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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Mo Hayder
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geschafft, diesen langweiligen Tag doch noch interessant zu machen.
    Interessant. Nicht angenehm. Er hat halb damit gerechnet, und zwar schon lange.
    Sie hat aufgehört, auf die Türsteher einzureden, und sitzt jetzt auf dem Bordstein. Sie hat den Kopf in die Hände gelegt und weint. Als Caffery schließlich seine Rechnung bezahlt hat, haben die beiden Wachleute die Tür wieder freigegeben und die Gäste hereingelassen, die draußen gewartet haben. Sie werfen vorsichtige Blicke auf die Frau, als sie sich hineinzwängen, und treten nur kurz beiseite, um Caffery nach draußen zu lassen.
    Er schiebt seine Brieftasche unter die Jacke. Vierzig Pfund hat er bezahlen müssen. Ganz schön happig für ein einsames Mahl, aber er hat in letzter Zeit kaum etwas, wofür er sein Geld ausgeben kann. Er ist ständig auf der Suche nach einem Hobby, das ihn von der Arbeit ablenken könnte, doch es ist gar nicht so leicht, etwas zu finden. Alleine essen zu gehen, das weiß er, ist jedenfalls nicht die Lösung. Vielleicht, wenn es jemanden gäbe, der ihn begleitete? Es gibt da eine Frau, die er gern fragen würde, aber davor türmt sich ein Berg von Komplikationen. Und was Jacqui Kitson nicht weiß – zwischen ihr und diesen Komplikationen besteht ein enger Zusammenhang.
    »Jacqui«, sagt er und bleibt bei ihr stehen. »Sie wollen reden.«
    Sie dreht den Kopf und betrachtet seine Schuhe. Dann hebt sie das Gesicht – halb blind. Ihre Augen sind ganz verquollen, die Wimperntusche hat schwarze Streifen auf ihren Wangen hinterlassen. Ihr Kopf sitzt wacklig auf dem Hals. Sie hat sich in die Gosse erbrochen, ihre Handtasche liegt halb auf der Straße, quer über der doppelten gelben Linie. Sie sieht völlig fertig aus.
    Er setzt sich neben sie. »Jetzt bin ich hier. Sie können mich anschreien.«
    »Will nicht schreien«, murmelt sie. »Will sie nur wiederhaben.«
    »Ich weiß – das wollen wir alle. Wir alle wollen sie wiederhaben.« Er klopft seine Taschen ab und zieht eins der silber-schwarzen Röhrchen heraus, die er seit Monaten mit sich herumschleppt. E-Zigaretten. Er hat versucht, seine alte, schlechte Gewohnheit loszuwerden, und nach jahrelangem Druck von Staat und Freunden ist es ihm endlich gelungen: Stattdessen benutzt er jetzt diesen stählernen Ersatz. Klickend steckt er den Verdampfer in das Akku-Gehäuse. Die technischen Mätzchen der E-Zigarette sind ihm immer noch ein bisschen peinlich, und wenn er neben sich säße und zusähe, wäre die Versuchung groß, eine ätzende Bemerkung zu machen. Die Blicke von Autofahrern und Passanten streifen kurz über das Paar, das da auf dem Randstein sitzt. Eine pinkfarbene Hummer-Stretch-Limo gleitet im Schritttempo vorbei. Angeheftete L-Schilder weisen auf einen Führerscheinneuling hin. Die schwarz getönten Fenster sind offen. Eine Frau mit einem pinkfarbenen Cowboyhut lehnt sich heraus und winkt Caffery zu.
    » Liebe ich dich «, schreit sie, als der Hummer vorbeizieht. » Wirklich!!!! «
    Caffery saugt den Nikotindampf ein, hält ihn in der Lunge und bläst ihn dann in dünnem Strahl wieder aus. » Jacqui, Sie sind weit weg von zu Hause. Wie sind Sie hergekommen – allein?«
    » Ich bin doch jetzt immer allein, oder? Fuck , ich bin immer allein.«
    »Und wie kriege ich Sie dann nach Hause? Sind Sie mit dem Auto da?«
    »Ja.«
    »Den ganzen Weg von Essex hierher?«
    »Was sind Sie doch für ein gottverdammter Idiot! Ich wohne heute Nacht hier … in einem Hotel. Mein Auto ist …« Sie wedelt unbestimmt über die Straße bergab. »Keine Ahnung.«
    »Sie sind doch nicht in dem Zustand gefahren, oder?«
    Sie starrt benebelt auf die E-Zigarette. »Kann ich auch eine haben?«
    »Das ist keine richtige.«
    »Geben Sie mir eine aus meiner …« Mit schmalen Augen sucht sie nach ihrer Handtasche. Dann schlägt sie mit beiden Händen auf den Boden und tastet panisch umher.
    »Hier.« Caffery hebt die Tasche von der Straße auf und reicht sie ihr. Sie hält inne, runzelt vorwurfsvoll die Stirn und reißt die Tasche an sich, als sei er dabei gewesen, sie zu stehlen. Sie fängt an, darin herumzuwühlen, aber immer wenn sie den Kopf senkt, bringt der Alkohol sie aus dem Gleichgewicht, und sie muss den Kopf zurücklegen und tief durchatmen.
    »Oh«, sagt sie, »alles dreht sich. Ich bin besoffen, was?«
    »Machen Sie die Tasche zu, Jacqui. Sie verlieren sonst Ihr ganzes Zeug. Kommen Sie.« Er steht auf. Hält ihr eine Hand entgegen. »Ich fahre Sie zu Ihrem Hotel.«
    Das alte Armenhaus
    Das Herz
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