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Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat
Autoren: Christa S. Lotz
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hält?«
    »Er wird versuchen, wieder Land zu gewinnen. Vermutlich hockt er in Peterszell und sinnt auf Rache. Der Verlust der Menora und der Burg Wildenberg wird ihm sauer aufgestoßen sein. Deshalb haben wir ihn ja angezeigt. Es kann nicht lange dauern bis zu seiner Verhaftung.«
    »Ich möchte gar nichts mehr davon wissen. Warum genießen wir nicht einfach unser Leben, diesen Frühling? Ich habe ihn noch nie so schön erlebt!«
    »Zeig mir doch, bevor wir in die Höhle des Löwen gehen, die Plätze, an denen du glücklich warst.«
    »Nur zu gern«, erwiderte sie.
    Die Burg lag wie von der Hand eines Riesen gerammt am Abgrund, steile Felsen ragten vom gegenüberliegenden Talgrund empor. Es war der größte Triumph, den Teresa empfand, seitdem sie ihr Elternhaus verlassen hatte. Vor der Burg zweigte ein Weg in den Wald ab. Steil ging es hinunter, Brombeerranken säumten den Pfad, die Pferde hatten Mühe, nicht zu stolpern. Vom Talgrund ging es ebenso steil wieder hinauf. Von einem Felsvorsprung war die Burg aus der Ferne zu sehen, wie ein Geierjunges krallte sie sich mit ihren Türmen und Mauern fest. Sie erreichten den Felskopf mit den windschiefen Buchen. Tief unten floss die Donau. Eine Dohle schrie. Teresa setzte sich in das sonnenwarme Gras. Es duftete nach Thymian, und der Wind trieb die Blüten einer Wildkirsche vor sich her. Markus lagerte sich neben sie.
    »Hier war ich glücklich«, sagte Teresa. »Und bin es jetzt wieder«, fügte sie hinzu.
    Ein Kuckuck rief, einmal, zweimal, dreimal.
    »Ob der siebenmal seinen Namen rufen wird?«, fragte Teresa.
    Der Vogel verstummte.
    »Es kommt nicht darauf an, wie oft er seinen Namen ruft«, sagte Markus und blickte ihr in die Augen. »Er möchte ein Weibchen haben.«
    Die Zeit stand still. Markus zog Teresa zu sich heran, seine Lippen berührten die ihren. Er streichelte die Haut ihres Nackens, löste die Schnüre ihres Kleides. Immer heftiger wurden seine Küsse, immer näher kam er ihr. Sie lag nackt neben ihm, ließ es einfach geschehen. Es geschah so, wie sie es in ihren Träumen gesehen hatte. Ein nie gekanntes Gefühl durchströmte Teresa von den Zehenspitzen bis zur letzten Haarwurzel. Nur langsam fand Teresa in die Wirklichkeit zurück. Sie stand auf, zog sich bedächtig an, reichte Markus die Hand und lief mit ihm den Weg zurück, den sie gekommen waren. Es gab noch etwas zu erledigen. Der Wiederaufstiegzur Burg erschien Teresa viel kürzer als der Abstieg ins Tal. Überhaupt war es so, als würde die Zeit schneller vergehen als in den Tagen, als sie noch mit ihrem Vater beim Schreiben der Chronik gesessen hatte. Sie würde ihn niemals vergessen. Das Torhaus wirkte verlassen, kein Leben regte sich in der gesamten Anlage. Nicht einmal die Pferde und Kühe, die sonst immer auf den Weiden vor der Ringmauer standen, waren zu sehen. Wahrscheinlich hatte Werner von Wildenberg alles mitgenommen, was er in der kurzen Zeit seiner Flucht zusammenraffen konnte.
    Teresa bat Markus, einen Augenblick zu warten. Sie ging zu der Stelle, an dem sie den alten Wilhelm begraben hatten, auf einem Teil des Friedhofs, auf dem auch einige der Wildenberger bestattet waren. Sie hielt eine kurze innere Zwiesprache mit Wilhelm. Eine lange Reise haben wir hinter uns, Wilhelm. Wir haben viel erreicht und alles verloren, aber am Ende gewonnen. Ich habe es auch für dich getan. Ihr Vater fiel ihr ein, der fernab der Heimat gestorben war und nun vielleicht im Kloster Montserrat begraben lag. Sie würde ihn überführen lassen, damit er in der Erde seiner Väter zur Ruhe kam. Die Tränen traten ihr in die Augen. Sie wischte sie nicht weg. Markus wartete am Torhaus. Zusammen, die Pferde am Zügel führend, betraten sie die Zugbrücke. Alles wirkte so, als wäre es gerade erst verlassen worden, doch es war niemand da. Am nächsten Tag wollte Hugo mit dem Rest seiner Hakenschützen kommen, dann waren sie wenigstens nicht ohne Schutz. Bedienstete würden sie gewiss im benachbarten Krähenstetten bekommen. Sie führten die Pferde in den Stall, betraten den Palas. Im Speisesaal lagen Becher, Gläser und schmutziges Geschirr auf dem Boden, hier musste gründlich aufgeräumt und saubergemacht werden. Teresa stieg die Treppe zu ihrer Kemenate hinauf. Es war alles noch so, wie sie es in Erinnerung hatte. Ob Kathrin, ihre Magd, bis zuletzt hier gewesen und ihre Kammer gepflegt hatte? Wo war sie hingegangen? Wahrscheinlich hatte sie sich bei einem andern Dienstherrn verdingt, nachdem Werner von
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