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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte
Autoren: Reginald Hill
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nicht frei von Hindernissen sein. Aber jetzt war dieser Weg klar markiert. Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem ersten Schritt.
    Und diesen Schritt hatte ich einfach getan, indem ich still dastand und dir vertraute, mein Führer.
     
    Wir sprechen uns bald wieder.

[home]
    Zwei
    G ütiger Gott«, sagte Dick Dee.
    »Was?«
    »Hast du das gelesen?«
    Rye Pomona seufzte etwas lauter als nötig und bemerkte sarkastisch: »Da wir beschlossen haben, sie gerecht zu teilen und dies mein Stapel ist und das deiner, und da das Blatt in deiner Hand von deinem Stapel stammt und ich mich angestrengt darauf konzentriere, meinen abzuarbeiten, ist die Wahrscheinlichkeit nicht besonders hoch, daß ich es gelesen habe, oder?«
    Eine der guten Seiten von Dick Dee war, daß er Frechheiten nicht übelnahm, auch nicht von seiner jüngsten Mitarbeiterin. Genaugenommen hatte er sogar ziemlich viele gute Seiten. Er kannte seine Aufgaben als Leiter des Lesesaals der Mid-Yorkshire Bibliothek aus dem Effeff und war gleichermaßen willig und befähigt, sein Wissen weiterzugeben. Er erledigte seinen Anteil an der Arbeit, und auch, wenn Rye manchmal beobachtete, daß er lexikologische Recherchen für sein, wie er es nannte,
minisculum opusculum
anstellte, so tat er dies stets während seiner offiziellen Pausen, die er niemals ausdehnte, auch nicht, wenn es sehr ruhig zuging. Gleichzeitig nahm er es gelassen hin, wenn sie ihre Mittagspause ein wenig überzog. Auch enthielt er sich jeden Kommentars über ihre Kleidung und wandte weder prüde die Augen von ihren schlanken braunen Beinen unter dem knappen Minikleid ab, noch glotzte er sie geil an. Er hatte sie zu sich nach Hause eingeladen und nicht den geringsten Annäherungsversuch unternommen (sie war sich nicht sicher, wie sie das finden sollte!). Und obwohl er bei der ersten Begegnung ihr auffälligstes Merkmal, eine silbergraue Strähne, die aus den üppigen braunen Locken hervorleuchtete, sehr wohl bemerkt hatte, zeigte er so taktvolles Desinteresse daran, daß sie das Thema schließlich abhakte, indem sie es selbst anschnitt.
    Auch nutzte er seine leitende Stellung keineswegs, um ihr die mühsamsten Arbeiten aufzubürden, sondern übernahm seinen Anteil, was ihn zum leuchtenden Vorbild erhoben hätte, wäre er im Angesicht der gegenwärtigen Mühsal in der Lage gewesen, mehr als ein paar Seiten am Stück zu lesen, ohne ihr seine Gedanken mitteilen zu wollen. Aber da er nur über ihre bissige Bemerkung grinste, fühlte sie sich gleich schuldig und nahm ihm ohne weiteren Protest die Papierbögen aus der Hand.
    Wenigstens war der Text getippt. Viele waren handschriftlich eingereicht worden, und sie hatte bald die Lehrern längst bekannte Entdeckung gemacht, daß auch die sauberste Handschrift so unleserlich wie die Blätter des Delphischen Orakels sein kann. Wobei noch zusätzlich abschrekkend wirkte, daß man, wenn sich einem schließlich der Sinn erschlossen hatte, keineswegs einen brauchbaren göttlichen Fingerzeig für die Zukunft in der Hand hatte, sondern einen abscheulichen, unverdaulichen Klumpen Prosa.
    Der Short-Story-Wettbewerb von Mid-Yorkshire war von der Chefredakteurin der
Mid-Yorkshire Gazette
und dem Leiter der Bibliotheken von Mid-Yorkshire gegen Ende eines feuchtfröhlichen Arbeitsessens ersonnen worden. Im Lichte des nächsten Morgens hätte die Idee eigentlich wie andere Nachtgespenster verkümmern und verenden müssen. Aber unglücklicherweise glaubten sowohl Mary Agnew von der
Gazette
als auch Percy Follows, der Bibliotheksdirektor, der andere habe es auf sich genommen, den Löwenanteil der Arbeit und der Kosten zu tragen. Als sie ihren beiderseitigen Irrtum erkannten, kursierten bereits Vorankündigungen des Wettbewerbs in der Öffentlichkeit. Agnew, die es wie die meisten alten Hasen der Provinzpresse vorzüglich verstand, das Beste aus unangenehmen Aufgaben zu machen, ergriff nun die Initiative. Sie überredete ihren Verleger, einen kleinen Geldpreis für die beste Geschichte auszusetzen, die überdies in der Zeitung veröffentlicht werden sollte. Und sie sicherte sich die Dienste eines bekannten Preisrichters in Gestalt des Honourable Geoffrey Pyke-Strengler, der sich für die Öffentlichkeit vor allem dadurch empfahl, daß er bereits als Autor hervorgetreten war (mit den Erinnerungen an eine sportliche Karriere, die hauptsächlich im Abschlachten von Fischen, Vögeln und Füchsen bestand). Hinzu kam noch, daß er chronisch pleite war und gelegentlich
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