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Die Prinzen Von Irland

Die Prinzen Von Irland

Titel: Die Prinzen Von Irland
Autoren: Edward Rutherfurd
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PROLOG
Die Smaragdgrüne Sonne
     
    Vor langer, langer Zeit… lange, bevor Sankt
Patrick erschien. Lange bevor die keltischen Stämme kamen. Oder bevor man
Gälisch sprach. In der Zeit jener irischen Götter, die nicht einmal ihre Namen
hinterließen.
    Damals
geschah an einem bestimmten Wintermorgen etwas, das sich jedes Jahr um diese
Zeit wiederholte, vermutlich mehrere Jahrhunderte lang.
    * * *
    Der Himmel war
bereits klarer, blasser Azur. In wenigen Augenblicken würde vom Meer her die
Sonne aufgehen. Schon war von der Ostküste der Insel aus längs des Horizonts
ein goldenes Schimmern zu sehen. Es war die Wintersonnenwende, der kürzeste Tag
des Jahres.
    Eigentlich
war die Insel Teil eines Paars, das direkt vor der Atlantikküste des
europäischen Festlands lag. Einst, vor Tausenden von Jahren, als beide Teile
noch in der großen weißen Starre der letzten Eiszeit eingeschlossen waren,
hatte ein Steindamm sie miteinander verbunden, der von der Nordostecke der
kleineren westlichen Insel zum oberen Teil ihrer Nachbarin hinüberführte, und
diese war wiederum im Süden durch eine Landbrücke aus Kreide mit dem
kontinentalen Festland verknüpft. Am Ende der Eiszeit, als die Fluten der
abschmelzenden Arktis die Welt unter Wasser setzten, überfluteten sie jedoch
den steinernen Damm, durchschlugen die Kreidebrücke und erschufen auf diese
Weise zwei Inseln im Meer.
    Die
trennenden Gräben waren recht schmal. Der überflutete Damm, der von der
westlichen Insel, die eines Tages den Namen Irland erhalten sollte, zu der
Landzunge von Britannien führte, genannt Mull of Kintyre, war nur ein Dutzend
Meilen lang; die Lücke zwischen den weißen Klippen von Südwestengland und dem
europäischen Kontinent war kaum mehr zwanzig Meilen breit.
    Daher
wäre zu erwarten gewesen, dass die beiden Inseln einander sehr ähnlich sein
würden. Und in gewisser Weise waren sie es auch. Aber es gab feine
Unterschiede. Denn als die Flutwasser sie vom Festland abschnitten, waren sie
noch dabei, sich allmählich von ihrem arktischen Klima zu erwärmen. Pflanzen
und Tiere waren gerade erst aus dem wärmeren Süden zurückgekehrt. Und als der
Steindamm überflutet wurde, hatten manche Arten, die bereits den südlichen Teil
der größeren, östlichen Insel erreicht hatten, wie es scheint, noch keine Zeit
gehabt, um zu der westlichen überzusetzen. Während die Eiche, der Haselbusch
und die Esche auf beiden Inseln reichlich vorhanden waren, hatte die Mistel,
die auf den britischen Eichen wächst, daher noch nicht ihren Weg bis auf die
irischen Bäume gefunden. Und aus dem gleichen Grund hat es in Irland nie jene
Schlangen und giftige Kreuzottern gegeben, von denen die Briten geplagt wurden.
    Die
westliche Insel war zum größten Teil mit dichtem Wald bedeckt, gelegentlich von
Moorgebieten unterbrochen. Hier und da erhoben sich stattliche Bergrücken. Das
Land hatte viele Flüsse, die reich an Lachsen und anderen Fischen waren; und
der größte Fluss mündete, nachdem er sich durch eine Reihe von Seen und anderen
Wasserläufen geschlängelt hatte, im Westen in den Atlantik. Aber den Menschen,
die als Erste hierher kamen, dürften noch zwei weitere Merkmale der natürlichen
Landschaft aufgefallen sein.
    Auf
Lichtungen im dichten Wald oder auf kahlen Bergeshängen traten Felsen zutage,
die aus magisch glitzerndem Quarz bestanden. Manche dieser Felsen waren von
tiefer reichenden Goldadern durchzogen. So kam es, dass in einigen Gegenden die
Flüsse buchstäblich glänzten durch den Staub von Gold.
    Das
zweite Merkmal hing vielleicht mit der Feuchtigkeit des Windes zusammen, der
vom Atlantik hereinfegte, oder mit der milden Wärme des Golfstroms oder mit der
Art, wie das Licht in jenen Breiten einfiel – auf alle Fälle hatte die
Vegetation der Insel eine einzigartig smaragdgrüne Farbe, die nirgendwo anders
zu finden war. Und vielleicht war es diese uralte Verbindung von Smaragdgrün
und fließendem Gold, die der westlichen Insel ihren Ruf einbrachte, von
magischen Geistern bewohnt zu sein.
    Und
welche Menschen wohnten auf der smaragdgrünen Insel? Nach der Eiszeit waren es
zunächst Jäger, dann Ackerbauern, die in Irland lebten. Sie wussten, wie man
mit Stein baut, aus Bronze Waffen herstellt und kunstvolle Töpferwaren
gestaltet. Sie trieben auch Handel mit Kaufleuten, die sogar aus so weit
entfernten Gegenden wie Griechenland kamen. Und stellten aus dem Gold, das auf
der Insel so reichlich vorhanden war, Schmuck her. Goldschmuck für den
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