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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes
Autoren: Berndorf Jacques
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Loch in der Decke. Das Zeug landete auch auf mir. Ich lag platt auf dem Rücken. Und als ich versuchte mich umzudrehen und aufzustehen, sah ich die beiden Kinder. Dicht vor meinem Gesicht. Es war … es war …« »Können Sie sich an die Sekunden vorher erinnern?« »Natürlich. Was wollen Sie wissen?« »Alles«, bestimmte Mann. »Wir zeichnen die Tische ein, hier und hier und hier. Und Sie sagen mir, wer wo war.« Er blickte Giovanni an. »Sie sind doch schon befragt worden?« »Ja klar. Zwei Stunden lang. Wer waren die Terroristen, wie sahen sie aus …« »Ja, und?« »Scheiße, ich weiß es nicht. Ich weiß nicht einmal, ob es mehrere waren oder nur ein Mann. Oder eine Frau. Solche Leute kommen doch nicht rein und fragen: Entschuldigung, welcher Arsch hier gehört dem Israeli?« »Wie spät war es? Wissen Sie das noch?« »Sicher. Neunzehn Uhr achtunddreißig.« Ein Handy sang aufdringlich quäkend eine Melodie, Giovanni sagte: »Entschuldigung«, und zückte sein Telefon: »Si. Giovanne. – O Mamma! Mamma, ich habe keine Zeit. – Nein, mir geht es gut. – Mamma, si Mamma, ich rufe dich zurück. – Nein, Mamma, nein, ich brauche keine neue Unterwäsche. Ciao, Mamma.« Er murmelte: »Sie macht sich Sorgen.« Mann lächelte. »An welche Personen erinnern Sie sich? Was schätzen Sie, wie viele Menschen waren hier?« »Siebzig, annähernd siebzig.« »Ach, du lieber Gott«, stöhnte Mann betroffen. 
    »Wie viele kannten Sie, wie viele waren Ihnen fremd?« »Hälfte, Hälfte«, kam es wie aus der Pistole geschossen. Giovanni grinste Mann vertraulich an. »Ich habe das alles schon mal erzählt. Diesem Ziemer oder wie der heißt. Ich weiß genau, wo wer war. Okay?« »Gut. Wenn ich das also richtig beurteile, stehen Sie hier und blicken in Ihren Gastraum. Geradeaus fünf Stehtische, links von Ihnen das Restaurant. Als es zur Explosion kam, wo sahen Sie das Zentrum der Explosion?« »Es war irgendwie links von mir, also zwischen den beiden Räumen. Sie können das jetzt nicht mehr erkennen, aber da war vorher ein Durchbruch, sechs Meter breit. Ging nicht anders, weil die Bedienung sonst nicht genügend Platz hatte. Ungefähr da, wo das Loch im Boden ist.« »Also links ungefähr vier Meter entfernt. War da jemand? Ich meine, eine Person, die mit dem grellen Blitz der Explosion in Zusammenhang zu bringen ist?« »Das weiß ich nicht.« »Es kann also auch jemand vorbeigegangen sein und eine Aktentasche oder so was auf den Boden gestellt haben?« »Abgestellt auf den Boden? Eher nein. Das wäre mir aufgefallen.« Mann überlegte und schüttelte dann sanft den Kopf. »Das wäre Ihnen mit Sicherheit nicht aufgefallen, Giovanni, denn einen Menschen mit Aktentasche – wie oft sehen Sie so etwas pro Tag?« »Ach so«, der Italiener seufzte zustimmend. »Na ja, es kommen viele zum Mittagessen und zum Abendessen mit Aktentasche. Direkt aus den Büros. Richtig, es wäre mir nicht aufgefallen. Aber dieser … dieser Kriminalist, dieser Ziemer …« »Ziemann«, korrigierte Mann. »Ja, dieser Ziemann sagt, man hat einen Arm gefunden. Das war wahrscheinlich der Terrorist. Weißes Hemd … an dem Arm, meine ich … Gott, ist das alles furchtbar!« »Zeichnen Sie bitte die Menschen an den Stehtischen ein und dann die an den anderen, im Restaurant.« Der Italiener arbeitete zügig und geschickt und schrieb zum Schluss die Namen, die er kannte, neben die Zeichnungen. Wusste er einen Namen nicht, schrieb er ein U für Unbekannt. Von den etwa siebzig Menschen konnte er zweiunddreißig Namen zuordnen, zumindest die Vornamen. »Jetzt stelle ich mir vor«, begann Mann, »ich bin der Terrorist. Ich weiß, Sie haben das alles mit Ziemann schon zehnmal durchgenudelt, aber ich schreibe den Befund. Also: Wenn ich Ihr Restaurant betrete, weiß ich, der israelische Botschafter sitzt rechts, weit hinten im Restaurant. Ich will möglichst nahe an den Mann, seine Familie und seine Freunde heran. Ich gehe also langsam und möglichst natürlich in seine Richtung. Gab es eigentlich Bodyguards?« »Nein. Der Botschafter kommt etwa einmal im Monat. Immer ohne Bodyguards. Mein Gott, der Mann will bei einem guten Italiener essen, der Mann braucht doch auch mal was Privates! Wenn ich ein Terrorist wäre, käme ich in mein Lokal rein, würde ein freundliches Gesicht machen und rüber zum Botschafter gehen. Niemand würde schreien, niemandem wäre das aufgefallen, denn da stand noch ein unbesetzter Vierertisch. 
    Neben dem Tisch des Botschafters.«
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