihren Angeln. Das Türblatt schwankte, dann gelang es dem Jungen und dem Arzt, es aus der Öffnung zu heben. »Ihr braucht mich nicht mehr«, entschied Mann. 
    Doch Gresko hielt ihn am Arm fest und fragte aggressiv: »Wer sind Sie eigentlich?« Auch er war noch jung, etwa fünfundzwanzig, und wirkte sehr verkrampft. »Mein Name ist Jochen Mann. Ich bin Staatsanwalt, Jugendkriminalität. Ich bin nur zufällig hier. Ich helfe.« Mann schüttelte Greskos Arm ab und ging zurück auf die Straße, suchte Ziemann und fand ihn mit grauem Gesicht und einem großen Glas Kognak in einem Pkw sitzend. »Wo ist denn der Inhaber des Restaurants? Und wie heißt er?« »Ach, Junge, lass gut sein. Wir sind draußen. Guck dir meinen Tatort an. Sie rennen rum und trampeln alles kaputt. Meine Frau nennt diese Leute die aufgeblasenen Kugelfische, sie hat Recht.« »Ich schmeiß nicht einfach alles hin«, erwiderte Mann aufgebracht. »Ich habe mir hier in sechs Minuten mehr Feinde gemacht als vorher in sechs Jahren bei meinem Verein.« Unkontrolliert brach er in Gelächter aus. »Also, wo ist der Kerl? Oder haben ihn die anderen schon?« »Nein, sie wissen noch gar nicht, dass der hier ist. Der Typ nennt sich Giovanni und er sitzt in einem Rettungsfahrzeug des DRK. Keine Ahnung, wie er vollständig heißt. In dem Fahrzeug hinter uns.« »Dann gehe ich das
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