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Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat
Autoren: Christa S. Lotz
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Wildenberg die Herrschaft übernommen hatte.
    Der Abend war inzwischen hereingebrochen. Die Glocke der Burgkapelle schlug siebenmal. Die Erinnerung brach über Teresa herein. Wie im Traum ging sie aus ihrer Kemenate in den Gang hinaus, dorthin, wo ihr damals die Fledermäuse begegneten. Ihre Eingebung hatte sie nicht getrogen. Als würde sie eine schnelle Fahrt in einem Wagen machen, rasten die Ereignisse an ihrem inneren Auge vorbei. Das Auffinden des Pergamentes, der Mord an Wilhelm, der Überfall auf ihren Vater. Wo waren eigentlich die beiden Diener? Auch Caspar und Heinrich hatten sie beim Büttel von Krähenstetten angezeigt. Später der Ritt nach Agenbach, der Tod des Abtes, die Reise nach Peterszell, Aufbruch nach Montserrat, das Unterwegssein, Ankunft in Montserrat, der Tod des Vaters, die Fahrt nach Jerusalem, die Wandlung auf dem Berg Alamut, schließlich die Heimkehr und das Auffinden der Menora und die Verabschiedung von ihr. So war das Leben, ein ewiger Abschied und ein ewiger Neuanfang.

40.
    Im Gang war es ruhig. Die Fledermäuse hatten wohl eine der Höhlen an den Hängen des Tales aufgesucht. Teresa öffnete die Tür zur Bibliothek und fuhr zusammen. In dem Stuhl mit der geschnitzten hohen Lehne saß eine Gestalt, und einen Augenblick lang dachte sie, ihren Vater zu sehen. Es war Markus, der sich erhob und ihr entgegenkam. Er schloss sie in die Arme und küsste sie. Teresa legte ihren Kopf auf seine Schulter und spürte sein Herz gleichmäßig und kräftig schlagen.
    Eine kleine Ewigkeit standen sie so. Teresa löste sich von ihm, nahm ihn an der Hand und führte ihn zum Fenster des Raumes, das Onkel Werner inzwischen mit gelblichem Glas und einer Bleifassung versehen hatte. Es stand halb offen. Teresa öffnete es ganz. Die Abendsonne fiel in den Raum mit den vielen Büchern und ließ die Staubflocken tanzen. Teresa sah den Bandfelsen vor sich liegen, dahinter die ansteigenden Berge des jenseitigen Donauufers. Tief unten zog der junge Fluss seine glänzenden, tiefblauen Schleifen. Die Landschaft war mit frischem Grün überzogen, das sich immer mehr in ein Grau verwandelte, je weiter die Sonne hinter den Bergen versank. Ein letztes Mal leuchteten die weißen Felsen auf.
    »Das ist jetzt unsere rechtmäßige Wohnstatt«, sagte Teresa. »Und niemand kann sie uns je wieder streitig machen.«
    »Es ist auch die rechtmäßige Werkstatt unserer Liebe«, setzte er hinzu. »Du wirst die Chronik schreiben und damit in die Weltgeschichte der Bücher eingehen.«
    »Und du wirst deine Forschungen betreiben.«
    »Wovon werden wir leben?«
    »Bis deine und meine Bücher gedruckt und verkauft sind, könnenwir einige von den Ländereien verkaufen, wir brauchen sie sowieso nicht mehr. Ich hoffe, dass mein Onkel schon verhaftet worden ist, dann gilt es, die Besitzverhältnisse in Peterszell zu klären. Als überführter Mörder hat er keinen Anspruch darauf. Ich möchte auch meinen Bruder kommen lassen und ihm eine anständige Ausbildung gewähren, sobald er mit der Lateinschule fertig ist.«
    »Das hatte ich schon erwähnt. Wo befindet sich die Chronik deines Vaters eigentlich?«, fragte Markus.
    Teresa ging zu einem der Regale und zog ein ledergebundenes Buch heraus. Sie blies den Staub von seinem Rücken, legte es auf das Stehpult ihres Vaters und schlug es auf.
    Chronik der Familie von Wildenberg stand in zierlichen Lettern auf der ersten Seite. Aufgezeichnet von Froben von Wildenberg und seiner Tochter Teresa in den Jahren 1543 –1546 zur Kunde für die Nachfahren und die Menschen der Welt.
    »Vollendet von Teresa von Wildenberg in den Jahren 1547 und 1548«, ergänzte Markus.
    »Woher willst du denn wissen, wie lange ich brauche?«, fragte sie mit gespielter Empörung. »Außerdem kommt noch der Zusatz hinein: ›Und ihrem Gatten Markus Schenk aus Agenbach‹.«
    »Wann wird die Hochzeit sein?«, fragte er.
    »Sobald alles geordnet ist, Anfang des Sommers.«
    »So, wollen die Herrschaften ein großes Fest ausrichten, ja?«, schnarrte eine Stimme vom Eingang her. Die beiden fuhren herum.
    Da stand der Diener Caspar, wie früher gekleidet in sein schwarzes Wams und die graugestreiften Halbhosen.
    »Einen schönen guten Tag, meine Lieben«, sagte er. »Was darf ich den Herrschaften anbieten?«
    Teresa gingen blitzschnell die alten Bilder durch den Kopf, wie Caspar mit einer silbernen Kasserolle hereinkam, sie mit einer angedeuteten Verbeugung auf den Tisch stellte und den Deckel hob.Der zweite Diener mit Namen
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