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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Mo Hayder
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Säulen, die noch aus der Zeit stammen, als das Gebäude ein Zuckerspeicher war. Von hier aus hat man einen Blick über das Stadtzentrum, und in Augenhöhe ragt die Baptistenkirche St. John, die nachts angestrahlt wird, in den Himmel.
    Jacqui holt sich sofort einen Wodka-Orange aus der Minibar. Sie geht ins Bad, und Caffery kippt den Drink aus dem Fenster und füllt das Glas mit Orangensaft. Er stellt es auf den Nachttisch und bleibt am offenen Fenster stehen. Es ist eiskalt draußen, und er hört das klingende Gelächter der Gäste in den Bars unten an der Straße, das in Wellen zu ihm heraufweht.
    Er ist seit mehr als drei Jahren in diesem Teil des Landes, und allmählich kennt er Bristol genauso gut wie South London, wo er aufgewachsen ist. Er kennt die Bars und die Verbrechen, die in der Stadt begangen worden sind – er kann all die vergangenen Kneipenschlägereien und Morde im Kopf rückwärts abspulen. Die Barfrau in einem Lokal, nur ein paar hundert Meter von hier, vor acht Jahren erstochen von einem Gast, der gewartet hat, bis der Laden leer war und er mit seinem Opfer allein sein konnte. Eine Prügelei ein paar Meter weiter unten an der Straße, die damit geendet hat, dass einem Achtzehnjährigen das Gesicht zerschnitten wurde. Gleich daneben ein Imbiss, der eines Tages vor neunzehn Monaten dichtgemacht wurde, weil dort nicht nur Kebab, sondern auch Crack und Ketamin verkauft wurden.
    Es ist Cafferys Aufgabe, die Geheimnisse aufzuspüren, die sich hinter den Fassaden verbergen. Sein Dezernat – MCIT , das Major Crime Investigation Team – ist zuständig für Mord- und andere komplizierte Fälle. Die Fälle, die höchste Aufmerksamkeit erfordern. Wie der, über den Jacqui so wütend ist.
    Die Toilettenspülung rauscht, und sie kommt wieder heraus. Sie ignoriert das Glas und wirft sich bäuchlings auf das Bett.
    »Alles okay?«
    Sie nickt ins Kopfkissen. »Ich habe eine Schlaftablette genommen.«
    »Ist das eine gute Idee?«
    »Ist die einzige Idee.«
    Caffery sieht auf die Uhr. Er wird also bei ihr warten und aufpassen müssen, dass sie sich nicht übergibt und erstickt. Oder ins Koma fällt. Er sieht sich um. Da steht ein weiches braunes Sofa mit goldenen Kissen, auf dem er es sich bequem machen kann. Er zieht die Tagesdecke über Jacqui und geht ins Bad. Steckt den Stöpsel in den Abfluss im Waschbecken und dreht die Wasserhähne auf. Während das Becken vollläuft, durchstöbert er die Medikamentenschachteln, die sie ringsum verstreut hat. Da ist nichts Verschreibungspflichtiges dabei, nur freiverkäufliche Mittel: Tabletten gegen zu viel Magensäure, Paracetamol, etwas zur Gewichtsabnahme. Und eine Schachtel Schlaftabletten. Nytol. Er macht sie auf. Eine der Blasen in der Durchdrückpackung ist leer. Er wirft einen Blick in den Mülleimer und sieht keine leere Tablettenschachtel. Sie hat also nicht überdosiert.
    Er durchwühlt die Designer-Toilettenartikel und findet ein Duschgel, das er ins Waschbecken spritzt, bis er Schaum machen kann. Dann zieht er sein Hemd aus und wirft es ins Wasser. Er reibt es mit Seife ein und schrubbt den vom Wein durchtränkten Kragen. Schließlich spült er es aus und hängt es über den großen Duschkopf.
    Er geht zurück ins Zimmer und trocknet sich die Hände an seinem Handtuch ab. Jacqui liegt noch so, wie er sie verlassen hat: auf dem Bauch, die Arme weit ausgebreitet, den Kopf zur Seite gedreht. Er bleibt bei ihr stehen und legt den Kopf schräg, wartet und lauscht. Sie hat die Augen geschlossen und schnarcht leise.
    Er setzt sich in einen der tiefen Ledersessel und lässt den Blick durch den Raum wandern. Es gibt einen Fernseher, aber damit würde er sie wecken. Ein paar Illustrierte. Er blättert darin, doch sie geben nichts her. Ein Artikel über ein Designerhotel am Stadtrand von Bristol findet kurz seine Aufmerksamkeit, weil er um die Mittagszeit in ebendiesem Hotel war – als Teilnehmer bei dem mörderisch langweiligen Strafrechtsforum. Er erkennt die kupfernen Waschbecken unter den Deckenstrahlern auf der Herrentoilette wieder, die langgedehnte, aus Beton gegossene Rezeptionstheke. Er hat ein paar Minuten mit einer hübschen, sehr professionellen Frau an dieser Theke gestanden – einer Blonden in einer hohen Position bei irgendeiner lokalen Gesundheitseinrichtung – und gefachsimpelt, und die ganze Zeit über hat sein primitives Gehirn unbestimmte, theoretische Spekulationen darüber angestellt, ob er sie ins Bett kriegen könnte oder nicht. Sie war das
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