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Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat
Autoren: Christa S. Lotz
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verschwinden lassen. Als rechtmäßige Besitzer der Burg und der Ländereien könnt Ihr nie mehr auftreten.«
    »Die Menschen vergessen vieles, und zwar recht schnell.« Der Wildenberger grinste hämisch. Er gab den Dienern einen Wink. Caspar zog sich zurück, derweil die beiden anderen Teresa und Markus mit ihren Dolchen in Schach hielten. Caspar tauchte wieder auf, eine Kanne aus geschliffenem Glas und zwei Becher auf einem Tablett balancierend. Er stellte es auf den Tisch und goss eine Flüssigkeit in die Becher, die wie roter Wein aussah. Das verhängnisvolle Getränk funkelte im Licht der Kerzen. Werner trat an den Tisch, nahm die Becher in die Hand und reichte einen davon Teresa.
    »Trink!«, sagte er.
    »Ich weigere mich.«
    »Ich ebenfalls«, sagte Markus. »Ihr könnt uns nicht zwingen, dass Gift zu schlucken.«
    »Caspar und Heinrich, waltet eures Amtes.«
    Die beiden Diener zückten ihre Schwerter und traten vor.
    »Was willst du mit unseren Leichen machen?« Teresa schlotterten die Knie, aber sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
    »Die lasse ich in den Brunnen werfen. Dort wird keiner nachschauen.«
    »Aber die Leute werden Fragen stellen. Was willst du ihnen sagen – den Bewohnern von Krähenstetten, den Mönchen des Klosters, den Hakenschützen?«
    »Denen werde ich sagen, dass du mit deinem Liebchen auf dem Weg nach Santiago bist, das ihr ja auf eurer letzten Reise nicht erreicht hattet.«
    Auf Markus’ Gesicht zeigte sich der Anflug eines Lächelns.
    »Der Brunnen wäre damit vergiftet. Ihr könntet ihn nie mehr benutzen.«
    »Dann wird eben ein neuer gebohrt. Ihr werdet mich nicht von meinem Plan abhalten. Und die Menora finde ich auch, darauf könnt ihr euch verlassen!«
    »Es gibt noch andere Zeugen«, kam es Teresa von den Lippen. Gleich darauf hätte sie am liebsten die Hand vor den Mund geschlagen.
    »Das lügst du, um deine Haut zu retten«, sagte ihr Onkel. Sein Gesicht war dunkelrot angelaufen. »Ihr beide seid die einzigen Zeugen. Und jetzt trinkt, beide, aber schnell!«
    »Ein Brief an den Gelehrten in Montserrat ist unterwegs«, sagte Teresa, und sie wunderte sich, mit welcher Gelassenheit sie diese Unwahrheit aussprechen konnte. »Darin ist alles enthüllt. Ich habe ihn gestern aufgesetzt und einem Boten gegeben.«
    »Ich lasse mich jetzt nicht länger zum Narren halten! Trink!«
    »Einen Dreck werde ich tun«, rief Teresa.
    In diesem Augenblick schlug sie ihm beide Becher aus der Hand, nahm den Leuchter mit den brennenden Kerzen und schleuderte ihn gegen ihren Onkel. Seine Kleidung fing sofort Feuer. Einige Momente lang starrten Caspar und Heinrich auf das Geschehen, ohne sich zu rühren. Dann drangen sie mit ihren Schwertern zu ihnen vor. Werner schlug um sich, um die Flammen zu ersticken, wälzte sich schließlich auf dem Boden. Markus kippte mit einer blitzschnellen Bewegung den Tisch um, so dass die beiden Dienerstürzten und sich mit Werner auf dem Boden wiederfanden. Bevor sie sich aufrappeln konnten, rannten Teresa und Markus zur Tür, rissen sie auf und stürmten den Gang entlang.
    »Nicht hier, in meiner Kemenate wären wir gefangen«, raunte sie Markus zu. »Geradeaus in den Rittersaal!«
    Hinter ihnen wurden polternde Schritte laut. Sie rannten um ihr Leben. Die Tür des Rittersaales schlug krachend hinter ihnen zu. Markus schob keuchend den schweren eisernen Riegel vor. Die Fäuste der Diener hämmerten dagegen.
    »Weiter!«, rief Markus. Sie durchquerten in höchster Eile den Rittersaal. Zerbrochene Wein- und Bierkrüge knirschten unter ihren Füßen. Endlich gelangten sie ins Freie. Ein Geräusch berstenden Holzes ertönte aus dem Inneren des Hauses. Teresa hielt einen Moment inne und schaute zurück. Aus den Fenstern der Bibliothek drang beißender Rauch. Die Bücher, dachte sie verzweifelt, sie werden alle verbrennen, auch die Chronik meines Vaters! Aber sie konnten nicht mehr zurück. Die beiden liefen über den Hof, holten ihre Pferde aus dem Stall und führten sie, so schnell es ging, die Treppen zur Vorburg hinauf. Die Schritte der Verfolger waren jetzt im Hof zu hören. Durch das letzte Tor, über die Zugbrücke, dann waren sie draußen. Sie saßen auf und ritten im schnellsten Galopp davon, über den Berg auf die Wälder zu.
    Caspar und Heinrich verfolgten sie, ebenfalls auf Pferden. Ein Blick zurück zeigte Teresa einen roten Widerschein über der Burg. Mein Gott – wenn nun alles verbrannte? Das war die Strafe für das, was sie getan hatte. Sie
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