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Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Titel: Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)
Autoren: Ingrid Müller
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Aber ohne Nervenkitzel.
     
    Heute Abend war Ännchen ganz Anne-Kathrin. Sie saß kerzengerade auf ihrem wackligen Gefängnisstuhl und genoss die Delikatessen. Sie strahlte. So etwas Gutes hatte sie noch nie zu essen bekommen.
    „Also?“ fragte sie erwartungsvoll.
     
    *****
     
    An diesem Wochenende setzten wir keinen Fuß vor die Tür. Um es präzise auszudrücken: wir kamen praktisch nicht aus dem Bett, denn auch die Mahlzeiten nahmen wir im Bett ein, indem wir uns gegenübersitzend gegenseitig fütterten. Er stellte Fragen, und ich erzählte aus meinem Leben. Das war wohltuend, denn bisher wollten immer alle Leute mir ihre Leidensgeschichte erzählen. Jochen hörte zu, er nahm an jeder Einzelheit Anteil und bestätigte mir immer wieder, für wie tüchtig er mich hielte und wie sehr er mich für das, was ich erreicht hatte, bewunderte. „Jetzt bist Du dran,“
    sagte ich Sonntag Nachmittag.
    „Warum bist Du eigentlich noch nicht verheiratet?“
    „Aber ich bin doch verheiratet“, gab er erstaunt zurück.
    Ich wundere mich noch heute, dass ich diese Mitteilung überlebt habe. Zuerst konnte ich nur zusammenhanglos stammeln. Dann sagte ich:
    „Du meinst, Du überfällst mich, zerrst mich ins Bett, flüsterst mir die heißesten Liebesschwüre ins Ohr und bist verheiratet? Lebst Du wenigstens in Scheidung?“
    Die hellste Form der Verzweiflung hatte mich gepackt. Aber er sah mich nur interessiert an, so wie man ein erlegtes Beutetier begutachtet. Das brachte mich wieder zur Vernunft.
    „O.k.“ sagte ich, „wir hatten vorher keine Zeit, Informationen auszutauschen, oder?“
    „Nein“, antwortete er. „Ob Du es glaubst oder nicht, meine Ehe ist hinüber, aber ich kann mich zurzeit nicht scheiden lassen.“
    „Das ist wenigstens eine klare Aussage. Und was machen wir jetzt? Das Wochenende ist vorbei, adieu?“
    Wut kam in mir hoch.
    „Das liegt an Dir. Ich hätte da eine bestimmte Idee
     
     
     
     
     
     
     
    Kapitel VI
     

 
Jochens Kindheit in Frankfurt war armselig. Sein Vater kam zwar aus einer wohlhabenden Familie, war aber nicht in der Lage gewesen, irgendeinen Beruf zu erlernen, der ihn und eine Familie ernährt hätte. Als Kind restlos verzogen, in der Schulzeit mit viel zu viel Taschengeld ausgestattet, hatte er überhaupt keine Lust, irgendwelche Leistungen zu zeigen. Schließlich hatte der Großvater dem Vater jegliche Zuwendungen gestrichen. Er versuchte es mit allerlei Tätigkeiten. Die durften aber nicht in Arbeit ausarten, und so hielt es ihn nirgendwo lange. Jochen meinte, sein Vater habe sich auch als Hochstapler über Wasser gehalten. Wahrscheinlich hat er einen Teil seines Lebens im Gefängnis verbracht. Genaues wurde nie bekannt, denn als Jochen sieben Jahre alt war, verschwand sein Vater spurlos und ließ die Mutter mit ihm und einer jüngeren Schwester zurück. Man hörte nichts mehr von ihm, und die Familie konnte nur überleben, weil der Großvater sie finanziell unterstützte. Schließlich lernte die Mutter einen gutsituierten Fabrikanten kennen, heiratete ihn und bekam ein weiteres Kind, einen Stammhalter, der die Fabrik eines Tages erben würde.
     
    Jochen hatte große Probleme mit dem strengen Stiefvater, der wohl Angst hatte, Jochen werde ein Versager wie sein Vater. Diese Befürchtungen waren auch nicht ganz unberechtigt, denn Jochen war in der Schule unkonzentriert, hyperaktiv und ständig in der Gefahr sitzen zu bleiben. In seiner Klasse war er, bis auf wenige Ausnahmen, äußerst beliebt, denn er hatte in erster Linie Blödsinn im Kopf, und so mancher Streich, den er den Lehrern spielte, ging auf seine Rechnung. Die Klassenkameraden waren solidarisch, so dass er nie verpfiffen wurde. Aber eines Tages hatte er den Bogen überspannt. Es gab eine allseits ungeliebte Biologie-Lehrerin, nach Ansicht der meisten Schüler eine Schreckschraube. Sie war die personifizierte Langeweile, äußerst penetrant, und sie schikanierte die Schüler, indem sie schlechte Noten verteilte, wenn Fragen nicht beantwortet wurden zu Themen, die noch gar nicht behandelt worden waren. Eines Tages hatte sich Jochen eine „sechs“ eingehandelt, die vielleicht sogar berechtigt war, aber in der Klasse brodelte es. Jochen spannte einen Perlonfaden über den Flur, und als die „Schreckschraube“, bepackt mit Büchern und Klassenarbeitsheften dort entlang kam, stolperte sie und zog sich einen komplizierten Schienbeinbruch zu. Jochen stand mit seinen Fans in sicherem Abstand und lachte sich halbtot,
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