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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes
Autoren: Berndorf Jacques
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erleichtert: Natürlich, sie ist zu ihrer Mutter gefahren! Bremen, sie wohnt irgendwo in Bremen. Er rief die Auskunft an. Es gebe aber sechzehn Anschlüsse von Leuten, die Westernhagens hießen, erklärte die Frau.
»Dann geben Sie mir alle Nummern!«, forderte Mann. Er schrieb sie auf und telefonierte sie nacheinander ab. Die achte Nummer war die richtige. Eine Frau bestätigte, ja, Marion sei ihre Tochter. Nein, sie wisse nicht, wo sie sich aufhielte. Bei ihr sei sie jedenfalls nicht. Mann hockte im Auto und überlegte verkrampft. Er verlor jedes Gefühl für Zeit und sprach lockend zu ihr, sagte, sie solle die Deckung aufgeben, Bescheid geben, wo sie sei. Inzwischen war es dunkel geworden und plötzlich tauchte eine dralle Frau auf und fragte empört, ob er sich eigentlich im Klaren darüber sei, dass er eine Einfahrt blockiere. Er entschuldigte sich und startete den Motor, wusste nicht, wohin er fahren sollte, und fragte sich, wo er selbst jetzt gern sein würde. Die Antwort war: am Arsch der Welt. Es war schon nach Mitternacht, als er von der Autobahn abfuhr, und er dachte, dass er die Nachbarin wegen des Schlüssels aus dem Bett holen müsste. Er passierte den alten Militärflughafen der Russen, wo vermutlich ein Jugendlicher auf den Beton eines Shelters gesprüht hatte: Bässe gegen den Krieg! Dann kam das Schild: AltGaarz. Das Häuschen lag im Dunkeln, kein Auto. Mann schellte, niemand reagierte. Er ging um das Haus herum in den verwilderten Garten. Da saß sie, auf einem Küchenstuhl in der Wildnis hochgeschossener Gräser, und starrte auf den See jenseits der Wiese.
»Guten Morgen. Ich bin’s«, sagte Mann leise. Marion sah elend aus, nickte nur, hielt die Hände krampfhaft im Schoß. Sie zitterte am ganzen Körper.
»Du holst dir eine Erkältung. Lass uns besser ins Haus gehen.«
»Ich will hier bleiben. Ich will allein sein.« Ihre Stimme war heiser.
»Du warst plötzlich weg, da habe ich dich gesucht.«
»Jetzt weißt du, wo ich bin. Du kannst wieder gehen.« Er ging neben ihr in die Hocke. Da bemerkte er zwischen ihren Füßen im Gras die Schachtel Lexotanil . Daneben stand ein Glas voll Wasser.
»Wolltest du die nehmen?«
»Will ich noch immer. Lass mich in Ruhe!«
»Aber warum? Die Geschichte ist zu Ende.«
»Jochen, sei nicht dämlich. Für mich fängt die Geschichte erst an. Deine Kollegen werden mich ausweiden wie ein Stück Vieh. Ich bin arbeitslos und werde allenfalls noch einen Job als Klofrau auf einer Autobahnraststätte bekommen.«
»Ich hole dir erst einmal eine Decke.« Mann betrat das Haus durch den Hintereingang und fand oben im Schlafzimmer eine Decke. Sie war dunkelbraun und roch muffig. Er dachte: Wenn sie die Tabletten genommen hat, wartet sie auf die Wirkung und geht dann in den See. Als er wieder bei Marion war, legte er ihr die Decke um die Schultern. Sie bewegte sich nicht.
»Wenn du dich umbringen willst, solltest du nicht allein sein.«
»Mir war gar nicht klar, dass du so rührselig bist.«
»Bin ich, weil ich dich liebe.« Er zündete sich eine Zigarette an. Sie nahm sie ihm aus den Fingern und zog daran.
»Die schlimmsten Dinge weißt du gar nicht.«
»Was sollte denn das sein?«
»Dass ich gegen Geld gevögelt habe.«
»Na und? Das Leben geht krumme Wege. Mit wem hast du das getan?«
»Mit einem der Meiers. Blandin wollte unbedingt wissen, wie viel Geld sie beiseite geschafft haben. Das ist so eine Art Sport unter den Herren und die Frage ist: Wer kann es am besten?«
»Und, wie viel ist es?«
»Elf Millionen für jeden. Gut versteckt in einer Holding in Hongkong.« Beide schwiegen.
»Damit bin ich eine Nutte«, sagte Marion endlich.
»Und es war nicht das einzige Mal, dass ich so etwas getan habe.«
»Was ist daran so furchtbar?« Er dachte, dass er sie auf ein anderes Gleis schieben musste:
»Glaubst du, dass Blandin oder Dreher den Auftrag erteilt hat, das Francucci’s in die Luft zu jagen?«
»Du lieber Gott!« Sie bewegte zum ersten Mal den Kopf.
»Hoffst du im Ernst, dass irgendjemand so etwas beweisen kann? Wie naiv seid ihr Staatsanwälte eigentlich?«
»Ich bin kein Staatsanwalt mehr. Der General hat mich gefeuert.« Kurz sah sie ihn an und senkte dann den Kopf wieder.
»Es gibt noch weitere Sauereien, von denen du nichts weißt.«
»Das ist mir klar. Du warst Blandins U-Boot. Du solltest für ihn Dreher kontrollieren.« Ihr Kopf ruckte hoch.
»Woher weißt du das?«
»Das war nicht so schwer«, murmelte er.
»Selbst wir naiven Staatsanwälte begreifen so etwas
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