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Schmidt Liest Proust

Schmidt Liest Proust

Titel: Schmidt Liest Proust
Autoren: Jochen Schmidt
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Jochen Schmidt studierte Informatik, Germanistik und Romanistik an der Humboldt-Universität zu Berlin. 1999 erhielt er den Open-Mike-Literaturpreis der Literaturwerkstatt Berlin. Im selben Jahr gründete er die Lesebühne »Chaussee der Enthusiasten« mit. 2002 wurde er mit dem Publikumspreis des Steirischen Herbstes ausgezeichnet und 2004 mit dem Förderpreis zum Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor. 2007 wurde er für den Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb nominiert. Der Autor von »Triumphgemüse« (C.H.BECK, 2000) und »Müller haut uns raus« (C.H.BECK, 2002) ist auch in der Anthologie »Chaussee der Enthusiasten« (Voland & Quist, 2006) vertreten. 2007 erschien »Meine wichtigsten Körperfunktionen« (C.H.BECK).
    Jochen Schmidt
    Schmidt liest Proust
    Quadratur der Krise
    Alle Zitate aus: Proust, Marcel: »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit«, Rütten & Loening, Berlin 1974
    Beitrag vom 26.10.06 mit freundlicher Genehmigung von Kathrin Passig.
    Beitrag vom 24.12.06 mit freundlicher Genehmigung von Annett Gröschner.
    Beitrag vom 07.01.07 bereits veröffentlicht in Schmidt, Jochen: »Meine wichtigsten Körperfunktionen«, C.H.BECK, München 2007. Wir danken für die freundliche Genehmigung.
    singles 16
    Verlag Voland & Quist, Dresden und Leipzig, 2008
    © by Verlag Voland & Quist – Greinus und Wolter GbR
    ISBN: 978-3-938424-68-1
    Lektorat: Stephan Ditschke
    Covergestaltung: Tim Jockel
    E-Book-Erstellung: nimatypografik
    www.voland-quist.de
    »Ein Schriftsteller kann sich ohne Furcht an eine lange Arbeit begeben. Der Verstand kann ruhig sein Werk beginnen, auf seinem Wege werden ihm genügend Leiden begegnen, die seine Vollendung bewirken.«
    Marcel Proust »Die wiedergefundene Zeit«
    »Quidquid bene dictum est ab ullo meum est.«
    Seneca
    Vorwort
    Ich hatte geplant, ein halbes Jahr lang jeden Tag zwanzig Seiten Proust zu lesen, ich hatte nicht geplant, ein weiteres halbes Jahr dafür zu opfern, aus meinem Lektüreblog »Schmidt liest Proust« ein Buch zu machen. Die Arbeit war nötig, denn man versteht sein Leben mit zwei Jahren Abstand natürlich viel besser. Man ist ja in der Regel geistig gar nicht auf seinem eigenen Niveau, sondern befangen in der »Stullizität des Unmittelbaren« (Jürgen Kuttner). Zwei Jahre später fällt mir endlich das richtige Wort ein. Außerdem mußte ich nicht mehr so viel Rücksicht nehmen und konnte Zensiertes entschleiern und Verzichtbares kürzen. Am Blog gefiel mir das Spielerische, die Selbstverpflichtung, erbarmungslos jeden Tag zu veröffentlichen, unabhängig von der eigenen Verfassung. Diszipliniert die eigene Disziplinlosigkeit zu dokumentieren, das Nebensächliche aufzuschreiben ohne geschwätzig zu werden. Es gibt Texte, an denen man bis zu seinem Tod feilen sollte, und es gibt Texte, die das kaputtmachen würde. An alten Fotos ist meistens das interessant, was nur zufällig ins Bild geraten ist. Was auf einem Foto zu sehen ist, ändert sich ja mit der Zeit. Auf dem Haus am Alex stand also »Chemie-Erzeugnisse aus der DDR«? Nie hätte ich das bewußt fotografiert, es war mir ja gar nicht aufgefallen, als es noch dort stand. Aber jetzt ist es für mich die Hauptattraktion des Fotos. Solches Material wollte ich für die Zukunft sammeln, Ruinen von morgen, Details, die die Gewohnheit unsichtbar werden läßt. Die Idee schien mir zu Proust zu passen. Im übrigen ist mein Text immer besser geworden, je schlechter es mir ging. Insofern sagt er eigentlich überhaupt nichts über mich aus. Dazu müßte ich ein Buch darüber schreiben, wie ich ein Buch über Proust geschrieben habe. An zwei Tagen mußten mir sogar Kolleginnen aushelfen, weil eine heftige Liebeserkrankung – an der ich Proust die Schuld gebe – mich aus der Bahn zu werfen drohte. Ich danke Kathrin Passig und Annett Gröschner.
    Ich habe mir nie angemaßt, etwas Relevantes zu Proust zu sagen zu haben, ich wollte nur meine Begeisterung mitteilen und andere zur Lektüre verführen. Ich habe die »Recherche« bewußt naiv gelesen und mich nicht weitergehend informiert, sie sollte als Buch funktionieren. Im Lauf der Lektüre habe ich ein paar Kategorien eingeführt, um die Materialmasse zu ordnen, sozusagen kleine Stapel, wie es sie in meiner Wohnung gibt. Unter »Unklares Inventar« bilde ich beispielsweise den Stand meines Unwissens ab, in dem Wissen, daß ich mich damit lächerlich mache. Ich wüßte nicht, was »Gallé-Gläser« sind, hat sich meine Familie entsetzt, dabei hatten wir eine Gallé-Vase
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