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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte
Autoren: Reginald Hill
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steht man gut da, aber man hält sich meistens im Haus auf und hat so viel mit Toten zu tun. Jetzt bin ich an der frischen Luft, und rundum lebt alles! Sogar wenn der Herbst kommt, gibt es noch jede Menge Leben und Wachstum. Gut, dann kommt der Winter, aber auch das ist nicht das Ende aller Dinge, nicht wahr? Nur ein langer Schlaf, ein Kräftesparen, ein Warten auf das Zeichen, wieder hervorzutreten und zu erblühen. Ein bißchen wie das Gefängnis, wenn der Vergleich nicht zu weit hergeholt ist.«
    Er nimmt mich auf die Schippe, dachte Pascoe. Da muß ich wohl mal die Peitsche knallen lassen.
    »Die Welt ist voller Gärten«, entgegnete er kühl. »Warum ausgerechnet dieser? Warum sind Sie nach Mid-Yorkshire zurückgekommen?«
    »Oh, tut mir leid, das hätte ich erwähnen sollen. Es geht um meinen anderen Job, meine eigentliche Beschäftigung – meine Doktorarbeit. Sie wissen doch, daß ich an meiner Dissertation arbeite?
Rache und Vergeltung im englischen Drama?
Natürlich, Sie wissen es. Das Thema hat Sie doch damals auf die falsche Spur gebracht, nicht wahr? Ich kann das verstehen, wo doch Mrs. Pascoe bedroht wurde und so weiter. Die Sache haben Sie aber geklärt, oder? In den Zeitungen habe ich jedenfalls nichts darüber gefunden.«
    Er verstummte und sah Pascoe fragend an, der schließlich antwortete: »Ja, wir haben das geklärt. Und in den Zeitungen stand nicht viel.«
    Weil es vom Geheimdienst vertuscht worden war, aber darüber wollte Pascoe sich nicht auslassen. Und obwohl er sich über Roote ärgerte und dessen Motiven zutiefst mißtraute, überkamen ihn immer noch Schuldgefühle, wenn er an die Geschichte dachte. Als Ellie von Unbekannten bedroht worden war, hatte er sich nach Verdächtigen umgesehen. Dabei hatte er festgestellt, daß Roote, den er ein paar Jahre zuvor wegen Anstiftung zum Mord hinter Schloß und Riegel gebracht hatte, wieder auf freiem Fuß war, in Sheffield als Krankenhauspförtner arbeitete und nebenbei eine Doktorarbeit über das Thema Rache schrieb. Da hatte er die Kollegen von South Yorkshire veranlaßt, ihn ein wenig in die Mangel zu nehmen, und war dann selbst hingefahren, um ein Wörtchen mit ihm zu reden. Bei seiner Ankunft hatte er Roote mit aufgeschnittenen Handgelenken im Bad vorgefunden, und als er später einräumen mußte, daß Roote mit dem Fall, den er, Pascoe, untersuchte, rein gar nichts zu tun hatte, hatten die Bewährungshelfer natürlich sofort Schikane geschrien.
    Wenigstens hatte er nachweisen können, daß er nach Vorschrift gehandelt hatte. Gerade noch. Aber er hatte dieselbe Mischung aus Schuldgefühl und Wut empfunden wie jetzt.
    Roote ergriff wieder das Wort.
    »Jedenfalls hat mein Doktorvater in Sheffield seinen neuen Posten hier an der Universität gerade dieses Semester angetreten. Er hat mir auch geholfen, die Stelle als Gärtner zu bekommen. Sie sehen also, es hat alles gepaßt. Ich hätte mir vermutlich auch einen neuen Doktorvater suchen können, aber ich war gerade bei den interessanteren Aspekten meiner Dissertation angelangt. Ich meine, die Elisabethaner und Jakobäer waren natürlich faszinierend, doch an denen haben sich schon so viele Gelehrte vergangen, daß es schwierig ist, etwas wirklich Neues zu bringen. Aber mittlerweile bin ich bei den Romantikern angelangt: Byron, Shelley, Coleridge, sogar Wordsworth, sie alle haben sich am Drama versucht. Am meisten fasziniert mich jedoch Beddoes. Kennen Sie sein Stück
Death’s Jest-Book?«
    »Nein«, erwiderte Pascoe. »Sollte ich?«
    Noch während er sprach, fiel ihm ein, daß er den Namen Beddoes unlängst gehört hatte.
    »Hängt davon ab, was Sie unter
sollte
verstehen. Er verdiente es, bekannter zu sein. Er ist phantastisch. Und da mein Doktorvater ein Buch über Beddoes schreibt und wahrscheinlich mehr über ihn weiß als sonst jemand auf der Welt, mußte ich einfach bei ihm bleiben. Aber selbst mit einem anständigen Auto ist es von Sheffield bis hier ziemlich weit, und der fahrbare Untersatz, den ich mir leisten kann, hat mehr Ausfallzeiten als ein ganzes städtisches Lehrerkollegium! Für mich war der Umzug wirklich sinnvoll. Also hat sich in der besten aller möglichen Welten alles zum Besten gewandt!«
    »Dieser Doktorvater«, sagte Pascoe, »wie heißt der eigentlich?«
    Er hätte nicht zu fragen brauchen. Inzwischen erinnerte er sich, wo er den Namen Beddoes gehört hatte, und er kannte die Antwort bereits.
    »Er hat den besten Namen, den man sich für Dozenten englischer Literatur
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