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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Mo Hayder
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Gefühl gehabt, der Mann sei leicht zu beeinflussen.
    »Hör auf, Kollege. Ich habe genug Probleme mit den Patienten, ohne dass das verdammte Sicherheitspersonal jetzt zu Heulsusen wird.«
    Big Lurch lächelt schief und legt einen Finger an die Stirn, als wolle er seine Verlegenheit verbergen. Er will eben eine schlagfertige Antwort geben, als das Licht flackert. Beide Männer legen den Kopf in den Nacken und schauen zur Decke. Das Licht flackert noch einmal. Dann beruhigt es sich, und der Korridor sieht normal wie immer aus. AJ mustert Big Lurch mit schmalen Augen. Vor einer Woche hat es einen Stromausfall gegeben, und noch einer wäre das Letzte, was sie gebrauchen können. Die Patienten würden durch die Decke gehen.
    »Duu duu duu duu, duu duu duu duu.« Er singt die Titelmusik von Twilight Zone und wackelt mit Gespensterfingern vor Big Lurchs Gesicht herum. »Komm, Scooby, wir verstecken uns unter dem Sofa.«
    Der Wachmann grinst betreten und schiebt AJs Hände weg. »Siehst du, deshalb reden Männer nicht gern über Gefühle. Wegen Wichsern wie dir.«
    AJ seufzt. Mit einem Lachen kann er das hier nicht abtun. Big Lurch macht wirklich, wirklich keine Witze.
    »Ist es dir nicht aufgefallen, AJ? Dass alle sich krankmelden?«
    »Doch. Zufällig ist es mir aufgefallen. Man arbeitet eine Doppelschicht, um Leute zu vertreten, und das prägt sich irgendwie ein.«
    »Ja. Und weißt du, was sie sagen?«
    »Wir müssen darüber jetzt nicht reden.«
    Big Lurch tritt voller Unbehagen von einem Bein auf das andere. Streicht sich mit dem Zeigefinger unter dem Kragen entlang. »Einer von ihnen ist vorgestern Nacht kurz eingenickt. Auf Station Löwenzahn. Er sagt, er hat etwas in seinem Zimmer gesehen, als er aufwachte.«
    AJ lacht. Zu laut. Das Lachen hallt durch den Korridor und kommt als Echo zurück. »Ach komm, das war ein Angina-Pectoris-Anfall. Sie haben ihn zum Arzt gebracht, und der hat es bestätigt.« Er schüttelt den Kopf. »Dieses … diese ganze … Sache … das ist einfach …«
    »AJ, du weißt, wovon ich rede. Ich habe Mühe, irgendeinen der Jungs dazu zu bringen, die Nachtschicht zu übernehmen. Wenn ich sie dafür einplane, weiß ich schon, dass sie anrufen und sagen, sie sind krank oder haben eine Autopanne oder so was.«
    AJ schiebt die Hände in die Taschen und schaut auf seine Füße. Er weiß, wo das hinführt. Zu einer Massenhysterie nämlich. Nach jahrelangem Schweigen zum Thema Geister und Spuk sind die Geschichten und Gerüchte plötzlich alle wieder da. Leute melden sich krank, Monster Mother gerät in Panik, Big Lurch ist schwer nervös. Und sogar er selbst, AJ, hat sich davon anstecken lassen. Träumt von diesem verdammten Ding.
    Er schaut im Korridor hin und her. Alles ist still und leer. Das einzige Licht kommt von der Sicherheitsbeleuchtung in Kniehöhe, und das einzige Geräusch ist das Ticken und Rascheln von Zweigen und Blättern an den Fenstern. Der Augenblick ist gekommen. Er wird es amtlich machen und gleich morgen früh mit der Klinikdirektorin sprechen müssen. Die Sache muss im Keim erstickt werden, bevor die ganze Klinik den Bach hinuntergeht.
    Hotel du Vin, Sugar House, Bristol
    Während der Fahrt wird klar, dass Jacqui Kitson ihn schon den ganzen Tag verfolgt hat. Sie schwankt hin und her zwischen betrunkenem Flirten und unflätigem, wütendem Weinen.
    »Sie sind so beschissen fit«, erklärt sie und zieht erbost an ihrer Zigarette. »Ich würde Ihnen eine abgeben, wenn ich Sie nicht so sehr hassen würde. Sie hässlicher Scheißkerl.«
    Soweit er sie verstanden hat, hat sie ihr Auto in der Nähe seines Büros in St. Philips abgestellt und ist ihm seitdem zu Fuß gefolgt. Morgen hat sie ein Interview bei einer überregionalen Zeitung, die ihr das Hotel bezahlt, und wahrscheinlich hat sie es so geplant, dass sie gleichzeitig Caffery überfallen konnte. Sie hat am Mittag angefangen zu trinken.
    Da Jacqui Kitson ist, wer sie ist, hat sie sich für das Hotel du Vin entschieden, denn hier steigen gelegentlich Prominente ab, und es hat einen gewissen luxuriösen Glamour. Das Personal lächelt gequält, als sie hereinkommt, zerzaust und nach Erbrochenem riechend. Jemand mit der Haltung eines Security-Beauftragten, aber mit roten Flecken auf Hemd und Kragen, führt sie durch die Lobby.
    Sie hat eine Suite unter dem Dach: Eine der vier Wände ist mit einem sich wiederholenden Muster in Bronze und Schwarz tapeziert, davor tiefe, bequeme Ledersessel und überall die lackierten gusseisernen
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