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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte
Autoren: Reginald Hill
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oder? Ich meine, worum geht es überhaupt? Eine Art Metapher für das Leben, oder was? Und was soll diese komische Illustration bedeuten? Ich hoffe, du willst mir nicht weismachen, das sei das Beste, was dir bisher untergekommen ist. Wenn ja, möchte ich das andere Zeug aus deinem Kommt-in-Frage-Stapel lieber gar nicht erst sehen.«
    Er schüttelte lächelnd den Kopf. Von einem Flätscheln konnte hier nicht die Rede sein. Sein Lächeln war sogar ziemlich sympathisch. Ein besonders netter Zug von ihm war, daß er damit auf Komplimente wie auf Beleidigungen, auf Triumphe wie auf Niederlagen reagierte. Vor einigen Tagen zum Beispiel hätte ein weniger ausgeglichener Mann wohl die Nerven verloren, als ein schlechtverankertes Regal unter dem Gewicht des zwanzigbändigen
Oxford English Dictionary
zusammenbrach und seine Last auf eine Gruppe städtischer Würdenträger niedergehen ließ, die gerade das frischrenovierte Kulturzentrum besichtigte. Nur einer der Besucher wurde getroffen, ihm fiel der zweite Band mit voller Wucht auf den Zeh. Es handelte sich um Stadtrat Cyril Steel, einen erbitterten Gegner des Zentrums, der im Stadtrat häufig lauthals die »Verschwendung öffentlicher Mittel für einen Haufen windigen Unsinns« angeprangert hatte. Percy Follows, der eine PR -Katastrophe befürchtete, war herumgerannt wie ein verschreckter Pudel, aber Dee hatte einfach in die Fernsehkamera gelächelt, die das Ereignis für BBC Mid-Yorkshire aufzeichnete, und erklärt: »Jetzt wird sogar Stadtrat Steel einräumen müssen, daß ein wenig Gelehrsamkeit eine gefährliche Sache sein kann und unser Unsinn nicht unbedingt windig ist.« Dann hatte er seine Ausführungen fortgesetzt.
    Jetzt sagte er: »Nein, wegen mir müssen wir das nicht in die engere Wahl ziehen, obwohl es nicht schlecht geschrieben ist. Was die Zeichnung betrifft, sie ist teils Illustration und teils eine Art Illumination, glaube ich. Wirklich interessant sind aber die Parallelen zu einem Bericht in der heutigen
Gazette

    Er nahm die
Mid-Yorkshire Gazette
aus dem Zeitungsgestell. Sie erschien zweimal wöchentlich, am Mittwoch und am Samstag. Es handelte sich um die Mittwochsausgabe. Er schlug die zweite Seite auf, legte sie vor Rye auf den Tisch und deutete mit dem Daumen auf eine Meldung.
    AA -Mann stirbt bei tragischem Unfall
    Mr. Andrew Ainstable (34), ein Pannenhelfer der Automobile Association, wurde am Dienstag morgen offenbar ertrunken in einem flachen Bach unterhalb der Straße nach Little Bruton aufgefunden. Mr. Ainstable war, wie sich herausstellte, auf dem Weg nach Little Bruton, um dort Starthilfe zu leisten. Thomas Killiwick (27), ein ortsansässiger Farmer, der die Leiche entdeckte, vermutet, daß Mr. Ainstable angehalten hatte, um sich zu erleichtern, dann ausgerutscht und auf den Kopf gefallen war. Die Polizei will sich dazu zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äußern. Mr. Ainstable hinterläßt seine Frau Agnes und eine verwitwete Mutter. Man rechnet damit, daß in den nächsten Tagen eine gerichtliche Untersuchung anberaumt wird.
    »Und, was meinst du?« wollte Dee wissen.
    »Ich meine, nach dem Stil dieses Berichts zu urteilen, war es eine weise Entscheidung, daß die Leute von der
Gazette
es uns überlassen haben, den literarischen Wert dieser Geschichten zu prüfen.«
    »Nein. Ich spreche von der Sache mit dem Dialog. Ist doch ein merkwürdiger Zufall, findest du nicht?«
    »Eigentlich nicht. Ich glaube, es ist gar kein Zufall. Schriftsteller holen sich ihre Ideen bestimmt oft aus der Zeitung.«
    »Aber der Artikel stand erst heute morgen in der
Gazette.
Und der Text stammt aus den Einsendungen, die sie gestern abend rübergeschickt haben. Also haben sie ihn wohl gestern irgendwann erhalten. Am selben Tag, an dem der arme Kerl da ums Leben gekommen ist, und bevor der Autor etwas darüber gelesen haben kann.«
    »Gut, dann ist es also doch ein Zufall«, erwiderte Rye gereizt. »Ich habe gerade eine Geschichte über einen Mann gelesen, der im Lotto gewinnt und dann einen Herzinfarkt bekommt. Ich wage zu behaupten, daß diese Woche tatsächlich irgendwo jemand im Lotto gewonnen und einen Herzinfarkt bekommen hat. Und auch wenn es der Aufmerksamkeit der Pulitzer-Preis-Jäger bei der
Gazette
entgangen ist, es bleibt doch ein Zufall.«
    »Trotzdem«, sagte Dee, der nicht so leicht davon abzubringen war, die Sache merkwürdig zu finden. »Da ist noch was, das Pseudonym fehlt.«
    Die Regeln des Wettbewerbs sahen vor, daß die Teilnehmer ein
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