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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes
Autoren: Berndorf Jacques
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Giovanni lächelte, als habe er Mann eine Denksportaufgabe gestellt und als freue er sich diebisch darüber, dass Mann vermutlich versagen würde. »Habe ich was verpasst?«, fragte Mann verwirrt. »Es ist doch ganz einfach!«, flüsterte der Italiener. Mann kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und konzentrierte sich. »Es gab eine Panne«, murmelte er nach einer kleinen Ewigkeit schließlich. »Richtig«, strahlte Giovanni und fuchtelte wild mit beiden Armen. »Das sage ich den Leuten schon die ganze Zeit. Wer immer das war, er hat die Bombe zu früh gezündet. Viel zu früh. Wahrscheinlich war er aufgeregt, vielleicht hat die Zündung nicht richtig funktioniert. Sehen Sie hier, da steht der Stehtisch, den ich von der Theke aus gesehen als links außen bezeichne, also der Stehtisch, der dem Restaurantbereich am nächsten ist. An diesem Tisch stand ein älterer Herr, den ich hier noch nie gesehen habe …« »Ich weiß«, nickte Mann. »Häuptling Silberlocke. Ein Rechtsanwalt. Der Mann trug einen grauen Anzug, war etwa sechzig Jahre alt und hatte eine rote Nelke im Knopfloch.« »Stimmt«, bestätigte Giovanni. »Er kam zu mir und sagte, er sei mit einem jungen Mann verabredet. Der junge Mann hieße Mann. Das weiß ich noch, weil ich dachte, na ja, vielleicht ist der alte Herr ein bisschen schwul und hat ein Abenteuer mit einem schönen Knaben. Moment mal! Sie heißen … Sie sind dieser Mann, o Scheiße!« 
    »Kein Problem«, Mann winkte ab. »Was hat er bestellt?« »Ein Glas trockenen Weißwein. Den hat es voll getroffen«, sagte der Italiener hohl. »Den Kopf hat es ihm weggerissen. Und seine Scheißnelke flatterte hoch und fiel genau auf mich. Und weil ich wusste, dass es … dass es eine Untersuchung geben würde, habe ich die Nelke auf seinen Bauch gelegt. Wie hieß er denn, wenn ich fragen darf?« 
    »Dr. Walter Sirtel. Nochmal, Ihnen ist also keine Person besonders aufgefallen?« Giovanni schüttelte entschieden den Kopf. »Aber da ist noch etwas, was ich Ihnen sagen muss.« Er grinste ein wenig verschlagen. »Sie haben mein Rätsel noch nicht gelöst.« »Wie bitte?« Mann war verunsichert. »Na ja, das Rätsel«, sprudelte Giovanni, plötzlich gut gelaunt. »Teil eins haben Sie geschafft. Sie haben kapiert, dass irgendwas mit der Bombe nicht geklappt hat, dass sie zu früh explodiert ist. Doch du musst zugeben, dass die ganze Sache ziemlich dumm angegangen worden ist. Oder?« Hoffentlich dreht er jetzt nicht durch!, dachte Mann matt. »Was ist denn so dumm an der Sache?« »Na gut, ich zeige es dir. Komm mit!« Er fasste Mann fest am Arm und zog ihn mit sich fort auf die Straße. Dort lief er ein paar Schritte an der Fassade entlang, blieb stehen und machte eine kreisende Bewegung mit der rechten Hand. »Das ist mein Lokal. Du hast es selbst gesagt: Der Terrorist kommt rein, guckt nach dem Israeli und dann geht die Bombe hoch.« »Auf was willst du hinaus? Ich verstehe es einfach nicht!« »Der Israeli kommt mit seinen Leuten rein. Ich nehme mal an, der Terrorist wartet irgendwo hier auf der Straße oder da vorne an der Ecke auf dem Ku’damm. Er sieht den Botschafter jedenfalls kommen, nicht wahr?« »Das war vermutlich so.« Mann bemerkte, dass mindestens zwei Fernsehkameras direkt auf sie gerichtet waren. 
    »Der Terrorist stand in einem Hauseingang oder er hockte in einem Auto. Er wartete, bis der Israeli mit seiner Begleitung im Lokal verschwunden war. Dann ging auch der Terrorist rein.« »Jetzt frage ich dich: Warum geht er in mein Lokal?« »Na, hör mal«, sagte Mann ablehnend und verblüfft. »Soll ich das Ganze nochmal von vorne erklären?« Der Italiener gestikulierte lebhaft. »Nimm an, du bist der Terrorist. Du willst an mich ran. Ich bin der Botschafter. Was tust du?« Mann begann leise zu lachen. »Du bist auch ein Sauhund, Giovanni. Aber du hast Recht. Natürlich gehe ich nicht in das Lokal. Natürlich schmeiße ich die Bombe einfach durch das Fenster. Denn fünfzig Zentimeter dahinter sitzt der Botschafter.« »So ist es. Deshalb ist die ganze Sache irgendwie dumm. Doch ich glaube nicht, dass es dumme Leute waren, die das hier gemacht haben.« »Nein, sicher nicht. Na, dann ruf jetzt mal deine Mama an. Und herzlichen Dank für die Mitarbeit.« 
    »Alles, was ich aufgebaut habe, ist im Arsch. Aber wenn alles wieder okay ist, dann komm vorbei auf einen Grappa.« Giovannis Stimme war weinerlich geworden, aber fast im gleichen Atemzug redete er schon mit seiner  Mamma  und versicherte
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