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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes
Autoren: Berndorf Jacques
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mir haben.«
»Doch«, sagte Mann.
»Das muss ich wohl. Oder meinen Sie, dass man mir glauben wird, wenn ich behaupte, ich hätte Boris in einem Ihrer Puffs aufgetrieben?«
»Wohl eher nicht.« Koniew gluckste. Die beiden Männer gingen in einem traurigen Gänsemarsch durch den langen Kellergang und stiegen an die Oberfläche der Stadt.
»Da drüben steht mein Auto. Ich übergebe Sie einem Mann namens Blum. Blum ist ein guter Bulle, er wird Sie nicht bescheißen. Was haben Koniews Leute mit Ihnen gemacht?«
»Sie haben mich aufgehängt. Mit dem Kopf nach unten. Nach einer Weile sagst du alles.«
»Ja«, nickte Mann und schloss den Wagen auf. Als Boris neben ihm saß, rief er Blum an.
»Hör zu, ich habe hier einen Boris in meinem Wagen. Boris ist der Mann, der die Bombe gebaut und sie dem Vietnamesen gegeben hat.«
»Du willst mich verarschen!«
»Nein. Ich sitze vor dem Smirnow. «
»Ich komme«, sagte Blum atemlos.
»Und wie ich komme!« Mann steckte sein Handy weg und wandte sich an Boris.
»Der Vietnamese wusste nicht, dass die Bombe sofort explodiert, nicht wahr?«
»Nein«, sagte Boris, den Blick starr geradeaus gerichtet.
»Er hat das Geld vorher gekriegt. Und er hat es seiner Frau gegeben.«
»Wie viel?«
»Zehntausend.«
»Warum hast du diesen Scheiß mitgemacht?« Nach einer Weile drehte Boris den Kopf zu Mann und stieß in leichter Verachtung aus:
»Ich bin arbeitslos, ich habe Familie in Polen. Wir wollen raus aus dem Dreck. Was sollte ich sonst machen?«
»Das ist eine gute Frage«, murmelte Mann.
»Wie viele Kinder hast du?«
»Vier. Meine Frau arbeitet als Putzfrau. Das war alles, was wir hatten. Hast du was zu rauchen?« Mann reichte ihm seine Schachtel herüber.
»Nimm diese hier.«
»Was glaubst du, wie lange wird eine Frau warten?«
»Keine Ahnung«, sagte Mann vorsichtig.
»Nicht lange«, gab Boris sich selbst die Antwort.
»Nicht mit vier Kindern.« Blum rauschte heran und Mann berichtete schnell, was er von Boris erfahren hatte. Und er gab ihm den Zettel mit den Namen der übrigen Männer von Johann Hirtenmaier.
»Mein lieber Mann«, sagte Blum seufzend.
»Du machst es dem Generalstaatsanwalt aber schwer, dich zu feuern.« Dann lachte er und wollte mit Boris verschwinden. Doch er drehte sich noch einmal um. Sein Gesicht hatte plötzlich einen bitteren Ausdruck.
»Ich habe etwas vergessen. Es wird dich nicht freuen. Bakunin hat seinen Herzinfarkt nicht überlebt. Für Bakunin war das sicher gut, für uns ist das schlecht.«
VIERZEHNTES KAPITEL 
    Mann hockte in seinem Wagen und starrte wie betäubt durch die Scheibe auf die nachtschwarze Straße. Er spürte keinen Antrieb mehr, nur noch Erschöpfung. Katharina kam ihm in den Sinn. Vermutlich war sie bei ihren Eltern und beklagte die Ungerechtigkeiten, die ihr widerfahren waren. Wahrscheinlich würde sie schleunigst jemanden heiraten, um ein für alle Mal jede Unklarheit aus ihrem Leben zu verbannen. Er wunderte sich, dass er an sie dachte. Ziemann würde verschwimmen, irgendwann nur noch ein Name sein, mit dem etwas Unklares verbunden war. Was ist da nochmal passiert?, würden die Leute fragen. Vielleicht, nein, bestimmt würde aber er selbst zuweilen an Ernas Küchentisch sitzen und ihr Tatar essen. Benny, Trudi, ihr Zuhälter: abgehakt. Sirtel? Ein winziges Stück Geschichte der Stadt. Siebzehn Tote im Francucci’s , einen Gedenktag wert … Irgendwann Verhandlungen vor irgendwelchen Gerichten, in denen man um Klarheiten rang, die es niemals geben würde. Mann startete den Motor und fuhr gemächlich zu Tante Ichens Haus. Er betrat das Treppenhaus und hörte die anderen im Salon miteinander reden, gelassen und ruhig. Er streckte den Kopf durch die Tür und sagte:
»Es war tatsächlich nichts Besonderes. Ich geh schlafen; morgen früh, das wird ein hartes Gespräch.« Alle begannen gleichzeitig auf ihn einzureden, Tante Ichen, John und Marion. Aber er hatte die Tür schon geschlossen und stieg die Treppe hinauf. Matt dachte er: Ich wollte, ich wäre am Arsch der Welt, ich würde auf der Wiese sitzen und den umgekippten Bootsschuppen am See betrachten, endlos. Er zog sich aus und legte sich nackt auf das Bett. Dann fror er und kroch unter die Decke, um kurz darauf aufzustehen und sich vor das weit geöffnete Fenster zu stellen. Im Treppenhaus sagte John:
»Schlafen Sie wohl, meine Liebe.«
    Mann legte sich wieder unter die Decke und starrte in die Dunkelheit. Verbissen dachte er: Ich werde dem General sagen, dass er keine Ahnung davon hat, was in
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